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Banater deutsche Pressegeschichte im Fokus

Die Referenten des Symposions Viorel Marineasa, Cornel Ungureanu und Walter Engel (v.l.) mit dem Ehrenvorsitzenden der HOG Hatzfeld, Josef Koch (links), und dem Bürgermeister der Stadt Hatzfeld, Darius Adrian Postelnicu (rechts). Foto: Renate Koch

Im Rahmen der Hatzfelder Tage fand am 4. August d.J. im Pressemuseum „Sever Bocu“ das Symposion „Beiträge zur Banater Pressegeschichte. Schwerpunkt Hatzfeld“ statt, veranstaltet von der Stadt Hatzfeld, der Heimatortsgemeinschaft Hatzfeld e.V. und dem Museum selbst. Bürgermeister Darius Adrian Postelnicu und Josef Koch, der Ehrenvorsitzende der HOG Hatzfeld, eröffneten die Tagung, zu der trotz der fast unerträglichen Sommerhitze ein zahlreiches Publikum erschienen war. An der zweisprachigen, rumänisch-deutschen Veranstaltung beteiligten sich Literatur- und Pressehistoriker von der Temeswarer Universität und aus Deutschland. Das Tagungsprogramm hatten Prof. Dr. Cornel Ungureanu und Dr. Walter Engel konzipiert. Anlässlich der Tagung zeigte das Museum eine Ausstellung mit Exponaten aus seinen Beständen. Die Ausstellung war von Journalistik-Studenten der Temeswarer West-Universität aufgebaut worden, unterstützt vom ehrenamtlich für das Museum tätigen Lehrer Stefan Mleșniță. Über Neuerwerbungen des Museums, das finanziell äußerst bescheiden ausgestattet ist, berichtete Vali Corduneanu, der nach dem 2009 verstorbenen Museumsgründer Petre Stoica als erster Leiter der Einrichtung eingesetzt wurde. Erwähnenswert ist Corduneanus Dokumentation zur „Entwicklung der Temeswarer Presse in den ersten Nachkriegsjahren“ („Evoluţia presei timişorene în primii ani postbelici“), in der auch auf die Lage deutscher Periodika der Stadt – wie der „Extrapost“ und der „Temesvarer Zeitung“ – sowie auf den Umgang mit den Druckereien nach dem Einmarsch der Roten Armee im September 1944 hingewiesen wird.

Mit zeitnäheren Themen als ihre deutschen Kollegen setzten sich beim Symposion die aus Temeswar angereisten Referenten auseinander. Cornel Ungureanu erinnerte an die hervorragende literarische und publizistische Leistung von Petre Stoica in seiner Hatzfelder Zeit ab Mitte der neunziger Jahre und an seine besondere Rolle als Kulturträger der Stadt Hatzfeld, die er nicht zuletzt durch das Pressemuseum in der überregionalen rumänischen Öffentlichkeit bekannt gemacht hat. Der Referent ging auch auf die Förderung des rumänisch-deutschen Kulturaustauschs durch die von Stoica eigens mit dieser Zielsetzung gegründete Stiftung ein.

Über ein wenige Jahre zurückliegendes Presseprojekt, das Journalistik-Studenten der Temeswarer West-Universität in Hatzfeld durchgeführt haben, damals noch unter Beteiligung von Petre Stoica, berichtete Professor Viorel Marineasa. In einer Art „Zeitungswerkstatt“, unter Anleitung von Marineasa, bekamen die Studenten bei ihren Recherchen in Hatzfeld einen realitätsnahen Eindruck vom Reporterleben und erstellten eine einmalige Zeitungsausgabe mit dem Titel „Studentpress@Jimbolia“  (18. – 24. 02.2008). Auf sechzehn Seiten gestalteten die angehenden Journalisten ein buntes, lesenswertes Mosaik der Stadt Hatzfeld, das Geschichte und Aktualität verbindet. Die banatschwäbische Komponente des Ortes erscheint in Beiträgen über Lebensläufe, über geschichtliche Ereignisse (Ansiedlung, Bărăgan-Deportation, Auswanderung usw.), über Persönlichkeiten wie Stefan Jäger oder Dr. Karl Diel usw. Das Pressemuseum und Petre Stoica stützten damals diese Initiative, die die Journalistik-Studenten nahe an das Leben der Menschen in der Kleinstadt heranführte. Viorel Marineasa berichtete über das nachhaltige positive Echo der „Journalistenwerkstatt“ bei den Projektteilnehmern und zeigte damit auf, wie das Pressemuseum aktuelle Projekte wirksam unterstützen kann. Er plädierte für die Förderung dieser in Rumänien einmaligen Einrichtung durch die Stadt Hatzfeld.

