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aktualisierte Informationen zum Entschädigungsverfahren gemäß Gesetz 130/2020 in Rumänien

Hier nun die neuesten Informationen zum Entschädigungsverfahren für Kinder ehemaliger Russland‐ und Baragandeportierter in Rumänien, aus der Kanzlei Fabritius, die wir gerne an Sie weiterleiten. Bitte lesen Sie die Informationen genau durch!

  • Bezüglich der Beschaffung des Nachweises der Russlanddeportation der Eltern ist es mittlerweile so, dass die CNSAS in Bukarest nicht auf eine Kontaktperson in Rumänien besteht. Sie verschickt die entsprechenden Bescheinigung nach Begleichung der Gebühren.
  • Immer wieder gehen Anfragen ein, ob denn ein Antrag nur über einen Anwalt gestellt werden könne. Nein, dem ist nicht so. Jeder kann den Antrag persönlich, über den Postweg oder über einen Bevollmächtigten stellen. Das kann ein Anwalt sein, dem man ein entsprechendes Mandat erteilt, oder eine andere Person seines Vertrauens, dem man eine Vollmacht erteilt. Die Kanzleien achten darauf, dass die Anträge vollständig und alle Unterlagen ins Rumänische übersetzt sind. Neben der Kanzlei Fabritius in München gibt es Kanzleien im Banat, die ebenfalls solche Anträge bearbeiten. Eine Liste von Anwälten, die auf diesem Gebiet tätig sind, können Sie auf Anfrage von unserer Bundesgeschäftsstelle erhalten. Ebenso auch die Anträge für die AJPIS und für die CNSAS.

Es ergeben sich sicherlich auch weiterhin noch Anpasungen.

Peter‐Dietmar Leber
Bundesvorsitzender

 

 

Auslegungsfragen zu Entschädigungsverfahren für Deportationen in Rumänien auf dem Weg der Klärung

Gesetzesvorhaben b429/2020 soll Unklarheiten beseitigen

Die Rehabilitierung für politische Verfolgung in Rumänien (z.B. Deportation in die Sowjetunion oder die Baragan-Steppe, politische Verhaftung etc.), vom rumänischen Staat in den Gesetzen (DL) 118/1990 geregelt und durch Gesetz 211/2013 auf Betroffene im Ausland unabhängig von der Staatsangehörigkeit angewendet, wurde durch Gesetz 130/2020 auf Kinder von Betroffenen ausgeweitet (vgl. Artikel in der Banater Post vom 5. und 20. August). Offene Auslegungsfragen sollen nun in einem im Rumänischen Senat eingereichten Änderungsgesetz (Projekt b429/2020) weitgehend geklärt werden.

Nach Dekret 118/1990 wird für Verfolgungsmaßnahmen im Zeitraum nach August 1944 an Betroffene eine monatliche Entschädigungszahlung von 700 RON (etwa 145 Euro) pro Jahr der Verfolgungsmaßnahme (bei 5 Jahren Russlandaufenthalt also ca. 725 Euro) an den Betroffenen als Entschädigung gezahlt. Nach dem Ableben des Betroffenen können auch nicht wieder verheiratete Witwen/Witwer und Kinder einen Antrag auf monatliche Entschädigung stellen.

Die gesetzliche Regelung zur Höhe der Leistung an die Hinterbliebenen ist (noch) nicht in allen Fallvarianten klar geregelt. Es wird nach aktueller Auslegung auf Grund einer jüngst abgegebenen Stellungnahme der Parlamentariergruppe, die das Gesetz eingebracht hatten, danach unterschieden, ob Kinder zum Zeitpunkt der Verfolgung der Eltern schon am Leben waren oder erst nachher geboren wurden und ob die Betroffenen zu Lebzeiten selbst bereits eine Feststellungs-Decizie der AJPIS erwirkt hatten. In einigen Fallvarianten werden unabhängig von der Dauer der Verschleppung Pauschalen (500 lei = ca. 105 €) als monatliche Entschädigung gezahlt. Wenn Betroffene zu Lebzeiten selbst bereits eine Zahlung nach dem Entschädigungsdekret 118/1990 bekommen haben, können Kinder in Abhängigkeit des Geburtsdatums eine höhere Leistung bis zur gleicher Höhe der Leistung an den Betroffenen beziehen.

Nachfolgend sollen durch die bisherigen Klarstellungen in Rumänien bereits geklärte Anwendungsfragen beantwortet werden:

F: Können Kinder auch dann einen Antrag stellen, wenn die verschleppten Betroffenen noch leben?
A: Nein, es handelt sich um eine reine Hinterbliebenen-Entschädigung nach dem Ableben der Betroffenen.

F: Wenn beide Eltern verschleppt waren, kann für beide eine Leistung beantragt werden?
A: Nein, es steht nach dem Dekret 118/90 pro Antragsteller nur EINE Leistung zu, und zwar die höchste Entschädigung von mehreren möglichen Varianten

F: Wenn der Betroffene mehrere Verschleppungen erlebt hat, z.B. nach Russland und danach in die Baragan-Steppe, müssen zwei Anträge gestellt werden?
A: Nein, die Jahre werden in einem Antrag genannt und zusammengezählt.

F: Wenn mehrere Kinder vorhanden sind, können Anträge zusammengefasst werden?
A: Nein, jeder Antragsteller muss einen eigenen Antrag stellen, der auch separat bearbeitet werden muss.

