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Der Diözese ihr historisches Gedächtnis wiedergegeben

In seiner Dankesrede wertete Altbischof Martin Roos die ihm zuteil gewordene Auszeichnung als wichtiges Zeichen der Verbundenheit und der Zusammengehörigkeit. Foto: Enikő Sipos

Wir sind heute hier zusammengekommen, um Sie Exzellenz, verehrter Herr Bischof und geschätzter Landsmann Martin Roos, zu ehren. Wir hätten das gerne an unserem Heimattag in Ulm vor der großen Gemeinschaft der Banater Schwaben gemacht. Es sollte alles anders kommen, aber im Nachhinein betrachtet ist es gut, dass wir uns hier treffen können. Hier im Banat, wo alles angefangen hat, hier im Bischöflichen Ordinariat, wo die geistlichen Wurzeln unseres Seins liegen, wo sie gestaltet und gepflegt werden. Hier, wo so deutlich zum Ausdruck kommt, und dass es so deutlich zum Ausdruck kommt, liegt auch an Ihnen und Ihren Büchern, dass die Völker kommen und gehen, dass Mauern errichtet werden und einstürzen, die christliche Botschaft aber überdauert und fortlebt. 300 Jahre, bisher, hat auch unsere Banater schwäbische Gemeinschaft zum Fortbestand dieser Glaubensgemeinschaft beigetragen, Kleriker und Laien zusammen. 

Über Ihren Lebensweg konnten wir in den letzten Jahren anlässlich von Jubiläen und in gut geführten Interviews viel erfahren. Über Ihre Kindheit in Knees, am Rande der Banater Heide, deren Grenzen nie genau definiert wurden, aber deren Inhalte bezüglich unserer Banater schwäbischen Gemeinschaft sich allgemeiner Übereinstimmung erfreuen. Ich freue mich sehr, dass der HOG-Vorsitzende Nikolaus Kutschera mit seinem Bruder angereist ist.

Ein Kind der Kriegs- und Nachkriegszeit, mit vielen Entbehrungen, auch dem zeitweisen Verlust von Vater und Mutter, aber auch der Geborgenheit, dem Aufgehobensein bei den Großeltern, innerhalb der Sippe. 

Sie wollten Priester werden, in jener Zeit im kommunistischen Rumänien ein gewagter Wunsch, ein schwieriger Weg. Sie sind ihn aber gegangen – über Kanada, über Deutschland, wo Ihre Familie nach den Wirren der Nachkriegszeit sesshaft werden sollte. Prälat Josef Nischbach, Namensgeber unseres Heims in Ingolstadt, stand Ihnen zur Seite. Sie studierten in Königstein im Taunus, dort, wo 420 Priester hervorgingen, die sich um die geistliche Betreuung ihrer nach dem Krieg vertriebenen Landsleute aus dem Osten und Südosten kümmern sollten. Sie wurden Priester in der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Sie setzten sich ehrenamtlich im Sankt Gerhards-Werk und verwandten Einrichtungen in der seelsorgerischen Betreuung unserer ausgesiedelten Landsleute ein. 1989 wurden Sie Sprecher der Priester und Gläubigen aus der Volksgruppe der Donauschwaben und ließen mit mehreren Arbeiten zur Kirchengeschichte der Donauschwaben aufhorchen.

Nach der politischen Wende, als so viele Landsleute aus dem Banat weggingen, sind Sie in das Banat, in die Diözese Temeswar zurückgekehrt – ein Grund war das Heimweh. Klar und deutlich sprechen Sie an, was viele Banater Schwaben in sich trugen oder tragen, aber nur selten auszudrücken vermochten oder vermögen. 

