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Eine Reise in die Vergangenheit und Gegenwart

Erinnerungsfoto der fünfzigköpfigen Reisegruppe vor der Heimatkirche in Traunau

Gemeinde- und Kirchenvertreter empfingen die Gäste aus Deutschland nach rumänischer Tradition mit Brot und Salz.

Auf dem Friedhof in Traunau gedachten die Besucher ihrer Verstorbenen. Fotos: HOG Traunau

Eine Gruppe von fünfzig Traunauern machte sich am 31. Juli voller Erwartung und Vorfreude mit einem Bus der Firma Feil Reisen auf den Weg ins Banat. Sie alle, Frauen und Männer zwischen 15 und 86 Jahren, wollten diese Reise gemeinsam antreten, obwohl jeder aus verschiedenen persönlichen Motiven sich der Gruppe angeschlossen hatte. Hauptziel sollte natürlich Traunau sein, der Ort, wo die meisten der Mitreisenden geboren sind. Viele, teils junge Leute, die Traunau nur aus den Erzählungen der Eltern, Großeltern oder Partner kennen, wollten sehen, wo ihre Wurzeln liegen.

Auf der Hinfahrt gab es einen Zwischenstopp in Österreich, wo wir das Stift Melk besuchten und an einer Führung teilnahmen, bevor die Reise weiterging. Hinter der ungarischen Grenze stiegen wir in einem Hotel ab, um dort gemeinsam das Abendessen einzunehmen und zu übernachten. Bis in die späte Nacht hinein saßen kleinere und größere Gruppen noch zusammen und plauderten miteinander.
Durchfahren auf der Autobahn bis ans Ziel war für diejenigen, die schon lange nicht mehr oder noch nie in Rumänien waren, etwas Besonderes. Viele hatten noch die lange Fahrt auf den Landstraßen durch Ungarn, den schlechten Zustand der Straßen in Rumänien und das lange Warten an den Grenzen in Erinnerung. In Arad bezogen wir unsere Zimmer im Hotel Continental, das für eine Woche unser Domizil sein sollte.

Am 2. August, dem Tag der deutschen Wallfahrt in Maria Radna, war es selbstverständlich, dass wir Traunauer dabei sind, war es doch in der alten Heimat immer Brauch, dorthin zu pilgern. Mit Kreuz und zwei Wallfahrtsfahnen versammelten wir uns an der Maria-Lourdes-Kapelle, um den Wallfahrtstag mit Gebet und Gesang zu eröffnen. Danach zogen wir die Treppe hoch und mit dem Lied „Wir ziehen zur Mutter der Gnaden“ (mit Akkordeonbegleitung) in die Kirche ein. Höhepunkt des Tages war natürlich der feierliche Einzug des Bischofs und der zahlreichen Geistlichen sowie die Feier des Pontifikalamtes. Ein gemeinsames Pilgermittagessen auf der Terrasse des Klosters stärkte uns, bevor wir am Kreuzweg teilnahmen und damit die Wallfahrt beschlossen. Viele Erinnerungen wurden an diesem Tag wieder wach und doch war es diesmal ganz anders: Kirche, ehemaliges Kloster sowie die gesamte Anlage, alles neu renoviert, haben einen überwältigenden Eindruck hinterlassen.

Der absolute Höhepunkt der Reise war natürlich Traunau. Vor der Kirche empfingen uns traditionsgemäß mit Brot und Salz der zuständige katholische Pfarrer aus Lippa Macedon Hiticaş, der orthodoxe Pfarrer Sorin Ilota, die stellvertretende Bürgermeisterin Irina Iovan, rumänische Trachtenpaare unter der Leitung von Florica Bak und zahlreiche Ortsbewohner. Sie hießen uns herzlich willkommen, während die Kirchenglocken läuteten.

Gemeinsam zogen wir in die mit Blumen geschmückte Kirche ein und Pfarrer Hiticaş zelebrierte die heilige Messe aus Anlass des 180-jährigen Jubiläums des Gotteshauses zweisprachig. Die Sängerinnen und Sänger der Reisegruppe zusammen mit Albert Schankula an der Orgel gestalteten den Gottesdienst musikalisch.

