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Mit dem Fahrrad zur 125-Jahr-Feier der Kirche in Tschawosch

Die vier Radler bei ihrer Ankunft in Wien. Foto: HOG

Drei Priester zelebrierten in der kleinen schmucken Dorfkirche die heilige Messe zum Kirchweihjubiläum. Foto: Astrid Weisz

Rund achtzig Personen, davon etwa 15 ehemalige Tschawoscher aus Deutschland, nahmen an dem Festgottesdienst und der anschließenden Begegnung teil. Foto: HOG Tschawosch

Tschawosch, einer der kleinsten Orte im Banat, feierte am 31. Juli 125 Jahre seit der Weihe der römisch-katholischen Kirche. Das Dorf, das an der Grenze zu Serbien liegt und verwaltungsmäßig zur Gemeinde Gier gehört, zählt heute kaum noch zweihundert Seelen. Deutsche leben keine mehr im Ort, die katholischen Gläubigen sind nicht mehr als eine Handvoll.

Die kleine, aber sehr aktive Heimatortsgemeinschaft Tschawosch setzt sich seit Jahren mit Nachdruck dafür ein, die kleine, schmucke Dorfkirche und den Friedhof mittels Spenden der Landsleute zu erhalten. „Die Kirche ist das einzige Wahrzeichen, das noch an die deutsche Vergangenheit hier erinnert“, betont der HOG-Vorsitzende Gerhard Dick. „Wir wollen das Gotteshaus unbedingt erhalten, so lange wie möglich.“ Das Gleiche gelte für den Friedhof als den Platz, „an dem unsere Vorfahren nach einem arbeitsreichen Leben ihre letzte Ruhe gefunden haben“. All diese Menschen hätten dafür gesorgt, „dass wir über 250 Jahre unsere deutschen Tugenden, deutsche Traditionen und die deutsche Sprache behalten konnten“. Deshalb verdienten sie es, dass ihre Ruhestätten gepflegt und der gesamte Friedhof instandgehalten werde, so der HOG-Vorsitzende.

Gerhard Dick verließ im Herbst 1981 als 18-Jähriger Rumänien. Er flüchtete damals aus seinem Heimatort über die Temesch in die Freiheit nach Deutschland. Vierzig Jahre später legte er den Weg in umgekehrter Richtung zurück – mit dem Fahrrad und zusammen mit drei weiteren Banater Landsleuten. Nach der zweiwöchigen Radtour war die Ankunft in Tschawosch für den 30. Juli geplant, am Vorabend des Festes zum 125-jährigen Kirchenjubiläum. 

Ursprünglich war ein größeres Kirchweihfest angedacht. Unter dem Motto „Tschawosch ’21“ hatte die HOG rechtzeitig Werbung für eine Busreise in die alte Heimat gemacht. Dabei wollte man das Kirchweihjubiläum mit einem Besuch in Temeswar, der Europäischen Kulturhauptstadt 2021, verbinden. Das Vorhaben scheiterte jedoch an der Corona-Pandemie. Im März dieses Jahres entschied sich der Vorstand, die Reise abzusagen, zumal auch das Kulturhauptstadt-Projekt auf 2023 verschoben wurde.

Auf die ebenfalls geplante Fahrradtour wollte man dennoch nicht verzichten, ebenso auf das Fest zum 125-jährigen Bestehen der Kirche, das nun eben in einem kleineren Rahmen stattfinden sollte. Organisiert wurde es von beherzten Tschawoschern, die in Temeswar leben, gemeinsam mit der HOG. 

Mit der doch ungewöhnlichen Fahrradtour bezweckte die HOG zweierlei: Zum einen sollte der kleine Grenzort ein bisschen ins Rampenlicht gerückt und auch das Interesse der deutschsprachigen Medien geweckt werden, zum anderen sollte die Aufmerksamkeit auf die Kirche gelenkt werden, auch um die Landsleute zum Spenden für deren Erhalt  zu animieren. Mit der 125-Jahr-Feier der Kirche bot sich die beste Gelegenheit dazu an. Inwieweit das zweite Ziel, ein höheres Spendenaufkommen, erreicht wird, lässt sich noch nicht absehen. Das erste Ziel hingegen wurde mit Sicherheit erreicht: Tschawosch schaffte es in die deutschsprachigen Medien dank der Bemühungen von Gerhard Dick, dem es gelungen ist, das Interesse der Journalistin Astrid Weisz an der Fahrradtour und dem Kirchweihjubiläum zu wecken.

