zur Druckansicht

„Bube, was han mer heit?“ − „Kirbai!“

Ein Höhepunkt des Festes: Versteigerung des Kirchweihstraußes und Verlosung von Hut und Tuch Fotos: Cornel Simionescu- Gruber

Premiere: Zum ersten Mal feierten die Triebswetterer „Kirbai“ in Deutschland und das ganz groß, unter Beteiligung von 29 Trachtenpaaren. Das Foto entstand nach dem Festgottesdienst in der Sankt-Anna-Kirche.

Am 22. Juni war es dann endlich soweit, als zum 25. Triebswetterer Treffen in der festlich geschmückten Oberwaldhalle in Rastatt-Rauental und zum 50-jährigen Bestehen der HOG Triebswetter zum ersten Mal „Bube, was han mer heit? – Kirbai!“ erklang. Sowohl wir, die Organisatoren, als auch die mitwirkenden Trachtenpaare – vor allem diejenigen, die zum ersten Mal die Kirchweihtracht oder jene, die nach langer Zeit erneut die Kirchweihtracht angelegt hatten – fieberten diesem Tag entgegen. Von weit und breit waren die Gäste an-gereist, um unsere „Kirbai“, wie wir Triebswetterer das Kirchweihfest nennen, nach alter Sitte und als Premiere in Deutschland zu feiern.

Nachdem die Nationalhymne und die Hymne der Banater Schwaben verklungen waren, wurde das Programm mit der Begrüßung der Gäste durch den HOG-Vorsitzenden Werner Wolf eröffnet. Als Ehrengäste wurden Werner Gilde, Beisitzer im Bundesvorstand der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Vorsitzender des Kreisverbandes Karlsruhe und der HOG Billed, sowie Patrick Polling, Vorsitzender der Jugendorganisation Deutsche Banater Jugend- und Trachtengruppen, willkommen geheißen.

Die Rede wurde mit einem kurzen Einblick in die Aktivität des Vorstandes in den letzten zwei Jahren fortgeführt, wobei die Renovierung der Kirche sowie die Pflege des Friedhofes in der alten Heimat wichtige Anliegen waren. Es folgte eine Gedenkminute für die seit dem letzten Heimattreffen verstorbenen Landsleute. Zum Abschluss seiner Rede appellierte Werner Wolf an alle Anwesenden, sich an der Bewahrung unserer traditionellen Werte zu beteiligen, damit Erlebtes und Gelebtes in der alten und in der neuen Heimat nicht vergessen werden. Den Teilnehmern wünschte er, bei dieser Triebswetterer Kirbai noch einmal das Gefühl von Dorfgemeinschaft und Zusammengehörigkeit erleben zu dürfen.

Bevor sich die Trachtenpaare zum Kirchweihumzug aufstellten, spielte die Blasmusikkappelle „Notenvagabunden“ unter der Leitung von Benno Kiefer bekannte Weisen aus dem Banat.

Von besonderer Freude und Stolz erfüllt, mit einem Lächeln im Gesicht, wie zu alten Zeiten beim Kirchweihfest im Heimatort, strahlten die 29 Trachtenpaare in den unterschiedlichsten farbenfrohen Trachten aus über 20 Banater Ortschaften sowie die drei Trachtenträger aus den Reihen der Siebenbürger Sachsen, als der Kirchweihzug von der Oberwaldhalle Richtung Sankt-Anna-Kirche marschierte. An diesem Kirchweihzug nahmen wesentlich mehr Trachtenpaare teil als im Jahre 1981, als in derselben Konstellation als erstes Geldherrenpaar Lia und Werner Wolf und als zweites Geldherrenpaar Heidi und Harald Steiner fungierten und mit dem bunt geschmückten Kirchweihstrauß vor den Musikanten den Abschluss bildeten. Der Trachtenzug wurde von zahlreichen Gästen in die Kirche begleitet. Die Bewohner von Rauental, angelockt von den wunderbaren Klängen der Marschmusik, bewunderten erstaunt den Trachtenzug – so ein Spektakel gab es vermutlich in Rastatt-Rauental bisher noch nicht.

Besonders bewegend war es für uns Triebswetterer, als vor dem Einzug in die Kirche die „Notenvagabunden“ den von Niki Huber neu vertonten „Triebswetterer Marsch“ anstimmten. Ein harmonisches Bild boten die Trachtenpaare, die sich im Mittelgang der festlich geschmückten Kirche vor dem zwei Meter hohen Roll-up mit einer Abbildung der Heimatkirche aufgestellt hatten. Nach dem Spruch der ersten Geldfrau wurde der Kirchweihstrauß gesegnet. Der Gottesdienst wurde von Kaplan Frederik Reith zelebriert. Mit seiner eindrucksvollen Predigt zog der junge Geistliche alle Anwesenden in seinen Bann. Er erinnerte daran, dass Tradition nicht das Bewahren der Asche sei, sondern das Schüren der Flamme, und brachte damit das Wesen des Festes auf den Punkt. Die Lesung und die Fürbitten wurden von Monika Wiener vorgetragen. Die musikalische Umrahmung des Gottesdienstes besorgte der Kirchenchor Banater Landsleute unter der Anleitung von Astrid Marsel an der Orgel. Nachdem die alten Kirchenlieder immer seltener zu hören sind, war es für die älteren Teilnehmer sehr ergreifend, diese Lieder, die sie immer noch im Herzen tragen, zu singen.