Am Ende der Feier sprach Eckhardt Petendra, der Vorsitzende der HOG Traunau, der auch die Gesamtleitung der Reise innehatte, Dankesworte und lud alle Anwesenden zu einem Stehempfang ein. „Sommer-regen ist Gottessegen“, sagt ein altes Sprichwort und so verlegten wir kurzerhand den Stehempfang in das Kircheninnere. Einheimische und Besucher plauderten miteinander, es flossen Tränen der Freude über das Wiedersehen und alle stärkten sich an der reichlich gedeckten Tafel. Die rumänische Trachtengruppe bot ein Programm dar, das mit viel Applaus belohnt wurde. Es war ein schönes Zusammensein und ein harmonisches Miteinander.

Zu einem Aufenthalt in Traunau gehört immer ein Besuch auf dem Friedhof mit Totengedenkfeier. Für diesen Anlass hatten sechs Mitreisende ihre Instrumente mitgebracht. Zu den Klängen von „Näher mein Gott zu dir“ zog die Prozession, mit dem Kreuz voran und einem Kranz, getragen von Johann May und Helmuth Petendra, zusammen mit dem Pfarrer in den Friedhof ein. Der Chor mit Akkordeonbegleitung und die Kapelle umrahmten die gesamte von Pfarrer Hiticaş gestaltete Feier. Danach suchten alle die Gräber ihrer Familienangehörigen auf, zündeten Kerzen an, gedachten ihrer Lieben.

Es folgten Spaziergänge durch die Dorfgassen, Suchen nach Spuren der Vergangenheit, Besuche im gewesenen Elternhaus oder bei ehemaligen Nachbarn, Gespräche mit Einheimischen, die man auf der Straße traf. Es hat sich so vieles verändert. Traunau, wie es in unserer Erinnerung lebt, gibt es nicht mehr, aber vieles hat sich auch positiv weiterentwickelt.

Der nächste Tag stand zur freien Verfügung und das nutzte jeder auf seine Art und Weise. Die meisten wollten die Stadt, die sie von früher noch kannten, neu entdecken, denn Arad hat außer seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten viel zu bieten. Informationsmaterial wurde schon auf der Anreise verteilt. Einige machten einen Streifzug entlang des breiten, lang angelegten Boulevards mit den wunderschön restaurierten, unter Denkmalschutz stehenden Gebäuden aus dem 19. Jahrhundert, andere spazierten an der Uferpromenade entlang der Marosch. In den Restaurants im Stadtzentrum, in den Konditoreien als auch in den zahlreichen Lokalen am Maroschstrand fand jeder etwas Leckeres unter den vielen schmackhaften rumänischen Spezialitäten.

Am Montag, dem 5. August, brachen wir frühmorgens Richtung Temeswar auf. Zuerst besuchten
wir das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus, wo uns Direktor Helmut Weinschrott empfing und durch die Einrichtung führte. Begeistert waren wir von der Größe, der Ausstattung und der Offenheit der Einrichtung, die als soziales, kulturelles und politisches Zentrum der Banater Deutschen dient. Das Altenheim ist Wohnsitz für achtzig Landsleute, die hier ihren Lebensabend in einem deutschen Umfeld verbringen können. Erstaunt und begeistert waren alle beim Besuch des liebevoll eingerichteten Heimatmuseums im Dachgeschoss. Anschließend zeigte uns ein Reiseführer die Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Am späten Nachmittag fuhren wir über einige Dörfer auf der „Heed“, wie Sackelhausen und Billed, wo
Familie Csonti uns im Heimathaus empfing und durch die Anlage führte, sowie Alexanderhausen und Perjamosch. Über Deutschsanktpeter und Saderlach ging es zurück nach Arad. Über jede Ortschaft wurde auf der Fahrt Wesentliches berichtet und erklärt. Ein letzter Spaziergang durch die abendliche Stadt, um die herrlich beleuchteten Gebäude bei Nacht nochmals zu bewundern, schloss den Tag ab.

Für einen Einkauf am frühen Morgen auf dem reichlich bestückten Markt war vor unserer Abfahrt auch noch Zeit.

So viele gemeinsame Erlebnisse schweißen zusammen. Das merkte man während dieser miteinander verbrachten Tage immer mehr. Die Reisegruppe ist eine richtige Gemeinschaft geworden. Mit vielen neuen, schönen Eindrücken machten wir uns auf die Heimreise und alle waren sich am Ende einig: Diese Reise in die Vergangenheit und Gegenwart unserer alten Heimat bleibt unvergessen.