Noch am Vorabend seiner Abfahrt sprach sie mit dem HOG-Vorsitzenden, um mehr über die anstehende Fahrradtour und das Fest in Tschawosch am 31. Juli zu erfahren. Das Interview wurde am 16. Juli in der deutschen Sendung von Radio Temeswar ausgestrahlt und am selben Tag erschien in der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien ein Vorbericht unter dem Titel „Kleine Dorfkirche wird 125. Tschawoscher reisen 1500 km mit dem Fahrrad an“. Anlässlich des Kirchweihfestes entstand eine 24-minütige Radioreportage, die sich nicht nur diesem Ereignis widmet, sondern auch veranschaulicht, was das banatschwäbische Tschawosch einst ausgemacht hat. Unter dem Titel „Kleines banatschwäbisches Dorf mit großem Herz“ wurde die Reportage samt Fotos auf der Website des Medienvereins FunkForum (www.funkforum.net) gepostet. Die Links zu den beiden Rundfunkbeiträgen wie auch der Artikel aus der ADZ finden sich auf der Homepage der HOG Tschawosch unter www.hog-tschawosch.de/tschawosch-21.

Nachfolgend veröffentlichen wir den Bericht von Gerhard Dick über die Feier zum 125-jährigen Jubiläum der Tschawoscher Kirche.   

Die Redaktion

Die katholischen Gläubigen in Tschawosch, in der Mehrheit Deutsche, hatten zwar eine Kapelle, die 1827 anstelle des eingestürzten Bethauses errichtet wurde, und seit 1839 auch eine selbständige Pfarrei, ihr Wünsch nach einer neuen Kirche ging jedoch erst Ende des 19. Jahrhunderts in Erfüllung. „Im Jahre 1895 begann der Grundherr und Kirchenpatron Ignaz v. Csávossy eine neue Kirche zu bauen, die 1896 der Csanáder Bischof Alexander Desewffy dem heiligen Ignatius von Loyola weihte“, steht in Felix Millekers kurzgefassten Dorfmonografie „Geschichte der Gemeinde Ciavoş (Csávos) im Banat. 1247-1919“ (Weißkirchen 1929). Die Weihe der Kirche fand am 31. Juli, dem Fest des heiligen Ignatius von Loyola statt.

Auf den Tag genau 125 Jahre später, am Samstag, dem 31. Juli, um 15 Uhr läuteten die Glocken im Turm der Dorfkirche von Tschawosch und riefen, wie in alten Zeiten, zum Gottesdienst. Dieses Mal zum Jubiläumsgottesdienst. Zelebriert wurde die heilige Messe in drei Sprachen (Deutsch, Ungarisch und Rumänisch) vom emeritierten Domherrn György Kobór, der von 1965 bis 1972 von Kreuzstätten aus auch für Tschawosch als Pfarrer zuständig war, dem Pfarrer aus Otelek József Heinrich, der die Filiale Tschawosch betreut, und von Pfarrer Johann Palfi. Letzterer sozusagen als Überraschungsgast, denn Pfarrer Palfi lebt als Stiftskanonikus in Altötting. Da er sich gerade im Banat befand, nutzte er die Gelegenheit, um mit den Tschawoschern, die er von 1984 bis 1986 von Dolatz aus seelsorgerisch betreut hatte, mitzufeiern.

