Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.

Die Heimat bleibt tief ins Herz geschrieben

Herta Marconi, geborene Sauer, nahm ihren 80. Geburtstag zum Anlass, ihr Leben im Rückblick zu betrachten. Sie schrieb nieder, was ihr erinnerungswürdig schien – der eigene Werdegang, die Geschichte ihrer Familie und das (vor allem kulturelle) Leben der deutschen Gemeinschaft in Lippa, das sie aktiv mitgestaltete. Entstanden ist ein reich bebildertes Buch mit 210 Seiten, das den Titel trägt „Erinnerungen an die alte Heimat Lippa im Banat und Leben in der neuen Heimat Deutschland“. Herta Marconi hat damit ein autobiografisches Erinnerungsbuch, eine Familienchronik auf lokalgeschichtlichem Hintergrund vorgelegt. Die Aufzeichnungen sind deshalb nicht nur für ihre Nachkommen bestimmt, sie dürften ebenso das Interesse ihrer Landsleute wecken, die sich – wie die Autorin – mit Lippa nach wie vor eng verbunden fühlen.

Räumlich gesehen vollzog sich Herta Marconis Leben – wie das aller ausgesiedelten Landsleute – in zwei großen Abschnitten, die schon im Titel angedeutet werden. Die Zeit in der alten Heimat, die sich in ihrem Falle über ein halbes Jahrhundert erstreckte und im Wesentlichen in Lippa abspielte, war gesellschaftlich und kulturell prägend. Auch wenn die Aussiedlung eine Zäsur darstellte und einen neuen Lebensabschnitt einläutete, war die Heimat als unsichtbares Gepäck mitgewandert. Denn Erlebnisse und Erinnerungen, Erfahrungen und Prägungen lassen sich nicht einfach abstreifen wie ein altes Kleidungsstück. Aus dieser Erkenntnis heraus hat die Autorin folgende Verse von Jakob Wolf ihrem Buch vorangestellt: „Wer die Heimat kannte / die ich Heimat nannte / der vergisst sie nie / tief ins Herz geschrieben / ist sie ihm geblieben / eine Herzensmelodie“.

Diese Herzensmelodie schwingt in dem Buch mit, vielleicht auch, weil es sich bei Herta Marconi um eine musisch begabte Person handelt, die Musik und Gesang von Kindertagen an begleiteten. Sie sang bei Schulfeiern und später in dem von Peter Kleckner geleiteten Lippaer Kirchenchor, studierte parallel zu ihrer beruflichen Tätigkeit – die Absolventin der Lenau-Schule war viele Jahre als Bilanz- beziehungsweise Chefbuchhalterin am Landwirtschaftslyzeum in Lippa beschäftigt – drei Jahre an der Arader Musikschule Gesang und trat bei den von Kleckner organisierten Konzerten als Solistin auf. Etliche Buchseiten sind dem von ihr geschätzten Musikpädagogen, Kirchenmusiker, Chorleiter und Komponisten Peter Kleckner (1916-1998) und dessen herausragenden Rolle im Kulturleben der Stadt Lippa gewidmet. Herta Marconi war Teil dieses regen und in der damaligen Zeit einzigartigen musikalischen Geschehens, das sie 1999 in einem kleinen Büchlein mit dem Titel „Auf Flügeln des Gesanges“ dokumentiert hat.

Da Lippa noch nicht über ein Heimatbuch verfügt, sind die geschichtlichen Erläuterungen besonders begrüßenswert. Die Autorin strebt keine systematische und exhaustive Ortsgeschichte an, sondern geht darauf mal knapper, mal ausführlicher ein, wobei sie vor allem die deutsche Gemeinschaft im Blick hat, die einst 1600 Seelen zählte und heute auf etwa 80 zusammengeschrumpft ist. Zitiert wird aus der Historia Domus, die bedeutende örtliche Ereignisse chronikartig festhält, und aus Erlebnisberichten ehemaliger Russlanddeportierter, die die ganze Dramatik jener Zeit eindrücklich vor Augen führen. Von der Brauchtums- und Traditionspflege der Deutschen in Lippa künden die vielen Kirchweihbilder, die sich zu einer beeindruckenden Fotodokumentation fügen.

Der letzte Teil des Buches, der Zeit ab 1991 gewidmet, als die Familie aussiedelte und sich in Bad Krozingen niederließ, hält vorwiegend – aus meiner Sicht zuviel – Privates in Wort und Bild fest, beschreibt aber auch das Wurzelfassen in der neuen Heimat und die damit verbundene Ausweitung des sozialen Umfelds und gewährt darüber hinaus einen kurzen Einblick in die knapp 30-jährige Geschichte der Heimatortsgemeinschaft Lippa, in deren Vorstand sich Herta Marconi viele Jahre engagiert hat.

Interessenten können das Buch bei der Vorsitzenden der HOG Lippa, Elisabeth Michelbach, unter Tel. 07221 / 180640 bestellen.