Nach dem Gottesdienst marschierte der Kirchweihzug, von zahlreichen Zuschauern begleitet, zum Saal zurück, und wie zu alten Zeiten wurde an jeder Ecke das obligatorische „Kirbaistickl“ getanzt. Vor der Halle, am bunt geschmückten Maibaum, warteten weitere, inzwischen eingetroffene Zuschauer, auf die Straußversteigerung. Nachdem die beiden Geldherrenpaare, wie einst in der alten Heimat auf einem Fass stehend, die Kirchweihsprüche vorgetragen hatten, wurden „Hut un Tichl“ verlost. Das Tuch ging an Magdalena Reng, den Hut gewann Ria Hager. Vor der Straußversteigerung bedankte sich der erste Geldherr bei Familie Marx, die den Rosmarin gespendet hatte, bei Gerlinde Follmer, die in stundenlanger Handarbeit über 250 Blumen und Spiegel, die den Strauß zierten, gefertigt hatte, sowie bei Elvine und Erich Oster, Krista und Roland Kessler, Monika und Heinz Wiener, die alle tatkräftig beim Schmücken des Straußes, des Maibaumes und des Saales mitgeholfen haben.

Der Höhepunkt jeder Kirbai war und bleibt die Straußversteigerung. Nach der mehrfach gestellten Frage „Wer gibt mehr?“ und den bekannten Rufen „Zum erschte Mol, zum zweite Mol, zum trink mer mol“ oder „Zum Stickl“, ließ es sich der Triebswetterer Helmut Schreiber beim „Dritte Mol“ nicht nehmen, den Strauß für seine Frau Corinna, die zum ersten Mal an einer Kirbai teilnahm, zu ersteigern. Anschließend erhielt das Paar einen Ehrenwalzer.

Erleichtert, dass bis dahin alles so gut geklappt und der Wettergott es mit den Kirchweihpaaren gut gemeint hatte, folgte der Einzug der Kirchweihpaare in den Festsaal, wo dann nach einem kurzen Aufmarsch einige Trachtenpaare mit tatkräftiger Unterstützung der Mitglieder der Karlsruher Tanzgruppe die Gemeinschaftstänze „Veilchenblaue Augen“ und „Kathiländler“ vorführten und für gute Stimmung im Saal sorgten.

Vor dem Ausmarsch der Trachtenpaare bedankte sich der HOG-Vorsitzende bei allen, die zum guten Gelingen des Treffens beigetragen haben. Sein Dank ging auch an Violeta Pundichi, die aus Triebswetter stammt, und das gesamte Team des Restaurantes „La Vio“ für die gute Bewirtung mit banatschwäbischen Speisen und Kuchenspezialitäten.

Nachdem der erste Teil des Treffens unter volkstümlichen Klängen der Blaskapelle sein Ende fand, wurde der zweite Teil des Treffens von der Gruppe „Die Palomas“ (Richard Zacharias, Siegfried Potche und Astrid Marsel) sowie Anita und Reini Merle gestaltet. Die ausgelassene Stimmung hielt bis in die frühen Morgenstunden an, die letzten Paare verließen die Tanzfläche um 2.30 Uhr.

Es war ein schönes Fest, geprägt von vielen Momenten der Begegnung mit Freunden, neuen und alten Bekannten, die unser Leben bereichern. Dass viele Gäste beim Abschied zum Ausdruck brachten, dass es ein gelungenes Fest gewesen sei und es sich gelohnt habe, zum Heimattreffen nach Rastatt zu kommen, zeigte den Organisatoren, dass sich jede Anstrengung lohnt. Die HOG will auch in Zukunft nichts unversucht lassen, weitere Treffen zu organisieren, um die Tradition und die Gemeinschaft so lange wie möglich am Leben zu erhalten.

Um die Eindrücke dieses besonderen Tages sowie die Vielfalt der bunten Trachten festzuhalten, wurden zahlreiche Fotos und Videos gemacht. Die Fotos von der Kirbai, aufgenommen von Cornel Simionescu-Gruber, wurden auf der Homepage unter www.hog-triebswetter.de veröffentlicht. Videoaufnahmen von Ottmar und Theresa Liep sowie Holger Giel werden zu einer CD zusammengetragen und können demnächst erworben werden. Interessenten können sich diesbezüglich bei Familie Wolf unter Tel. 07222 / 17173 melden.

Fünfzig Jahre HOG Triebswetter – das sind fünfzig Jahre Arbeit für den Zusammenhalt der Landsleute, fünfzig Jahre Bemühen um die Wahrung der Traditionen, fünfzig Jahre des Strebens nach Erhalt und Fortbestehen der Gemeinschaft.

Wir würden uns freuen, alle zum nächsten Triebswetterer Treffen am 12. Juni 2021 in Rastatt begrüßen zu dürfen.