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Ein Verwandtenbesuch der besonderen Art

Die Gäste aus den USA, in Begleitung von Vorstandsmitgliedern des Kreisverbandes Augsburg, wurden im Fürstenzimmer des Augsburger Rathauses durch den 3. Bürgermeister Bernd Kränzle empfangen. Fotos: Maria und Peter Bergmann

Die Tanzgruppe der Gäste aus Cincinnati und Detroit

Das Programm der Gastgruppe umfasste neben Volkstänzen auch Gesangseinlagen, die im Dirndl dargeboten wurden.

Donauschwäbische Tanzgruppe aus Cincinnati und Detroit in Augsburg - Auf ihrer Tour durch Deutschland machten 22 junge Leute der Donauschwäbischen Tanzgruppe aus Cincinnati und Detroit auf Einladung des Kreisverbandes der Landsmannschaft auch in Augsburg Station. Die meisten von ihnen waren noch nie in Europa, doch sie wussten einiges über die Donauschwaben und das Banat, weil die meisten von ihnen von ihren Großeltern oder Urgroßeltern dazu gebracht wurden, das Brauchtum der Donauschwaben zu pflegen. Begleitet wurden sie von ihren Gruppenleitern aus der älteren Generation, allen voran der Präsident des „Clubs“ der Donauschwaben in Cincinnati Ed Tullius, der fließend deutsch (oder vielmehr „schwowisch“) spricht, genau wie die Tanzgruppenleiterin Lori Decher. Verstärkt wurde die Tanzgruppe durch einige Mitglieder der Tanzgruppe des Carpathia Clubs aus Detroit, das zwar auch in Colorado liegt, aber zum gemeinsamen Proben der Tänze mussten fünf Fahrstunden in Kauf genommen werden. Die Leiterin des Clubs Karen Schwalbe (die die deutsche Sprache tatsächlich noch in der Familie spricht) begleitete die Gruppe unterstützt von Tammy Kapraun.

Die knapp drei Tage in Augsburg führten zu einem intensiven Austausch mit Mitgliedern des Kreisverbandes und der Tanzgruppe, denn die Gäste waren zum ersten Mal in Familien untergebracht. So mancher „Schwob“ hatte Bedenken, Gäste bei sich aufzunehmen, deren Sprache er nicht kann. Doch sie lernten schnell, dass es gegen Sprachbarrieren heute zum Glück gute technische Übersetzungshilfen gibt.

Der Bus brachte die Gäste zum Haus der Begegnung, wo die Koch- und Backgruppe des Kreisverbandes eine Schlachtplatte, Bratwurst und danach ein üppiges Kuchenbuffet auftischte. So nebenbei erfuhren wir, dass die amerikanischen Jugendlichen in ihrem Vereinsheim in Cincinnati selbst Wurst herstellen, um sie dann bei ihren Festen, etwa dem dreitägigen Oktoberfest, an die Gäste gewinnbringend zu verkaufen. Ihre Vereinstätigkeit besteht aber vor allem aus den Tanzgruppen aller Altersstufen, von „ganz klein“ bis Senioren und auch in der Anfertigung der Trachten. Ihre Oma, sagte mir Kelly, sei das Kind von Banater Schwaben gewesen, auf der Flucht in Österreich geboren. Oma und Uroma hätten die Tanzgruppe seinerzeit gegründet. Sie und ihr Bruder waren von Kindesbeinen an dabei. Viele Gruppenmitglieder sind ähnlich geprägt, aber es gibt auch Tänzerinnen und Tänzer, die keinen „schwowischen“ und noch nicht einmal einen deutschen „Background“ haben und nur aus Spaß dabei sind.

Mit großem Interesse verfolgten die jungen Leute trotz der großen Hitze einen Stadtrundgang durch Augsburg, zu dem auch ein Empfang im Fürstenzimmer des Rathauses durch den Dritten Bürgermeister Bernd Kränzle gehörte. In Vertretung der Oberbürgermeisterin hieß er die Gäste willkommen und erinnerte an die enge Beziehung der Augsburger zu Amerika, die über Jahrzehnte in den Kasernengebieten der Stadt Präsenz zeigten und mit der Zeit aus „Besatzern“ zu Freunden wurden. 

Am Abend hatten die Augsburger Gelegenheit, im Rahmen eines Kulturprogramms die Darbietungen der Gäste zu genießen. Diese hatten sich mit einem dreiteiligen Programm gründlich vorbereitet. Im ersten Teil zeigten sie traditionelle Tänze in schwäbischer Tracht (inklusive gekonnter Juchzer!). Unterbrochen wurde die Tanzfolge durch Volkslieder und Gedichte in schwäbischer Mundart, die mit Hilfe von Debi Tullius einstudiert und koordiniert worden waren. Vor der zweiten Gästerunde hatten die Augsburger Gastgeber Gelegenheit, sich zu präsentieren: die aus Erwachsenen und Jugendlichen zusammengesetzte Tanzgruppe ebenso wie die Theatergruppe. Letztere in Form von Edith Achim, die zusammen mit ihrer Enkelin Moni Biber einen Sketch über englische Wörter in der deutschen Sprache aufführte, die sich die Oma von der Enkelin erklären lassen muss. Wegen eines Corona-Ausfalls sprang die (echte) Enkelin von Edith Achim kurzfristig ein.

In der zweiten Runde präsentierten sich die Gäste etwas jugendlicher im Dirndl, ebenfalls mit Lied- und Gedichteinlagen. Die dritte Runde war schließlich schwungvoll „amerikanisch“ mit Cowboyliedern und Rock ’n’ Roll-Klängen. Jeder Teil war anspruchsvoll durchchoreografiert und dauerte mehr als eine halbe Stunde. Nach dem Austausch von Gastgeschenken tanzten Augsburger und Amerikaner trotz Müdigkeit anschließend noch bis Mitternacht ausdauernd zu den Klängen der Musikkapelle der Banater Schwaben Augsburg unter der Leitung von Werner Zippel.

Der Abreisetag startete etwas ruhiger mit einem Weißwurstessen in der Gaststätte des TSG Augsburg-Lechhausen, wo an diesem Tag auch das Seniorentreffen des Kreisverbandes stattfand. Die Gäste aus Cincinnati ließen es sich nicht nehmen, die Senioren mit einer Kostprobe aus ihrem Tanzprogramm zu erfreuen. Peter Bergmann sorgte danach als Alleinunterhalter für gute Stimmung und so endete das Treffen wieder in flotten Tanzrunden der Senioren und der Jugendlichen aus Amerika vor deren Weiterfahrt nach München. 

Die weitläufigen amerikanischen Verwandten hinterließen in Augsburg den besten Eindruck – interessierte junge Menschen, die auch in dritter Generation noch „donauschwäbisch“ geprägt sind und die Traditionen ihrer Vorfahren wertschätzen. Ein fruchtbarer Austausch und ein Gewinn für beide Seiten.