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In Zeiten großer Umbrüche die Weichen gestellt

Nachruf auf den Ehrenbundesvorsitzenden unserer Landsmannschaft Jakob Laub

Am 25. April starb in Waibstadt der langjährige Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Banater Schwaben Jakob Laub im Alter von 95 Jahren. Er stand unserem Verband von 1986 bis 2002 vor. Noch länger, von 1979 bis 2008, war er Vorsitzender unseres Landesverbandes Baden-Württemberg.

Jakob Laub wurde am 15. Juni als Sohn einer Kaufmannsfamilie in der Heidegemeinde Bogarosch geboren. Die im Heimatort verbrachten Kindheits- und Jugendjahre waren prägend für sein ganzes Leben, denn Jakob Laub blieb stets mit seiner Heimat und seinen Landsleuten aufs Engste verbunden. Das bewog ihn später auch dazu, Verantwortung in der Landsmannschaft der Banater Schwaben zu übernehmen. Der Besuch der Gymnasialunterstufe an der Temeswarer „Banatia“, weitere zwei Schuljahre am Gymnasium in Schäßburg und das Abitur an der „Banatia“-Wirtschaftsoberschule waren wichtige Meilensteine in seiner schulischen Ausbildung, die von den Kriegsereignissen jäh unterbrochen wurde. 1943 kam Jakob Laub zur Deutschen Luftwaffe, wo er bis zum Kriegsende im Einsatz war. Als Verwundeter gelangte er 1945 in Kriegsgefangenschaft, aus der er ein Jahr später in die damalige sowjetische Besatzungszone Deutschlands entlassen wurde. Die Magdeburger Gegend sollte vorerst seine neue Heimat werden.

Zunächst bemühte sich Jakob Laub um die Fortsetzung seiner beruflichen Ausbildung. Es gelang ihm schließlich, in Magdeburg ein pädagogisches Studium aufzunehmen und zu absolvieren. Als junger Lehrer wirkte er in Alvensleben. Hier lernte er seine Gattin Irmtraut kennen, und ebenfalls hier wurde ihr Sohn Karl-Gerhard geboren. Die immer bedrückender werdende politische Situation in der DDR bewog die junge Familie, Sachsen-Anhalt den Rücken zu kehren und 1957 in den Westen zu fliehen.

Ein Neuanfang erfolgte im kurpfälzischen Waibstadt, wo die Familie ein neues Zuhause fand und Jakob Laub eine Lehrerstelle antrat, nachdem er in Heidelberg sein Studium vervollständigt hatte. Dem Lehrer-beruf blieb er bis zu seiner Pensionierung 1986 treu. In den letzten 15 Jahren bekleidete er das Amt des Rektors an der Grund- und Hauptschule in Waibstadt. Das große gesellschaftliche Engagement von Jakob Laub führte dazu, dass er im Laufe der Jahre viele ehrenamtliche Funktionen übernahm. Er war Pfarrgemeinderatsvorsitzender, Dekanatratsvorsitzender und Mitglied im Diözesanrat Freiburg, ehrenamtlicher Betreuer der Stadtbibliothek Waibstadt und Leiter der Volkshochschule.

Einen ganz besonderen Stellenwert im gesellschaftlichen Wirken des Jubilars hatte jedoch die Landsmannschaft der Banater Schwaben. Ein Betätigungsfeld, auf dem sich Jakob Laub besonders in den Anfangsjahren verdient gemacht hat, ist die Integration der Aussiedler. 1976 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes Baden-Württemberg gewählt und 1979 zum Vorsitzenden. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied des Bundesvorstandes und trug maßgeblich zur Festlegung der Zielsetzungen und der konkreten Ausgestaltung der landsmannschaftlichen Arbeit bei. Seine Einsatzbereitschaft, sein Verantwortungsbewusstsein wie auch seine ausgeprägte Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen und im Verband integrierend zu arbeiten, bewog die Bundesversammlung 1986, Jakob Laub zum Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft zu wählen.

„Ich habe es nie verstehen können, dass Landsleute nach Deutschland gekommen sind und nach zwei Jahren glaubten, nicht mehr in ihrer Mundart miteinander reden zu können“, sagte er öfters. Es ist einer jener Sätze, die viel über ihn verraten. Über ihn, der bereits 1943 seine Heimat verlassen hatte und auch im hohen Alter immer wieder gerne in seine Bogaroscher Heimatmundart verfallen ist. Seine Heimat hatte er verlassen, aber nicht vergessen, seiner Banater schwäbischen Gemeinschaft blieb er Zeit seines Lebens immer verhaftet.

