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Rekasch: Besonderheiten einer Glaubensgemeinschaft

Zum 100-jährigen Bestehen der Rekascher Kirche brachte die Heimatortsgemeinschaft Rekasch eine viersprachige Jubiläumsschrift heraus.

Bürgermeister Pavel Teodor bei der Festrede; im Hintergrund die Votivtafel. Foto: Klaus Krekel

„Zahvalnost“, „Dankbarkeit“, „Hála“, „Recunoştinţă“ bedeutet dasselbe. Und dennoch steht es für vier ethnische Gruppen, die alle in derselben Kirche an den Gottesdiensten teilnehmen, Taufe, Kommunion und Hochzeit feiern und den letzten Segen gespendet bekommen. Warum aber ist diese Kirche so anders, als alle anderen Banater Dorfkirchen?

Bereits im 14. Jahrhundert wird der Ortsname „Rykas“ das erste Mal dokumentarisch attestiert. Damals siedelten – laut Josef Stitzl (Aus der Vergangenheit und Gegenwart der Großgemeinde Rekasch, Temeswar 1924) – Bulgaren in der Nähe des Flusses (rijeka), im 17. Jahrhundert folgten dann schokatzische Siedler. Nach der Befreiung des Banats von der osmanischen Herrschaft (1718) und der Besiedlung durch das Habsburgische Reich festigten zunächst Franziskanermönche mit slawischen Namen den katholischen Glauben im Ort (1721), die ersten deutschen Siedler zogen 1724 hinzu und verlegten ihre Häuser schließlich ab 1740 auf die nördlich gelegenen Hügel der inzwischen kanalisierten, doch schwer kontrollierbaren Bega. Das ist das Jahr, aus dem erste Matrikelbücher erhalten sind, in dem eine erste Holzkirche sowie die ersten Siedlerhäuser errichtet wurden. 1769 übernahm Pfarrer Georg Palzer den Bau der alten Steinkirche und 1777 die Einweihung des ersten Teils des heutigen katholischen Friedhofs. Der Ort nahm zu, Wirtschaft und Infrastruktur gediehen, das Vereinswesen blühte auf und die Weinkultur gewann an Tradition. Mit der Eingemeindung der umliegenden Dörfer wurde Rekasch 1871 eine Großgemeinde. 1899 entstand unter ungarischer Regentschaft ein neues Viertel mit ungarischen Zuwanderern, 1918/19 kam es zum Anschluss des Ostbanats an Rumänien und in den Folgejahren zur Ansiedlung rumänischer Volkszugehöriger.

Trotz der Auswanderungswelle nach Amerika und den Verlusten im Ersten Weltkrieg lebten Anfang des 20. Jahrhunderts etwa 1800 Deutsche in Rekasch. Zusammen mit den hinzugezogenen Ungarn und den Schokatzen ergab dies eine große Zahl an katholischen Gläubigen, weswegen unter Dechantpfarrer Johann Koleszár die Errichtung eines neuen Gotteshauses in die Wege geleitet wurde. Im März 1914 begannen die Bauarbeiten zur imposanten Kirche im neugotischen Stil, die sich durch die Kriegswirren sowie Finanz- und Baumaterialienmangel verzögerten. Namhafte Architekten, Baumeister und Ingenieure planten und betreuten das Bauprojekt. Am Gründonnerstag des ereignisreichen Jahres 1918 schließlich kam es zur feierlichen Weihe, wobei die Festmesse viersprachig gehalten wurde.

Obwohl das Kameralamt nur einen Teil der Kosten trug und die Gemeinde für den Rest aufkommen musste, kam es zu einer prächtigen Ausstattung: Altäre und Kommunionsbank sowie die Kirchenorgel wurden gespendet, die ästhetisch bemalten Kirchenfenster tragen sogar noch die Namen ihrer Mäzene bzw. stellen Johannes den Täufer als Schutzpatron der Kirche dar, Kreuzweg-Bildnisse sowie zahlreiche Heiligenfiguren schmücken den Innenraum. Über die Ortsgrenze hinaus bekannt ist der Altar der „Schwarzen Maria“, um den sich zahlreiche Legenden ranken. Tatsache ist, dass bereits seit 1746 Wallfahrten zu dieser Statue bekannt sind. 1927 ließen Zigeunermusiker aus der Temeswarer Fabrikstadt einen schönen Seitenaltar für ihr Völkchen erbauen. An der Treppe des Hauptportals erinnert ein Gedenkstein symbolisch an die alte, nach Osten aus-gerichtete Kirche. Die Außenanlage wird gesäumt von der Dreifaltigkeitssäule, die ungarische Siedler 1904 stifteten, und dem Heldendenkmal, welches 1921 zu Ehren aller im Krieg gefallenen Rekascher errichtet wurde. Auch der Friedhof wurde in dieser Zeit erweitert und bekam 1912 zwei ansehnliche Jugendstilkapellen.

Detailliertere Hinweise zur Kirche mit zahlreichen Abbildungen finden sich in der von der Heimatorts-
gemeinschaft Rekasch erstellten broschierten Festschrift zur Hundertjahrfeier. Das Besondere an dieser Broschüre jedoch ist, dass sie in allen vier Sprachen der Kirchengemeinde gehalten ist, was einer ziemlich aufwändigen Übersetzungsarbeit bedurfte.

Aus Anlass dieses Festes unternahmen etwa 40 ehemalige Rekascher Anfang September eine Busreise ins Banat, worüber in der vorigen Ausgabe berichtet wurde. Neben dem wundervollen Empfang durch die dortige Gemeinde und der viersprachigen Festmesse, zelebriert von Pfarrer Anton Butnaru sowie dem Generalvikar des Temeswarer Bistums, Monsignore Johann Dirschl, neben zahlreichen Hommagen seitens des Bürgermeisters und der HOG wurde auch eine Votivtafel geweiht, die auf die Vielsprachigkeit und zugleich die Multikulturalität des Ortes hinweist. Und für dieses Erbe der Rekascher, das uns viel Toleranz und Offenheit bescherte, sagen wir heute „Zahvaliti“, „Köszönem“, „Mulţumesc“ und „Danke“.