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Banater Backakademie Reutlingen feiert zehnjähriges Bestehen

Anlässlich der Feier zum zehnjährigen Jubiläum der Banater Backakademie Reutlingen gratulierte der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Karsten Loch der Leiterin Eveline Wolf (rechts) und deren Zwillingsschwester Edith Mayer mit je einem Blumenstrauß nachträglich zum 50. Geburtstag. Fotos: Ralf Klotzbier

Patisserie vom Feinsten: dafür steht die Banater Backadamie Reutlingen seit zehn Jahren.

Dieses einmalige Ereignis ließ sich der Kreisverband Reutlingen trotz Pandemie nicht entgehen: Das zehnjährige Bestehen der Banater Backakademie wurde, wenn auch nur in kleinem Rahmen gewürdigt und gefeiert. 

Doch wie hat alles angefangen? 2010, kurz anchdem wir unsere Trachtengruppe in Reutlingen gegründet hatten, wurden wir kurz vor Pfingsten angesprochen, ob wir nicht die Theatergruppe der Donauschwaben aus Entre Rios (Brasilien) aufnehmen könnten, die zum Heimattag der Banater Schwaben in Ulm erwartet wurde. Wir sagten zu und bereiteten uns vor. Dabei legten sich besonders die Frauen ins Zeug. Jede brachte einen selbstgebackenen Kuchen mit, um die Gäste mit Kaffee und Kuchen zu empfangen. Wir stellten überrascht fest, dass unsere Gäste nicht nur den gleichen Dialekt sprachen, sondern dass wir auch beim Kuchenbacken vieles mit ihnen gemeinsam hatten. Viele Kuchen waren auch in Entre Rios bekannt, andernfalls wurden Rezepte ausgetauscht. Damals wurde der Grundstein zu unserer Freundschaft mit den „Brasilianern“ gelegt, die bis heute währt. Auch die Leidenschaft fürs Kuchenbacken blieb in der Trachtengruppe erhalten. 

Als wir im selben Jahr unsere erste Banater Kirchweih organisierten, probierten wir es mit Mohn- und Nussstrudel sowie Bäckerkipfeln aus, die damals von Susanne Messmer für uns gebacken wurden. Es war ein voller Verkaufserfolg. Zum Herbstfest 2010 kam uns dann die Idee, den Gästen selbstgemachten Ziehstrudel anzubieten. Das ist bekanntlich eine sehr aufwändige Sache, die nicht von jeder Frau beherrscht wird. Die freiwilligen Bäckerinnen trafen sich damals im Gemeindesaal der St.-Elisabeth-Kirche, um Ziehstrudel mit verschiedenen Füllungen zu backen. Manche Frauen gesellten sich dazu, um dieses „Handwerk“ zu erlernen. Es bereitete allen viel Spaß. Bei dieser Zusammenkunft ist nicht nur ein neues Kuchenangebot entstanden, sondern auch eine Gemeinschaft.

So kam es, dass sich 2011 eine neue Gruppe innerhalb des Kreisverbandes Reutlingen bildete, die sich  dem Backen widmet und den Namen Banater Backakademie Reutlingen trägt. Die Leitung hatte in den ersten Jahren Susanne Messmer inne. Ein Raum im Gemeindehaus der Peter-und-Paul-Kirche wurde angemietet und mit Unterstützung des Kreisverbandes wurden zusätzliche Backöfen und einiges an Backutensilien besorgt. Es war nicht nur das gemeinsame Backen, worauf sich die Frauen freuten, sondern auch das gemeinsame Essen. Dafür sorgte abwechselnd immer ein anderes Mitglied der Backgruppe. Der Duft von frischem Kuchen strömte durch das ganze Haus und auch die gute Laune der Bäckerinnen war nicht zu überhören. Diesem verführerischen Duft folgten des Öfteren der Mesner, die Sekretärin oder der Diakon, die dann spontan zum Probieren eingeladen wurden.