Manche, die der Messe beiwohnten, hatten Pfarrer Kobór noch als Seelsorger erlebt. Besonders emotional wurde es, als er einen Blick in die Vergangenheit warf und diese wieder lebendig werden ließ. Er sprach unter anderem von seiner ersten tragischen Erfahrung als junger Pfarrer in Tschawosch, als er die Eltern von Richard Werth binnen eines Jahres zu Grabe tragen musste, oder von den Geschwistern May, die bei ihm im Religionsunterricht waren, wie auch von den Schwierigkeiten, die das kommunistische Regime der katholischen Kirche, ihren Priestern und Gläubigen bereitete. Dazu Astrid Weisz in ihrer Radioreportage: „Anstelle einer Predigt schwelgte Pfarrer Kobór in bildreichen Erinnerungen an seine Pastoralzeit im Grenzdorf Tschawosch, was viele der Beteiligten fesselte und teils zu Tränen rührte.“

Der Kirchweihmesse wohnten rund 80 Personen bei, wesentlich mehr, als sich die Organisatoren des Festes vor Ort ausgerechnet hatten. Gekommen waren viele ungarische Landsleute aus Tschawosch und den umliegenden Gemeinden, einige Rumänen und etwa 15 speziell zu diesem Anlass aus Deutschland angereiste Gäste. Neben dem HOG-Vorsitzenden Gerhard Dick nahm auch dessen Vater Franz an der Jubiläumsfeier teil. Mehr als drei Jahrzehnte lenkte Franz Dick die Geschicke der HOG Tschawosch, bevor er 2017 die Stafette an seinen Sohn weiterreichte. Auch der Bundesvorstand der Landsmannschaft war bei der Feier durch die HOG-Sprecherin Anita Maurer vertreten. Laut Aussage von Landsleuten waren so viele Besucher bei einem Gottesdienst das letzte Mal beim Kirchweihfest im Jahr 1983 verzeichnet worden. 

Nach der Messe saßen alle noch gemütlich zusammen, es wurde über alte Zeiten gesprochen und an gemeinsam Erlebtes erinnert.  Unsere Landsleute Lázár Pál und Pintér Jenő sorgten für das leibliche Wohl der Festgäste mit einem leckeren Gulasch, Mici und reichlich frisch gezapftem kühlem Bier.

Das Fazit der Radioreporterin: „Keine Blasmusik, dafür umso herzlichere Momente des Wiedersehens, der Nostalgie und der Dankbarkeit für eine Zeit, die man in der kleinen Dorfgemeinschaft für wenige Stunden wieder erleben durfte. Das prägte dieses Kirchweihfest der Tschawoscher am 31. Juli (…).“

Aus Sicht der HOG haben sich die Strapazen der Fahrradtour gelohnt. Es war ein gelungenes Fest mit einem berührenden Gottesdienst und einer zu Herzen gehenden Predigt in deutscher Sprache von Pfarrer Kobór, mit schönen Begegnungen und guten Gesprächen und nicht zuletzt mit etwa 80 Teilnehmern – viel mehr als ursprünglich angenommen. Angesichts dieser Tatsache hat man sich darauf verständigt, im Jahr 2023 – wenn Temeswar den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ tragen wird – eine ähnliche Feier in größerem Rahmen mit dann hoffentlich mehr Besuchern aus Deutschland zu organisieren.

Vielen Dank an alle, die an der Planung und Organisation dieser besonderen Feier beteiligt waren. Bedanken möchten wir uns nochmals ausdrücklich bei Astrid Weisz für die umfassende Berichterstattung. 

Denjenigen, die an dem hier Berichteten teilhaben möchten, sofern das über Fotos, Tonaufzeichnungen und Videos überhaupt möglich ist, sei ein Besuch unserer Homepage www.hog-tschawosch.de empfohlen. Unter „Tschawosch ’21“ finden Sie alles Wichtige zusammengefasst. Und vielleicht sieht sich der/die eine oder andere zu einer Spende für den Erhalt der Kirche und zur Instandhaltung des Friedhofs veranlasst. Überweisungen können auf folgendes Konto getätigt werden: Spendenkonto der HOG Tschawosch, IBAN: DE14 4605 0001 0021 0165 48, BIC: WELADED1SIE. Vielen Dank allen für die Unterstützung.