Die deutschen Beiträge zum Symposion – von Luzian Geier und Walter Engel – befassten sich mit Aspekten der Banater deutschen Pressegeschichte. Dabei wurde besonders die Rolle einiger Hatzfelder Persönlichkeiten und Publikationen hervor-
gehoben. Luzian Geier war leider verhindert, hatte aber seinen Text für das Symposion bereitgestellt. Unter dem Titel „Vor 130 Jahren erschien die erste Hatzfelder Zeitung“ bot der Verfasser einen Überblick über deutsche Zeitungen und Kalender in Hatzfeld seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert im Kontext der regionalen Gesamtentwicklung in Kleinstädten und Großgemeinden. Dabei würdigte er die hervorragende Leistung Hatzfelder Persönlichkeiten, insbesondere jene von Karl Kraushaar, in diesem Bereich sowie jene von Dr. Alexander Krischan zur pressegeschichtlichen Forschung. Aus Luzian Geiers äußerst informativem Beitrag sei hier die 1883/84, also vor 130 Jahren erschienene „Hatzfelder Sonntags-Zeitung“ erwähnt sowie die für Banater Verhältnisse langlebige „Hatzfelder Zeitung“ (als Wochenblatt ab 1888). Im zweiten Teil widmete sich der Referent den banatdeutschen Kalendern. Ausgehend von der Bibliographie Krischans hält er fest, dass im historischen Banat 75 deutsche Kalender-Titel erschienen sind; die meisten davon in Temeswar, darunter der früheste gedruckte banatdeutsche Kalender: „Temeswarer Alter und Neuer Schreib-Calender auf das Jahr 1774“ (gedruckt 1773). Als Beispiel eines Hatzfelder Kalenders hat Luzian Geier den „Zsombolyaer Volkskalender auf das Jahr 1914“ beschrieben.

Über die Temeswarer Zeitschrift „Banater Monatshefte“ als bedeutende Quelle für die regionale Literaturgeschichte der Banater Deutschen sprach Walter Engel. Ihre „vornehmste Aufgabe“ sah die Publikation nach den Worten des Herausgebers Anton Valentin „in der Förderung der Heimatliteratur“. Wie der Referent unterstrich, war die Festigung des Heimat- und Geschichtsbewusstseins ein wichtiges Anliegen von Valentins Zeitschrift. Die auch außerhalb Rumäniens – in Jugoslawien, Ungarn, Deutschland, Österreich und den USA – gelesene Publikation verstand sich außerdem als geistige Brücke zum deutschen Sprachraum und berücksichtigte desgleichen die rumänische Literatur und Kultur. Ausführlicher ging Walter Engel auf die junge Dichtergeneration ein, die Anfang der dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts die regionale literarische Bühne betrat, sich gleichsam um die „Banater Monatshefte“ scharte und dort ihre Dichtungen und ihre Prosa kontinuierlich veröffentlichen konnte. Dazu gehörten: Josef Gabriel d. J., Hans Diplich, Rudolf Hollinger, Hans Wolfram Hockl, Stefan Heinz (späteres Pseudonym: Hans Kehrer) sowie die etwas älteren Annie Schmidt-Endres, Peter Jung und Peter Barth. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei dem Hatzfelder Dichter Peter Jung (1887 _ 1966)und seiner hymnischen Banat-Dichtung.

Die dankenswerter Weise von der Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm, Dr. Swantje Volkmann, geförderte Veranstaltung sollte dazu anregen, dass deutsch-rumänische populärwissenschaftliche Tagungen auch künftig bei den Hatzfelder Tagen ins Programm genommen werden.