Für die geplanten Feste im Jahreskreis hat man stets in der Gemeinschaft gebacken. Manche Frauen nahmen sich eigens dafür Urlaub, andere wiederum teilten sich ihre freie Zeit so ein, dass sie immer dabei sein konnten. Welche Kuchen gebacken werden sollten, wurde im Vorfeld abgestimmt. Die Leiterin erstellte daraufhin eine Einkaufsliste, wonach die Einkäufe getätigt wurden. Ewald Neu war lange der Mann, der im Hintergrund agierte, wenn es hieß, die schweren Backöfen aus dem Keller zu holen und aufzustellen oder die Tische höhengerecht einzustellen. Mit den Jahren wurden es immer mehr Männer, die vorbeikamen und eine helfende Hand anboten: Michael Messmer, Oswald Wolf, Franz und Karsten Loch, Manfred und Raimund Klotzbier sowie Michael Antretter. Die Männer waren nicht nur hilfsbereit, sondern sorgten oft auch für Spaß und gute Laune in der Gruppe.

Die Kuchen, die hier entstanden, wurden mit Sorgfalt und viel Leidenschaft hergestellt nach dem Motto: „Das Auge isst mit“. Viele Rezepte wurden von der Leiterin vorab zu Hause ausprobiert. Lange Zeit war die Doboschtorte der Renner. Das Backen der jeweils zwölf Tortenblätter ist eine Kunst für sich und der Zuckerguss eine Übungssache. Ins Sortiment aufgenommen wurden auch die im Banat beliebten Savarine, die zwar sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, aber köstlich schmeckt, dann verschiedene Obsttorten, Kipfel mit Nuss-, Mohn- oder Schinkenfüllung, ja sogar mit Würstchen gefüllte Kipfel.

Beim Backen suchte sich jede Frau ihre Aufgabe aus: den Teig vorbereiten, ihn verarbeiten, die Öfen im Auge behalten, die Füllung herstellen oder den Kuchen füllen. Die Arbeitsgänge wurden untereinander aufgeteilt wie in einer Manufaktur – für jede übernommene Aufgabe trug man auch die Verantwortung. Das würde man heute Teamwork nennen. Da die Küche keine Spülmaschine hat, hat sich unsere Erna-Oma (Ernestine Mayer) bereit erklärt, da mitzuhelfen.

Die Veranstaltungen des Kreisverbandes waren jetzt nicht nur vom Kulturellen her eine Attraktion, sondern stets auch ein kulinarischer Anziehungspunkt. Dadurch kamen immer mehr Gäste, die Kuchen zum Verzehr oder auch zum Mitnehmen kauften. Man konnte die Nachfrage kaum befriedigen. Auch auf den Weihnachtsmärkten in Reutlingen und später in Betzingen bot die Backakademie Kuchen an, wobei mit Nuss- und Mohnstrudel gestartet wurde. Die Banater Backwaren waren auch hier sehr gefragt, die Nachfrage steigerte sich von Jahr zu Jahr. Ab 2012 wurden von Freiwilligen, aber größtenteils von der Backakademie Weihnachtsplätzchen gespendet. Von einer Sorte musste man mindestens hundert Stück abliefern, denn es waren immer über Hundert Päckchen, die gleich befüllt wurden. Diese Spende galt dem Weihnachtsmarkt der Jugend in Betzingen. Die Plätzchen erwiesen sich als Verkaufsschlager, die Päckchen waren im Nu vergriffen.

Gebacken wurde in der Gruppe meist für den Faschingsball, den Kulturnachmittag, die Maifeier, bei der es immer einen riesigen Geburtstagskuchen für die Trachtengruppe gab, für das Büffelfest, das Kirchweihfest, für den Dirndlball, das Herbstfest und die Weihnachtsfeier, um nur die wichtigsten Veranstaltungen aufzuzählen. Auch zu den Tanzproben gab es immer leckere Kuchen und bei den Geburtstagen, die in der Gruppe gefeiert wurden, überraschte die Backakademie jedes Mal mit einem üppigen Küchenbuffet. Am aufwändigsten gestaltete sich das Backen für das Banater Kirchweihfest in Betzingen. Die Aktion dauerte einige Tage, denn die vielen Tanz- und Trachtengruppen, die zum Kirchweihfest eingeladen wurden, wie auch die vielen Besucher wollten mit Kuchen versorgt sein. Dadurch wurde die Banater Backakademie aus Reutlingen immer bekannter. Ihre Arbeit wurde stets anerkennend gewürdigt und es gab Lob von allen Seiten.

