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Ein Ort, an dem Geschichte erlebbar wird

Kranzniederlegung im Ehrenhof des Hauses der Donauschwaben: Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringen, Innenminister Thomas Strobl, Vereinsvorsitzender Raimund Haser MdL, Bundestagsabgeordneter Marc Biadacz (von links) Foto: Renate Lück

Das Haus der Donauschwaben in Sindelfingen wurde 1970 eröffnet. Es ist ein sichtbares Zeichen der seit 1954 bestehenden Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Volksgruppe der Donauschwaben wie auch der von der Stadt Sindelfingen 1964 übernommenen Patenschaft über die Landsmannschaft der Donauschwaben aus dem ehemaligen Jugoslawien. Das Haus entwickelte sich zu einer Begegnungsstätte der Donauschwaben aus aller Welt, ist gleichzeitig Kulturzentrum mit regelmäßig organisierten Veranstaltungen und dank seiner Donauschwäbischen Spezialbibliothek und seines Archivs wie auch der Genealogischen Fachbibliothek des Arbeitskreises donauschwäbischer 
Familienforscher ein Ort der Dokumentation und Forschung. Rechsträger des Hauses ist der Verein Haus der Donauschwaben. Vorstandsvorsitzender ist seit 2019 Raimund Haser MdL, vertriebenenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.

Das Haus der Donauschwaben ist nach einem halben Jahrhundert in die Jahre gekommen. Es besteht  einerseits dringender Sanierungsbedarf, andererseits muss sich das Haus konzeptionell neu ausrichten, zumal es seine Bedeutung als Begegnungsstätte weitgehend eingebüßt hat und die Auslastung erheblich zurückgegangen ist. Diesem Umstand Rechnung tragend, hat der im Januar 2019 neu gewählte Vereinsvorstand, dem neben Raimund Haser der Oberbürgermeister der Stadt Sindelfingen Dr. Bernd Vöhringer und die Historikerin Dr. Hertha Schwarz als Stellvertreter angehören,  unter dem Motto „Haus der Donauschwaben 2.0“  eine Neukonzeption ausgearbeitet, die eine dringend notwendige Sanierung beinhaltet, aber gleichzeitig auch Möglichkeiten zur weiteren Entfaltung der Wissensvermittlung und der Kulturarbeit sowie der wichtigen Arbeit zur Erforschung, Dokumentation und Vermittlung der Vertreibungs- und Integrationsgeschichte  schafft. Diese Neuausrichtung beinhaltet auch die Öffnung des Hauses für alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt und der Region wie auch die Erweiterung seiner kulturellen und wissenschaftlichen Angebote.

Die Kosten für Umbau- und Sanierungsmaßnahmen belaufen sich auf 1,55 Millionen Euro. Das Land Baden-Württemberg hat finanzielle Unterstützung unter der Voraussetzung zugesichert, dass sich auch die Stadt Sindelfingen als zweiter Patenschaftträger der Donauschwaben zu gleichen Teilen beteiligt. Oberbürgermeister Vöhringer und die Stadtverwaltung unterstützen zwar das Vorhaben, die Sanierung und den Umbau des Hauses mit 550000 Euro zu fördern, doch das stieß bei den Gemeinderatsfraktionen der Grünen,  der FDP und der Linken auf Widerstand, wie die „Sindelfinger Zeitung“ im Mai dieses Jahres berichtete. Nach Gesprächen mit den Fraktionen sei er zuversichtlich, dass der Gemeinderat am 28. September den geplanten Kostenzuschuss genehmigen werde, erklärte Vereinsvorsitzender Raimund Haser anlässlich des Tages der offenen Tür, zu dem das Haus der Donauschwaben zum ersten Mal in seiner Geschichte am 24. Juli eingeladen hatte.  

Die Resonanz war sehr postitiv und die Veranstaltung ein großer Erfolg. Das Angebot wurde auch von vielen Banater Landsleuten wahrgenommen. Zugegen waren unter anderen der Bundesvorsitzende unserer Landsmannschaft Peter-Dietmar Leber und der baden-württembergische Landesvorsitzende Richard S. Jäger. Neben der Möglichkeit, einen Rundgang durch das Haus zu unternehmen, konnten die Gäste eine Fotoausstellung zur 50-jährigen Geschichte des Hauses besichtigen und sich über die Zukunftspläne informieren. Das kulturelle Begleitprogramm wurde von der Trachten- und Tanzgruppe des Kreisverbandes Esslingen der Banater Schwaben (darüber berichten wir in der nächsten Ausgabe) und dem Ensemble Trumpet Power der Sindelfinger Schule für Musik, Theater und Tanz gestaltet. 

Am Vormittag fanden sich viele Prominente im Haus der Donauschwaben ein, darunter Innenminister Thomas Strobl, der Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz, Oberbürgermeister Dr. Vöhringer, Kulturamtsleiter Horst Zecha und Mitglieder des Sindelfinger Gemeinderats. Raimund Haser informierte ausführlich über den Umbau und die künftige Funktion des Hauses. Das Haus der Donauschwaben sei ein Ort zum Nachlesen, Nachforschen und Nachdenken über die Geschichte der Donauschwaben, „die mehr und mehr verschwimmt, weil die Letzten, die davon am Küchentisch erzählen können, bald nicht mehr da sein werden“, sagte Haser.  

 Am Nachmittag war der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Bernd Fabritius zu Gast. „Ihr Haus ist als Zentrum der Donauschwaben auf der ganzen Welt ein beeindruckender Ort“, so Fabritius in seiner Ansprache. Es nehme eine Vielzahl wichtiger Aufgaben wahr und „einen unerlässlichen Platz ein bei Erfüllung der Aufgaben gemäß Paragraf 96 des Bundesvertriebenengesetzes, einer Regelung, die Bund und Ländern, aber auch Landkreisen und Kommunen – sprich uns allen, der gesamten Gesellschaft – eine sehr wichtige Aufgabe zuspricht: Die Kultur der Heimatvertriebenen, gerade auch die der Donauschwaben, ist als bedeutender Teil des gesamtdeutschen kulturellen Erbes zu bewahren, zu entwickeln und an kommende Generationen weiterzugeben. Das ist keine Aufgabe, die etwa nur von den Donauschwaben selbst zu schultern ist, nein, es geht uns alle an und es muss Verpflichtung für uns alle sein“, sagte Fabritius. Diese Grundzüge eines geschichtsbewussten Kulturverständnisses müssten Entscheidungsträger auf allen Ebenen kennen und verinnerlichen, wenn sie zukunftsgestaltende und verantwortliche Entscheidungen treffen sollen. 

Dr. Fabritius dankte den vielen Engagierten, die diesen Tag der offenen Tür ermöglicht haben, und lobte die hervorragende inhaltliche und organisatorische Vorbereitung.