F: Wenn das Elternteil bereits eine Decizie der AJPIS erwirkt hat, verstorben ist und das Kind nun einen Antrag stellen will, muss trotzdem ein Verfahren bei der AJPIS eingeleitet werden?
A: Ja, die Decizie der Eltern regelt ja nur den Status der Eltern, jeder Antragsteller muss aber eine eigene Feststellung der Berechtigung bei der zuständigen AJPIS durchsetzen.

F: Ist es dann wichtig, die AJPIS-Decizie der Eltern vorzulegen, wenn man sowieso eine eigene Decizie erwirken muss?
A: Ja, unbedingt! Erstens belegt die Decizie der Eltern bereits das Verfolgungsschicksal der Eltern und zweitens steht dann eine deutlich höhere Zahlung zu.

F: Das Gesetz nimmt Bezug auf die Leistung, die der verstorbene Elternteil bekommen hat („a beneficiat“). Gilt der alte oder ein aktueller Betrag?
A: Dieses ist die wichtigste Auslegungsfrage, die durch das Änderungsgesetz b429/2020 geklärt werden soll. Vorgeschlagen wurde die Klarstellung dahingehend, dass es auch den Zahlungsbetrag bekommen soll, der dem verstorbenen Elternteil zum Zeitpunkt der Antragstellung durch das Kind zugestanden hätte, also ein aktualisierter Betrag.

F: Das sieht alles recht unübersichtlich aus. Welche Kinder können nun einen Antrag stellen?
A: Eigentlich alle, nach dem Ableben der Betroffenen. Der Unterschied besteht nur in der Leistungshöhe. Kinder, deren Eltern selbst keine AJPIS-Decizie erwirkt haben, bekommen nach aktueller Auslegung monatlich pauschal 500 lei = ca. 105 Euro. Bei Kindern, deren Elternteil eine AJPIS-Decizie erwirkt hatte, kommt es auch den Zeitpunkt der Geburt des Kindes an. War das Kind während der Verfolgung der Eltern minderjährig, bekommt es die gleiche Leistung, die der Elternteil bekommen hätte (700 Lei monatlich für jedes Jahr der Verfolgung). Ein nachher geborenes Kind bekommt die Hälfte dieser Summe (350 Lei monatlich für jedes Jahr der Verfolgung)

F: Wenn das Kind selbst während der Verschleppung am Ort der Verschleppung geboren wurde, kann es für sich und das verstorbene Elternteil einen Antrag stellen?
A: Nein, es steht nur eine Entschädigung pro Person zu. Es sollte die Leistung beantragt werden, die höher ist (die eigene Leistung nach Zeitdauer, die Pauschalleistung für Kinder ohne Eltern-Decizie oder - meist am höchsten - die Individualleistung für die Zeitdauer des Elternteils, wenn dieses eine eigene Decizie hatte.

F: Wenn der/die Betroffene verstorben ist, aber der verwitwete Ehepartner noch lebt und eine Hinterbliebenen-Entschädigung bezieht, können auch die Kinder jetzt Anträge stellen?
A: Das Gesetz enthält keine Rangfolge zwischen Witwe/Witwer und Kinder, so dass eine Antragstellung auch der Kinder möglich sein muss. Dazu gibt es aber noch keine Festlegung.

F: Sollten Kinder warten, bis alle Fragen geklärt sind, oder jetzt schon Anträge stellen?
A: Weil die Leistung gem. Art. 15 DL 118/90 erst ab dem Folgemonat nach Antragseingang gezahlt wird, sollten Anträge frühestmöglich gestellt werden.

F: Wie lange dauert es, bis das Verfahren erledigt ist?
A: Man muss mit einigen Wochen bis Monaten rechnen. Es gehen derzeit sehr viele Anfragen und Anträge ein. Diese können nur der Reihe nach bearbeitet werden. Das kann eine Weile dauern.

F: Kann man selbst etwas zur Beschleunigung machen?
A: JA, unbedingt: Wenn die Anträge richtig gestellt und von Anfang an alle Belege zutreffend beigefügt werden, können die Behörden in Rumänien gleich die Bescheide machen und die Zahlung anweisen. Werden Anträge aber ungenau, unvollständig und ohne alle erforderlichen Belege gestellt, müssen Rückfragen durchgeführt werden. Das führt zu neuer Bearbeitung und zu Verzögerungen. Auch vermeidbare Rückfragen (telefonisch oder schriftlich) führen zu erheblicher Verzögerung. Ich empfehle daher, zuerst alle Informationsquellen im Internet und in Merkblättern zu nutzen. 

F: Wo bekommen wir weitere Informationen und die nötigen Formulare?
A: Ich biete allgemeine Informationen zu diesen Verfahren und Formulare auf meiner Homepage www.fabritius.de (kostenlos) an. Auf Grund der sehr hohen Zahl an Anfragen und Anrufen ist telefonische Beratung nur sehr beschränkt möglich. Deswegen werden alle Formulare und auch die „Verfahrenshinweise“ auf meiner Homepage fortlaufend aktualisiert. Ich empfehle allen Interessierten, diese Informationsmöglichkeit zu nutzen. Das trägt zur Reduzierung des sehr hohen Anfragevolumens auch bei Landsmannschaften und Verbänden bei.

RA Dr. Bernd Fabritius
München