Wegen der Corona-Pandemie geht der Landesverband Baden-Württemberg neue Wege. So wird die traditionelle, für November dieses Jahres geplante 56. Kulturtagung des Landesverbandes erstmals digital angeboten. Sie stand unter dem Motto „Über die Grenze! – Auswanderung, Freikauf und Flucht der Banater Schwaben in der Zeit des Kommunismus“. Die Vorträge sind als Zusammenschnitt auf der Internetseite des Landesverbandes anzusehen: banaterschwaben-badenwuerttemberg.de/56-landes-kulturtagung-diesmal-digital/oder auf dem YouTube-Kanal von Brunhilde Forro abrufbar.
Thematisch befasst sich die Tagung mit der Auswanderung der Banater Schwaben aus dem kommunistischen Rumänien. Dieses Thema bestimmte das Denken und Handeln der Menschen im Banat über viele Jahrzehnte. Nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland setzte eine unter dem Oberbegriff „Familienzusammenführung“ ständig wachsende Auswanderungswelle ein, deren Hintergründe und Mechanismen erst nach der Wende umfänglich aufgedeckt werden konnten. Viele Auswanderungswillige entschieden sich auch für den riskanten und gefährlichen illegalen Weg über die Grenze. Beide Wege wurden von Fluchthelfern und Trittbrettfahrern flankiert, deren genaue Zusammenhänge bis heute nicht verlässlich geklärt sind. Im Rahmen der Kulturtagung zeichnen namhafte Referenten und Zeitzeugen eine Bestandsaufnahme der Beweggründe und auch der Auswirkungen der „banatschwäbischen Völkerwanderung“.
Nach der Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Richard S. Jäger sprechen der Generalkonsul Rumäniens in Stuttgart Dr. Radu Florea sowie der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Vereins Haus der Donauschwaben Raimund Haser kurze Grußworte. In das Tagungsthema führt Halrun Reinholz ein, sie stellt auch die einzelnen Referenten vor. Ein Impulsreferat hält Hans Vastag zum Thema „Grenze“ und „Über die Grenze“. Eine biographisch-essayistische Annäherung. Der Vortrag von Ernst Meinhardt widmet sich dem Thema Schmiergeld für die Ausreise – Für viele noch immer ein Tabuthema. Ein Tor in den Westen? Wie DDR-Bürger versuchten, über Rumänien in die Bundesrepublik zu gelangen – darüber referiert Dr. Georg Herbstritt. Luzian Geier beleuchtet das Thema Die Entwurzelung, die Familienzusammenführung und der Druck „von unten“. Schließlich liest Herbert-Werner Mühlroth aus seinem Buch Eine Eisenbahn in meinem Traum. Meine Flucht aus dem kommunistischen Rumänien – in der Jacke, die er bei seiner Flucht getragen hat. Wie bei den vorangegangenen Tagungen durfte auch diesmal das traditionelle, von Dr. Franz Metz gestaltete Konzert nicht fehlen. Wilfried Michl (Bariton), Eva Maria Wagner (Violine) und Franz Metz (Klavier) präsentieren Werke der Klassik und von Banater Komponisten.
Die Referate werden Eingang in einen gedruckten Tagungsband finden.