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Was Europa ausmacht - Rumäniens Präsident Klaus Johannis besucht Bayern

Rumäniens Präsident Klaus Johannis wurde in der Bayerischen Staatskanzlei von Ministerpräsident Dr. Markus Söder und seinem Stellvertreter Hubert Aiwanger empfangen. Quelle: www.presidency.ro

Am Empfang der Präsidentin des Bayerischen Landtags Ilse Aigner für Präsident Klaus Johannis nahmen der Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Bernd Fabritius sowie die Bundesvorsitzenden der Verbände der Banater Schwaben und der Siebenbürger Sachsen, Peter-Dietmar Leber und Rainer Lehni, teil. Quelle: Bildarchiv Bayerischer Landtag | Foto Lino Mirgeler

Die Beziehungen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland haben „eine besondere Bedeutung und einen authentischen strategischen Charakter im Rahmen einer privilegierten Partnerschaft.“ Dies sagte der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis bei der traditionellen Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag am 7. Januar in Seeon. Zuvor war Johannis von Ministerpräsident Dr. Markus Söder in der Staatskanzlei in München empfangen worden. Hier nahm der rumänische Staatspräsident an einer Sitzung des bayerischen Ministerrats teil. Vor der Presse würdigte Ministerpräsident Markus Söder die guten Beziehungen zwischen Bayern und Rumänien. Am Abend des gleichen Tages empfing die Präsidentin des Bayerischen Landtages Ilse Aigner den Präsidenten im Maximilianeum zu einem Gespräch. Am anschließenden Empfang nahmen auch der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Dr. Bernd Fabritius sowie die Bundesvorsitzenden der Verbände der Banater Schwaben und der Siebenbürger Sachsen, Peter-Dietmar Leber und Rainer Lehni, teil.

In seiner Ansprache vor der CSU-Landesgruppe umriss Johannis die Vorstellungen Rumäniens bezüglich der Zukunft der Europäischen Union und gemeinsamer Prioritäten. Rumänien habe in den letzten 30 Jahren einen komplexen Weg hin zu einer demokratischen, pluralistischen Gesellschaft zurückgelegt, im Rahmen eines Gesellschaftsprojektes, das auf der Demokratisierung des Landes und, durch den EU- und NATO-Beitritt, auf der Verankerung im europäischen Wertesystem basiere. Ein positives Fazit zog Johannis hinsichtlich der rumänischen EU-Präsidentschaft: „Wir haben intensiv gearbeitet und es ist uns gelungen, ein konstantes Gleichgewicht zwischen dem schnellen Rhythmus der Veränderungen und dem Ziel, die Einheit der 27 EU-Mitgliedstaaten zu erhalten. Die Erfahrung des EU-Ratsvorsitzes, aber auch anderer Entwicklungen auf europäischer Ebene (...) haben mir gezeigt, dass, wenn wir eine einzige, einheitliche, kohärente Stimme auf der Ebene der Europäischen Union haben, wir alle Herausforderungen bewältigen können. Unsere Priorität war es, sicherzustellen, dass wir gemeinsam Prinzipien und Wirkrichtungen für ein stärkeres, einheitlicheres und bürgernahes europäisches Projekt entwickeln, das ohne Zwiespälte, konzentrische Kreise oder mehrere Entwicklungsgeschwindigkeiten funktionieren könne.“

Bezüglich der zukünftigen Entwicklung der EU forderte Johannis eine „enge Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, auch auf parlamentarischer Ebene, der politischen Familien, die sich für die Konsolidierung des europäischen Projektes einsetzen“, ferner „wieder eine gemeinsame, einvernehmliche Vision zu finden“ sowie ein „Gleichgewicht zwischen den spezifischen Realitäten aus jedem Mitgliedstaat und dem Wunsch, gemeinsam eine echte, zukunftsorientierte Union zu konsolidieren.“

Ebenso müsse die Politik sowohl „zwischen den Mitgliedstaaten Brücken bauen, als auch zwischen den verschiedenen europäischen Regionen und zwischen den Bürgern.“ Und weiter: „Wenn wir über die Zukunft der Europäischen Union sprechen, dann meinen wir die Konsolidierung der Union, die einheitliche Funktionsweise dieses Projektes und die Tatsache, dass jeder Mitgliedstaat darin seinen Platz finden muss und sich vollständig integriert fühlen soll. Was sich Rumänien wünscht, ist eine Konsolidierung des Projektes der europäischen Integration auf der Basis des Prinzips der Konvergenz und des Zusammenhalts. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Union umso stärker und relevanter wird, je stärker jeder Mitgliedstaat aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht ist. Wir brauchen auf europäischer Ebene ein konstantes Nachdenken über unsere gemeinsame Zukunft. Aus dieser Perspektive bietet die Konferenz über die Zukunft Europas, die dieses Jahr startet und auch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft stattfinden wird, eine Gelegenheit, die wir nutzen sollten, um eine Debattenplattform auf allen EU-Ebenen – auf europäischer, nationaler und lokaler Ebene – zu schaffen.“