In der Reihe der Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben wartet Jakob Laub nicht nur mit der längsten Amtszeit auf, sondern auch mit einer umsichtigen Amtsführung in der Zeit großer Umbrüche: die Endzeit der kommunistischen Diktatur in Rumänien, der Exodus unserer Landsleute, das Bemühen, für die Verbliebenen im Banat neue Strukturen im sozialen und kulturellen Leben zu schaffen und gleichzeitig in Deutschland die Integration der ausgesiedelten Landsleute zu fördern, waren die großen Themen. Gegensätzliche Zielrichtungen auf den ersten Blick, aber sie zeigen die ganze Breite unserer Entwicklung als Banater schwäbische Gemeinschaft auf.

Für die Landsmannschaft der Banater Schwaben war es wichtig, in dieser Situation einen Mann an ihrer Spitze zu haben, der aufgrund seines bisherigen Lebensweges und seines gesellschaftlichen Engagements in der Lage war, diese Entwicklung nicht nur richtig einzuschätzen, sondern auch im Interesse der Betroffenen mit zu beeinflussen und durchzusetzen. Ihm war bewusst, dass hierfür tragfähige Strukturen aufgebaut werden mussten. Seine offene und einnehmende, seine einfache menschliche Art hat ihm dabei geholfen. Wichtige Vorhaben verfolgte er mit entsprechender Hartnäckigkeit. Aber auch für einfache Anliegen hatte er immer ein offenes Ohr, vor allem wenn er Neuankömmlingen aus dem Banat helfen sollte – oft konnte er es.

Auch den Spitzengremien des Bundes der Vertriebenen in Land und Bund gehörte er an, davon zwölf Jahre lang dem Präsidium des Bundesverbandes der Vertriebenen.

Im Rückblick auf eine solche Lebensleistung drängt sich die Frage auf, was bleibt und was vergeht. Die Schaffung von Strukturen zur Erforschung und Dokumentation unserer Geschichte und Kultur, für die sich Jakob Laub immer eingesetzt hat, zählt sicher zu ersterem. Sie fanden ihren Ausdruck in zwei Einrichtungen, deren Bedeutung und Tragweite ihres Wirkens so manchen unserer Landsleute noch nicht richtig bewusst ist: dem Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen und dem Donauschwäbischen Zentralmuseum in Ulm. Sie fanden ihren Ausdruck in drei Patenschaften, die heute sicher nicht mehr anzubahnen wären: der Patenschaft der Stadt Ulm und der Patenschaft des Landes Baden-Württemberg über die Landsmannschaft der Banater Schwaben sowie der Stadt Göppingen über die Banater Schwaben in Baden-Württemberg. Sie fanden ihren Ausdruck aber auch in der Einrichtung vorbildlicher Sozialstationen und Altenheime für unsere Landsleute im Banat, für deren Errichtung und Betrieb neben der Bereitstellung der Mittel durch die Bundesrepublik Deutschland die geeigneten Frauen und Männer hier und im Banat da sein mussten. Auch diese Strukturen haben sich als tragfähig erwiesen, sie tragen bis heute.

Für sein großes gesellschaftliches Engagement hat Jakob Laub viele Ehrungen erhalten. Er erhielt sie in Deutschland: 1986 das Bundesverdienstkreuz am Bande, 1990 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg in Gold, 1994 das Bundesverdienstkreuz erster Klasse, und in Rumänien: 2004 den Nationalen Verdienstorden, 2009 die Exzellenzwürde seiner Heimatgemeinde Bogarosch im Banat. Ein Kreis hatte sich damit geschlossen. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben ehrte ihn mit ihrer höchsten Auszeichnung, der Prinz-Eugen-Nadel.

In den letzten Jahren war es um Jakob Laub ruhiger geworden. Nach dem Tod seiner Frau, die ihm stets eine große Stütze war, hatte er sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen. Am Gemeinschaftsleben seiner Landsleute nahm er trotzdem großen innerlichen Anteil. In den Telefonaten mit ihnen bediente er sich am liebsten unserer Mundart. Als sein persönlicher Referent über zwölf Jahre hatte ich das Glück, sehr eng mit Jakob Laub zusammenarbeiten zu können.

Am 7. Mai wurde Jakob Laub auf dem Friedhof in Waibstadt im engsten Familienkreis beigesetzt. Die Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie ermöglichten keine größere Teilnahme. Einen ehrenden Nachruf seitens der Landsmannschaft hielt der Ehrenvorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg Josef Prunkl, ein langjähriger Weggefährte aus Bogarosch. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben wird sich im kommenden Jahr am Todestag am Grab in Waibstadt treffen, um Abschied zu nehmen.

Jakob Laub ist nicht mehr unter uns. Sein Werk wird aber weiterleben, so lange wir als organisierter Verband die wertvollsten Seiten unserer Gemeinschaft offenlegen und pflegen. Dafür bleiben wir ihm immer dankbar.