Gleichberechtigt als Banater Schwaben sesshaft werden
Die zweite Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes der Landsmannschaft der Banater Schwaben aus Rumänien in Deutschland fand im Rahmen des Heimattreffens der Südostdeutschen am 27. Juni 1953 in Rosenheim statt. Zu dem Treffen hatten die Bundesverbände der Landsmannschaft der Deutschen aus Jugoslawien unter dem Vorsitz von Franz Hamm und der Landsmannschaft der Banater Schwaben aus Rumänien in Deutschland unter dem Vorsitz von Dr. Mathias Hoffmann sowie der Landesverband Bayern der Landsmannschaft der Ungarndeutschen unter dem Vorsitz von Dr. Georg Bleyer eingeladen. Weil die Besucher mit der Bahn anreisten, sah das Programm einen gemeinsamen Gang vom Bahnhof zur Loretowiese vor, wo ein Gottesdienst für beide Konfessionen gefeiert wurde. Als Festredner traten neben den Vorsitzenden der Landsmannschaften Bundestagspräsident Dr. Hermann Ehlers und der Oberbürgermeister der Stadt Rosenheim Hermann Überreiter auf. Mit der Besichtigung der Siedlung Schlarbhofen bei Rosenheim – hier legte die donauschwäbische Sippe Schlarb, bestehend aus 88 Personen, eine Moorlandschaft trocken und gründete landwirtschaftliche Betriebe, die bald den Status eines Dorfes erhielten und heute noch erfolgreich wirtschaften –, Fachtagungen der südostdeutschen Lehrer und der Südostdeutschen Siedlervereinigung,
einem Gesang- und Tanzabend richteten die Veranstalter des Treffens den Fokus auf Gleichberechtigung, Sesshaftwerden und Selbstbehauptung. Es war übrigens eines der letzten großen gemeinsamen Treffen der südostdeutschen Landsmannschaften. Bereits im folgenden Jahr richteten die Banater Schwaben ein Bundestreffen in Rastatt allein aus.
In Rosenheim wurden nach vielen Anfangsschwierigkeiten die Weichen für ein neues und selbstbewusstes Auftreten der Landsmannschaft der Banater Schwaben gestellt. Nachdem sich Dr. Mathias Hoffmann aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Wahl gestellt hatte, wählten die Delegierten aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Niedersachsen den Lehrer Anton Valentin (1898-1967) aus Sigmaringen zum neuen Bundesvorsitzenden. Er war aufgrund seiner zahlreichen Ämter in Studentenvereinen, als Lehrer an der Banatia und verschiedener Ämter innerhalb der Deutschen Volksgruppe in Rumänien schon in der Zwischenkriegszeit im Banat in einer herausgehobenen Position und in der Führung von Verbänden erprobt. Ihm stand als Sprecher der Landsmannschaft Peter Ludwig aus Augsburg zur Seite sowie als Geschäftsführender Vorsitzender Hans Diplich aus Grünwald bei München. Zum Schriftführer wurde Carl M. Fr. Hau aus München gewählt, zum Kassenwart Rechtsanwalt Peter Blickling aus München. Als neue Beiräte fungierten die jeweiligen Landesvorsitzenden: Apotheker Nikolaus Merle aus Stuttgart für Baden-Württemberg, Hans Ewald Frauenhoffer aus Eschelbach an der Ilm im Kreis Pfaffenhofen für Bayern, Karl Wintergerst aus Darmstadt für Hessen, Rechtsanwalt Hans Schäfer aus Braunschweig, der spätere Justizminister, für Niedersachsen und Lehrer Adam Billo jun. aus Lambrecht für Rheinland-Pfalz. Kassenprüfer waren Emil Jewitzky aus Miesbach und der damalige Student Anton Petri aus Dachau. Das Ehrengericht bestand aus Rechtsanwalt Peter Lindacher aus Regensburg, Rechtsanwalt Dr. Götz aus Braunschweig, Georg Frombach aus Bissingen an der Enz, Landwirt Anton Karl aus Gartheis, später Bürgermeister in Marktl am Inn, Lehrer Mathias Bauer aus Roßbach im Kreis Witzenhausen und Franz Pfaffenrath aus Röhrmoos im Kreis Dachau.
Die „Hauptgeschäftsstelle“ der Landsmannschaft war von der Schubertstraße 2 in die Schmellerstraße 16 in München 15 verlegt worden.
