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In Bronze gegossene Erinnerung

Silke Weisenburger trug ein Gedicht in banatschwäbischer Mundart vor; im Bild (von links) Kulturreferent Gabriel Engert, Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber, der bildende Künstler Klaus Goth, Oberbürgermeister Dr. Christian Lösel, Kreisvorsitzender Hans Metzger, Landtagsabgeordneter Alfred Grob

Der Einweihungsfeier wohnten zahlreiche Landsleute bei. Der Kreisverband Ingolstadt sowie die Heimatorts- gemeinschaften Neuarad und Sanktanna-Ingolstadt waren mit Fahnenabordnungen vertreten. Fotos: KV Ingolstadt

Am 8. November wurde am Donauufer in Ingolstadt die Erinnerungstafel Banater Schwaben feierlich enthüllt. Auf der Tafel, sie besteht aus drei Teilen, wird in einem kurzen und prägnanten Text auf die Auswanderung im 18. Jahrhundert in das Banat, die Entstehung der Gemeinschaft der Banater Schwaben und deren Aussiedlung nach Deutschland hingewiesen. Flankiert werden die drei Teile von einer stilisierten Ulmer Schachtel, auf denen die Siedler unterwegs waren.

Geschaffen wurde die Erinnerungstafel von dem Augsburger Künstler Klaus Goth, der den vom Kulturreferat der Stadt Ingolstadt ausgeschriebenen geschlossenen Künstlerwettbewerb gewonnen hatte. Fünf Entwürfe waren eingegangen, die Jury hatte sich für den nun ausgeführten Entwurf entschieden, Kultur- und Schulausschuss waren dem Vorschlag gefolgt.

Der Standort für die Erinnerungstafel, am nördlichen Donauufer unweit der Fußgängerunterführung zur Altstadt beziehungsweise zum Stadttheater, wurde bewusst gewählt, weil hier die Flussgrenze des Kurfürstentums Bayern war und dementsprechend eine Anlegestelle mit Zoll- und Mautstation stand, so Kreisvorsitzender Hans Metzger.

„Die Auswahl für den Entwurf von Klaus Goth begründete die Jury vor allem mit der großen Dynamik des Kunstwerks, seiner starken Fernwirkung und Symbolkraft und der gut dargestellten Verbindung der Ulmer Schachteln mit der Geschichte der Banater Schwaben. Dabei ist der Entwurf sehr wirkmächtig und zugleich elegant und veranschaulicht durch seine Ausrichtung den Bezug zur Donau“, erläuterte Kulturreferent Gabriel Engert den Zuschlag an Klaus Goth. Die Arbeit erstreckt sich über eine Länge von fast sechs Metern, die Tafeln sind als Bronzeguss mit braun patinierter Oberflächenstruktur gefertigt und an einer Natursteinmauer angebracht. Der Text wurde als erhobene Schrift ausgeführt. Das Bogensegment hat eine Länge von vier Metern, das Ruder ist mehr als zweieinhalb Meter lang.

Die Inschrift fasst das Gedenken konzentriert wie folgt zusammen:

„Im 18. und 19. Jahrhundert verließen rund 400000 Menschen den Westen und Südwesten Deutschlands und wanderten nach Südosteuropa aus. Die Auswanderer reisten meist auf der Donau in den ‚Ulmer Schachteln‘ über Wien nach Südosten. Auf ihrem Weg legten sie auch hier am Ingolstädter Donauufer an.

Die Auswanderer waren Pfälzer, Franken, Bayern und Lothringer. Erst im Banat wurden sie zu Banater Schwaben und kehrten als diese nach Deutschland zurück.

Aufgrund der Kriegsereignisse flüchtete 1944 ein Teil der Banater Schwaben nach Deutschland und Österreich, andere wurden zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt. 1970 setzte in der kommunistischen Zeit eine Aussiedlungswelle ein, die nach der Wiedervereinigung 1990 ihren Höhepunkt erreichte.