Sie machen sich gleich an die Arbeit. Sie erkennen die schwierige Situation, in der sich die Diözese Temeswar nach den Auswanderungswellen befindet, und handeln. Sie passen Strukturen an, Sie schaffen neue, Sie rufen vergessene in Erinnerung. Und Sie schreiben Ihren Landsleuten, auch denen in Deutschland, immer wieder einiges ins Stammbuch, wenn Sie es für nötig halten. Und überhaupt das Schreiben. Viele fragten sich, wie Sie neben Ihrem sicher nicht leichten Dienst als Bischof diese umfangreichen und akribisch belegten Bücher zur Geschichte der Diözese schrieben, deren 93. Nachfolger des Heiligen Gerhard Sie in der nun auch bald 1000-jährigen Geschichte dieser Diözese sind. „Erbe und Auftrag“ haben Sie diese Reihe betitelt, damit ist alles gesagt, treffend gesagt. Die Bände bergen wahre Schätze zur kognitiven und visuellen Wahrnehmung der Geschichte dieser Diözese mit ihrer Ausstrahlung auf Gesellschaft und Staat. Wir werden klein und bescheiden, wenn wir sie zur Hand nehmen, sie vermitteln aber auch Zugehörigkeit.

Gleiches gilt auch für Maria Radna, für Ihre beiden Bände über Maria Radna wie auch für das große Sanierungsprojekt der bekannten Wallfahrtskirche mit dem ehemaligen Franziskanerkloster. Es gilt für Maria Radna als Ort der Sehnsucht und des Gebets. „Glaube bedarf der Gemeinschaft.“ Sie haben dieses Bibelwort bei Ihrer Bischofsprimiz in Maria Radna zitiert. Die Gemeinschaft, gleich in welcher Sprache oder Volkstum beheimatet, findet dort heim. Auch unsere Gemeinschaft, die der Banater Schwaben, die sich am 2. August zur Deutschen Wallfahrt einfindet, wenn Ihr Nachfolger, SE Bischof Josef, die heilige Messe feiern wird. 

In Temeswar wird die Domkirche, die Kathedrale des Heiligen Georg, restauriert. Auch hier haben Sie parallel dazu einen Band zur Geschichte dieser Kathedrale vorgelegt, zwei weitere sollen folgen. Mit Ihrem umfangreichen schriftlichen Werk, mit dem Aufbau des Diözesanmuseums, dem Auf- und Ausbau des Diözesanarchivs, mit der Vertiefung der Beziehungen zu den anderen Nachfolgediözesen der alten Diözese Tschanad, Ihrem Werk über den Heiligen Gerhard, der Wallfahrt nach Tschanad, dem ehemaligen Sitz der Diözese, haben Sie dieser ihr historisches Gedächtnis wiedergegeben.

Auch wir, die wir heute nicht mehr im Banat leben, aber durch die Taufe hier Teil unserer Kirche geworden sind, fühlen uns ihr nach wie vor tief verbunden. Wir sagen „unsere Kirche“, wenn wir die Kirchen unserer Heimatorte meinen, wir sagen „unsere Friedhöfe“, wenn wir die Friedhöfe meinen, auf denen sieben oder acht Generationen unserer Vorfahren ruhen. In Deutschland sind es vielleicht ein oder zwei Generationen. 

Es ist unser Auftrag als Landsmannschaft, diese Verbundenheit wachzuhalten, unsere gemeinsame Geschichte immer wieder neu zu entdecken, sie uns anzueignen. Am besten gemeinsam mit den Menschen, die heute hier leben: mit unseren Landsleuten im Demokratischen Forum der Deutschen, den anderen Gläubigen der Diözese, mit allen, die sich uns öffnen. 

Sie, Exzellenz, haben es uns vorgelebt, indem Sie sich als Priester, als Bischof, als Kirchenhistoriker und als unser Landsmann den Ursprüngen, den Quellen, dem Wesentlichen zugewandt haben. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben will 
Ihnen heute deshalb Danke sagen. Mit einer kleinen Nadel, die das Konterfei des Prinzen Eugen von Savoyen ziert, einer wesentlich größeren Urkunde, auf der sich ein Stich jener Stadt befindet, die der Prinz mit seinen Heeren vor 305 Jahren befreit hat, und mit weiten Herzen der Dankbarkeit und der Verbundenheit wollen wir dies zum Ausdruck bringen. 

Ich darf den Text der Urkunde vorlesen: „Ehrenurkunde. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V. verleiht die Prinz-Eugen-Nadel an Seine Exzellenz Bischof emeritus Dr. h.c. Martin Roos, Diözese Temeswar, für außerordentliche Verdienste um unseren Verband und unsere Gemeinschaft als Dank und Anerkennung. München, den 1. Juli 2021“. Wir sagen Vergelt's Gott!