Mit den Jahren stießen immer mehr Jüngere zur Backakademie und auch deren Leitung ging in jüngere Hände über. Eveline Wolf arbeitete schon immer interessiert und motiviert in der Gruppe mit, sie übernahm immer mehr Aufgaben und 2015 auch die Leitung der Backakademie. Gute Organisation und qualitätsvolle Arbeit sind für sie wichtige Ansatzpunkte, aber an erster Stelle steht das Miteinander. Was alle Frauen eint, ist die Freude am Backen, das Gemeinschaftsgefühl und die daraus entstandene Freundschaft. Dabei gilt es zu bedenken, dass Eveline Wolf noch voll im Berufsleben steht und ihre Aufgabe in der Backakademie nebenbei ehrenamtlich meistert. Sie nimmt alles sehr ernst und genau und hat für diese Aufgabe viele Urlaubstage geopfert, immer wieder im Vorfeld einiges zu Hause abgearbeitet und öfters die gesamte Familie mit einbezogen. Sie ist auch diejenige, die die Zusammenarbeit mit dem Sekretariat der Kirchengemeinde Peter und Paul pflegt und den Laden mit großem Engagement managt.

Auf die Initiative von Eveline Wolf geht auch die kleine Feier zum zehnjährigen Jubiläum der Backakademie zurück, die am 16. November 2021 zusammen mit den Backfrauen und deren Partnern veranstaltet wurde. Für die Feier hatten Eveline und ihre Zwillingsschwester Edith einiges spendiert, denn sie wollten ihre 50. Geburtstage nachträglich im Kreise der Backakademie feiern. Sowohl Edith als auch die Mutter der beiden Schwestern sind mit der Reutlinger Backgruppe eng verbunden und nehmen dafür den Weg von Ludwigsburg nach Reutlingen gerne in Kauf. 

Im Vorfeld der Feier gab es eine Stadtführung durch das historische Reutlingen. Anschließend traf man sich wohlgelaunt in den Räumlichkeiten der Zuckerbäckerei Klein. Serviert wurden warmer Zwiebel- und Krautkuchen, typisch für die Herbstzeit, Salate, Kuchen und Getränke. Die Banater Knipser mit Brunhilde Forro und Ralf Klotzbier warteten mit einer Überraschung auf: Anhand von Fotos von Ralf Klotzbier, Gerda Koppi und Michael Huschitt hatte Brunhilde Forro zwei Videofilme zusammengestellt, die Einblicke gaben in die vielfältigen Aktivitäten der Banater Backakademie entlang ihres zehnjährigen Bestehens. 

Eveline Wolf begrüßte die Gäste und bedankte sich bei den Frauen für die schöne gemeinsame Zeit. Grüße zum Jubiläum überbrachten sodann der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Karsten Loch sowie die Kreisvorsitzende Christine Neu, die sich aus dem Banat meldete. Als Dank und Anerkennung für ihre Leistungen wurde der Leiterin der Banater Backakademie Reutlingen Eveline Wolf die Ehrenurkunde der Landsmannschaft der Banater Schwaben überreicht.

Der gemeinsame Abend tat allen gut, zumal man sich diesmal nicht zum Backen traf, sondern nur, um zu genießen. Anhand des Videofilms, der die Aktivitäten der Gruppe Revue passieren ließ, konnte man sich an dem Geleisteten erfreuen, aber auch stolz auf sich sein. Auch für die Partner war es eine Freude zu sehen, was ihre Frauen in den vielen Stunden, in denen sie von zu Hause weg waren, in Gemeinschaftsarbeit geleistet haben. 

Es gibt nichts Schöneres, als eine Frau mit Blumen zu beschenken und sich damit zu bedanken. Dies tat Gerda Antretter, die jeder Bäckerin ein Blumensträußchen überreichte.

Mit einer jungen Leiterin und einer noch jüngeren Stellvertreterin (Vanessa Steingasser) blickt die Banater Backakademie Reutlingen hoffnungsvoll in die Zukunft, auch wenn in Pandemiezeiten der Ofen kalt bleibt. Der Vorstand des Kreisverbandes Reutlingen dankt der Backgruppe für ihren langjährigen Einsatz und freut sich, auch in Zukunft darauf bauen zu können.