Organisatorische Festigung des Verbandes
Zur inhaltlichen Arbeit des Verbandes vermerkt das Protokoll, dass die Erfassung und Betreuung der Landsleute erhebliche Fortschritte gemacht habe. In der neu aufgebauten Kartei waren bis zur Hauptversammlung 1500 Personen erfasst worden. Die Zusammenarbeit mit den anderen Landsmannschaften auf Bundes- und Landesebene wurde als „gut“ bezeichnet, ebenso konnte man auf Erfolge in der Zusammenarbeit mit Behörden verweisen. Konkret wird die gutachterliche Arbeit bei Eingliederungsfragen von Lehrkräften sowie die Anhörung des Verbandes durch die Behörden in Rentenangelegenheiten, Feststellung von Volkstumszugehörigkeit und Vertriebeneneigenschaft genannt. Zunehmend konnten Vertreter in die Dachverbände der Landsmannschaften (VOL und später VdL) entsandt werden (Hans Diplich und Peter Ludwig), in den Rat der Südostdeutschen, Rechtsanwalt Peter Blickling konnte als Stellvertretender Leiter der Heimatauskunftsstelle Rumänien durchgesetzt werden. Erwähnt wird das Memorandum von Lehrer Sepp Schmidt, dem späteren Bundesvorsitzenden, welches „einen entscheidenden Anteil“ zur Klärung des Fragenkreises um Artikel 131 Grundgesetz hatte. Es ging um die Übernahme in den Beamtenstand von Lehrern aus dem Banat. Die Landsmannschaft beteiligte sich an den größeren Bundes- und Ländertreffen der Südostdeutschen, konkret werden jene in Stuttgart (September 1951), Salzburg (Juli 1952), Reutlingen (August 1952), Passau (August 1952) erwähnt, wo „jeweils 6 – 12.000 südostdeutsche Landsleute anwesend“ waren, wobei auch „unsere engeren Landsleute aus dem rumänischen Banat in stattlicher Zahl“ vertreten waren.
Vorträge über Flüchtlingsfragen, Lichtbildvorträge und Gedenkfeiern zum 100. Geburtstag von Adam Müller-Guttenbrunn wurden in Glonn, Neustadt an der Weinstraße, Bamberg, Passau, Reutlingen, Bermatingen, Stuttgart und München unter maßgeblicher Beteiligung von Anton Valentin und Hans Diplich abgehalten. Diplich war auch publizistisch äußerst produktiv, war Mitarbeiter des „Neuland“ in Salzburg, des „Volksboten“ und des „Südost-Echos“ in München. Seit Oktober 1952 wurde das „Neuland“ von der Landsmannschaft der Banater Schwaben als Lizenzträger für Deutschland eingeführt. Die Frage der landsmannschaftlichen Presse wurde in der Hauptversammlung ausführlich diskutiert, so wurde bezüglich des „Neulands“ beschlossen, „dahin zu wirken, dass auch unsere Landsmannschaft im Berichtteil besser und mehr berücksichtigt werden soll“. Für die „Banater Heimatblätter“, bis dato einmal als gedruckter Rundbrief der Landsmannschaft der Banater Schwaben herausgegeben, sollten Möglichkeiten erkundet werden, um „das eigene auf die engere Arbeit abgestimmte Organ“ wieder „und in kürzeren Zeitabständen herauszubringen“.
Tatsächlich ist eine weitere Ausgabe der „Banater Heimatblätter“ mit einem Umfang von 16 Seiten noch 1953 erschienen. In dieser Ausgabe erfahren wir zum ersten Mal auch konkretere Angaben zur Zahl der Mitglieder oder der von der Landsmannschaft erfassten Landsleute. Vorneweg wird festgestellt, dass es vor allem galt, „das Misstrauen der Landsleute zu überwinden, das sich in einer Abneigung gegen jedwelche Mitgliedschaft äußerte“. Weil Geldmittel für einen systematischen Besuch der Ortschaften nicht vorhanden waren, musste sich „die Erfassungsaktion“ darauf beschränken, an die von bereits „erfassten Landsleuten gegebenen Anschriften schriftlich heranzutreten, um den Anschluss an die Landsmannschaft zu erreichen“. So sei es allein in Bayern gelungen, den „Zugang zur Landmannschaft“ innerhalb der letzten eineinhalb Jahre auf über 1000 Personen zu verdreifachen, hinzu kämen Baden-Württemberg, Hessen und Niederdachsen, sodass Ende 1953 „ca. 3000 Landsleute, d.s. etwa zehn Prozent der Kopfzahl im Bundesgebiet, in der Landsmannschaft stehen. In dieser Zahl sind nur die Familienoberhäupter erfasst, so dass man die Kopfzahl mit Familienangehörigen auf rund 10000 beziffern kann.“ Bedauerlicherweise wird hier nicht zwischen Mitgliedern und erfassten Landsleuten getrennt.