Die meisten Banater Schwaben ließen sich in Baden-Württemberg und Bayern nieder. Ingolstadt übernahm 1987 die Patenschaft für diese Volksgruppe in Bayern. In der Region leben rund 15000 Banater Schwaben.“

Zur feierlichen Enthüllung an dem kalten Novembertag hatten sich überraschend viele Mitglieder unserer Landsmannschaft eingefunden, was unterstreicht, welche Bedeutung unsere Landsleute diesen Zeichen der Verbundenheit im öffentlichen Raum zumessen. Oberbürgermeister Dr. Christian Lösel erinnerte in seiner Ansprache an die Geschichte der Banater Schwaben, die auf der Donau auch an Ingolstadt vorbeigekommen seien. Auch wenn der Flusslauf der Donau damals ein anderer gewesen sei als heute, „die Türme des Neuen Schlosses, der Moritzkirche oder den Pfeifenturm hatten die Siedler gesehen, ja sie hatten hier sogar gerastet, um in der Stadt ihren Reiseproviant zu ergänzen“, sagte der Oberbürgermeister. Und weiter: „Ich finde es wichtig, dass wir mit dieser Erinnerungstafel hier auf das Schicksal der Banater Schwaben aufmerksam machen.“ Lösel würdigte die Patenschaft der Stadt Ingolstadt über die Banater Schwaben und dass anlässlich des 30-jährigen Bestehens dieser Patenschaft vor zwei Jahren im Klenze-Park am gegenüberliegenden Donauufer ein „Banater Weg“ ausgewiesen worden ist. „Dieser Weg und die neue Erinnerungstafel flankieren nun auf beiden Seiten die Donau, mit der das Schicksal der Banater so eng verbunden ist“, sagte das Stadtoberhaupt. Er beglückwünschte den Kreisvorsitzenden Hans Metzger für die Initiative zur Errichtung dieser Erinnerungstafel und bekundete sein Interesse an einer Fahrt in das Banat mit den jüngeren Stadtratskollegen, damit auch sie diese Geschichte besser verstünden.

Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber dankte der Stadt und dem Kreisverband Ingolstadt für Initiative und Durchführung dieses Projektes, mit dem der Erinnerung an die Banater Bezüge der Geschichte der Stadt und ihrer Bürger Gestalt gegeben worden sei. Nachkommen der Verbliebenen und Nachkommen der Auswanderer würden nun an diesem Platz stehen und einer gemeinsamen Geschichte nachspüren. „Zur Identität gehört Geschichte, und wenn diese Geschichte eine gemeinsame ist, so wurde hier etwas geschaffen, was uns alle verbindet“, sagte Leber.

Mitgestaltet wurde die Feier von einer Bläsergruppe unter der Leitung von Anton Hartmann (Ingolstadt/ Neuarad). Ein Gedicht von Gretl Eipert in banatschwäbischer Mundart, welches unsere Geschichte thematisiert, trug Silke Weisenburger (Ingolstadt/Jahrmarkt-Überland) von der Banater Volkstanzgruppe Ingolstadt vor. Die Fahnenabordnungen des Kreisverbandes Ingolstadt, der Heimatortsgemeinschaft Neuarad und der Heimatortsgemeinschaft Sanktanna-Ingolstadt drückten durch ihre Anwesenheit die Verbundenheit der jeweiligen Gemeinschaft mit den Anwesenden bei diesem Festakt aus. Dies gilt auch für den CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Grob, der zugegen war, für den Kulturreferenten der Stadt Ingolstadt Gabriel Engert, die Mitglieder der Jury, bestehend aus Stadträten, Vertretern der Künstlerverbände und Mitarbeitern der Stadt. Sie alle erlebten mit den vielen Banater Schwaben, die zugegen waren, eine würdige Feier.

Mag nun auch die Geschichte in Bronze gegossen sein, es gibt ein lebendiges Pendant dazu, in Ingolstadt und an vielen weiteren Orten.