zur Druckansicht

Klein, aber fein

Teilnehmer am Brauchtumsseminar des Landesverbandes Bayern zusammen mit den Referenten. Foto: Petra Kratzer

Unter Anleitung von Josef Hügel konnten sich die Kinder und Jugendlichen am „Worschtmache“ versuchen. Foto: Sven Konschitzky

Wurst machen, Hutschmuck basteln, Haare flechten, tanzen, singen, kochen, gut essen, Fußball und Klavier spielen – all das schafft man in anderthalb Tagen.

„Wir können uns ein Zimmer aussuchen“, riefen unsere Jüngsten begeistert. Denn Platz war diesmal genügend da. In einer kleinen, aber feinen gemütlichen Runde trafen sich am 24. und 25. November 2018 in Bad Wurzach 25 Teilnehmer beim Brauchtumsseminar des Landesverbandes Bayern der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Nachdem dieses Seminar in den letzten Jahren etwas eingeschlafen war, lud der Landesverband Bayern alle bayerischen Tanzgruppen wieder zu einem kreativen Wochenende ein. Dem Ruf folgten einige Kinder, Jugendliche und Erwachsene der Tanzgruppen Augsburg und München – obwohl sich die meisten bereits drei Wochen zuvor am selben Ort beim Brauchtumsseminar der DBJT gesehen hatten.

In fast schon familiärer Runde fand, souverän und witzig geleitet von Sven Konschitzky, ein Intensivkurs Walzer und Polka statt, bei dem alle – Klein wie Groß – die Grundschritte verfeinerten und speziell auf die Haltung achteten. Im Anschluss daran wurden die Gemeinschaftstänze zur Freude aller wiederholt.

Zu einer Tracht gehört auch die richtige Frisur. Katharina Schlapansky zeigte unermüdlich und trickreich, wie man schöne Flechtfrisuren hervorzaubert. Das durften dann auch alle ausprobieren. Alle? Ja richtig, auch die Jungs waren an der Reihe. Besonders Andreas von der Tanzgruppe München zeigte sich motiviert: „Bei gemeinsamen Auftritten, wie zum Beispiel dieses Jahr in Prag, müssen alle beim Anlegen der Tracht mithelfen. Und warum sollten da die Jungs nicht auch Haare flechten können?“ Am Ende hatten die meisten Damen, egal ob mit kurzem oder langem Haar, „wunnerscheen geflochteni Zepp“.

Zwischendurch belagerten die Kleinsten – Jonas (6), Hanna (8) und Sarah (10) – das Klavier und gaben ihr Können zum Besten. Oder es versammelten sich die Sportlichen zum spontanen „Hallenfußballspiel“ im Gruppenraum. Unser Harald drückte da mal auch ein Auge zu, wenn wir uns dadurch etwas verspätet zum Kurs einfanden…

Einige Teilnehmer sahen an diesem Tag zum ersten Mal, wie im Banat „de Worscht“ gemacht wurde und es teilweise heute noch gemacht wird. Jeder durfte fleißig Hand anlegen. So wurde zunächst das Fleisch von der Schwarte getrennt und kleingeschnitten. Danach kam es in den Fleischwolf. Während einige das Fleisch mahlten, wogen die anderen Salz, Paprika, Pfeffer und Knoblauch ab. Das genaue Rezept hat Josef Hügel, der Referent, zum Nachmachen weitergegeben. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle! Nun mussten die Gewürze und das gemahlene Fleisch gut vermengt werden, wobei voller Körpereinsatz gefragt war. Manch einer landete beinahe komplett in der Waschschüssel, die als Mischbehälter diente. Am Ende galt es noch die Masse in Därme zu füllen und fertig war die selbstgemachte Wurst. Diese durften wir dann unmittelbar zum Abendessen probieren. Und sie schmeckte lecker.

Ein wenig feinmotorischer ging es dagegen beim Hutschmuckbasteln zu. Aus Blumen, Blättern, Perlen, Spiegeln usw. kreierten die Teilnehmer Schmuck für „die Kerweihhiet“ der Herren und Trachtanstecker. Mitgebrachte Hüte wurden verschönert oder komplett neu „geputzt“. Anton Wittmann, dem die Begeisterung für das Hutschmuckbasteln ins Gesicht geschrieben stand, riss mit seinem Elan alle mit. Er gab viele Tipps und Ratschläge und hielt Unmengen an Materialien bereit, worauf jeder Bastelladen neidisch wäre.

Die vierköpfige Kochgruppe, bestehend aus jeweils zwei Augsburger und Münchner Damen, unter der Regie von Gertrude Hügel, fand sogar Zeit, bei dem einen oder anderen Kurs mitzumachen. Das Essen hat nicht darunter gelitten – ganz im Gegenteil: Es wurde mit noch besserer Laune zubereitet.

Nachdem wir uns den ganzen Tag aktiv an den Kursen beteiligt hatten, durften wir abends einem sehr interessanten Vortrag von Walther Konschitzky über die Kirchweih im Banat lauschen. „Kerweih ist ein Phänomen“, sagte er. Jedes Dorf habe dieses Fest anders gefeiert, jedes hatte andere Traditionen, die sich im Laufe der Zeit verändert haben, und doch sei es das gleiche Fest, gefeiert von unseren Vorfahren im Banat, ja sogar im Bărăgan, und bis heute fortgeführt. Eindrucksvolle Bilder untermalten den Vortrag, nach dem wohl jeder von uns stolz war, dieses Fest schon miterlebt zu haben.

Später am Abend erholten wir uns alle von diesem ereignis- und lehrreichen Tag beim gemeinsamen Singen alter, bekannter Lieder und beim Schwelgen der Erwachsenen in Erinnerungen bei einem Glaserl Wein.

„Klein, aber fein“ – das war die einstimmige Meinung zu diesem Seminar. Viel zu schnell ging das Wochenende vorüber, doch Harald Schlapansky hat, stellvertretend für den Landesverband Bayern, versprochen: „Das wiederholen wir“. Und wir freuen uns schon darauf.

(Jugendtrachtengruppe Augsburg)