Ausdrücklich plädierte Johannis „für die Einheit, den Zusammenhalt, die Solidarität und für den gemeinsamen europäischen Weg in den Bemühungen zur Konsolidierung des europäischen Projektes. Aus der Sicht Rumäniens sind die Hauptziele, auf die sich unsere gemeinsamen Handlungen auf europäischer Ebene orientieren müssen, mit den Verpflichtungen des EU-Gipfels in Sibiu/Hermannstadt identisch: ein vereintes Europa ohne Trennungen zwischen Ost und West, Nord und Süd; ein Europa, das den Mitgliedstaaten mehr Konvergenz und Gleichheit bietet, und das konkretere Ergebnisse für seine Bürger generiert.“

Johannis mahnte an, dass Rumänien immer noch „auf einen wohlverdienten Beschluss zum Beitritt zum Schengen-Raum“ warte, ohne den die Europäische Union nicht von einer vollen Funktionalität der Freizügigkeit sprechen könne. Diese Entscheidung müsse „Teil unseres Handelns in der kommenden Zeit sein.“

Rumänien werde sich weiterhin aktiv „für die baldmöglichste Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und der Republik Nordmazedonien einsetzen, in der festen Überzeugung des strategischen, doch auch des demokratischen, zutiefst transformativen Wertes des Erweiterungsprozesses in der Region. Die Tragfähigkeit, Attraktivität und Glaubwürdigkeit des europäischen Projekts hängen entscheidend von der starken Unterstützung für eine weitere Erweiterung der Union ab. Nur eine glaubwürdige, reale europäische Perspektive kann den Bemühungen unserer Partner um Modernisierung, Transformation und historische Versöhnung den notwendigen Impuls geben.“

Johannis schloss seine Rede in Seeon mit einem Blick auf die Brückenfunktion der rumänischen Gemeinschaft in Bayern und der Gemeinschaft der Deutschen in Rumänien. Erstere – in Bayern leben 180000 rumänische Staatsbürger – hätten es geschafft, sich zu integrieren und am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben des Landes zu beteiligen, letztere, Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, hätten ihren Beitrag zur Geschichte und zur Identität Rumäniens geleistet. Beide Gemeinschaften seien die „wirklichen Brücken in unseren Beziehungen und der wichtigste Ausgangspunkt für unseren bilateralen Dialog“.

Bei seinem Besuch im Landtag wurde Klaus Johannis von Landtagspräsidentin Ilse Aigner, den Vizepräsidenten des Landtags, vom Bundesbeauftragten Dr. Bernd Fabritius und den Bundesvorsitzenden der Verbände der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben begrüßt. Johannis trug sich im Rahmen seiner Visite unter anderem ins Ehrenbuch des Landtags ein und führte ein Vieraugen-Gespräch mit der Präsidentin der bayerischen Volksvertretung.

Aigner zeigte sich überaus erfreut über den Besuch des hohen Gastes, sie gratulierte Klaus Johannis zu seiner Wiederwahl im November des letzten Jahres und erklärte: „Es ist vielleicht wichtiger denn je, dass wir in Europa miteinander sprechen, um die großen globalen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen.“ Die Landtagspräsidentin hob insbesondere Johannis’ Einsatz für ein gelungenes europäisches Miteinander hervor: „Klaus Johannis macht sich stark für ein Europa des Wohlstands und des Wachstums – aber eben auch der Offenheit, der Toleranz, der Kohäsion und der Solidarität.“ Aigner verwies am Rande des Empfangs auf die engen politischen und wirtschaftlichen Bande zwischen Bayern und Rumänien und betonte die herausragenden Verdienste von Klaus Johannis um die Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten. So wird in diesem Jahr wieder eine Sitzung der Bayerisch-Rumänischen Regierungskommission stattfinden. Der Empfang bot Anlass zu einem Austausch über allgemeine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen.