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Deutsche aus und in Rumänien auf der europäischen Bühne

Europaabgeordneter Siegfried Mureşan mit Gattin Cătălina Manea (von rechts), DFDR-Vorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr und Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber mit Gattin Hiltrud bei der Veranstaltung im Europäischen Parlament Foto: Banater Post

Der deutsche Botschafter in Bukarest Cord Meier-Klodt in Brüssel

Wenn Mitarbeiter und Besucher des Europaparlaments in Brüssel sich nach den Klängen von Banater Blasmusik orientieren, die durch weite Säle und lange Fluren hallt, muss schon was Besonderes anstehen. Am Abend des 27. Juni war das die Eröffnung der Wanderausstellung über die deutsche Minderheit in Rumänien, erstellt vom Demokratischen Forum der Deutschen und der Deutschen Botschaft in Rumänien, die mit einem abwechslungsreichen Begleitprogramm einherging. Dazu eingeladen hatte der rumänische Europaabgeordnete Siegfried Mureşan (PNL) von der Fraktion der konservativen Volksparteien.

Mureşan, der einer deutsch-rumänischen Familie aus Hunedoara entstammt, hatte beim diesjährigen Heimattag der Banater Schwaben in Ulm eine auffallende Ansprache gehalten, in der er das europäische Wirken der Banater Schwaben unterstrich. Sein Werben für Europa, das es zu beschützen gilt, führt den Abgeordneten immer wieder in die Schulen Rumäniens. Deshalb waren an diesem Tag drei Schülergruppen der Lyzeen „Nikolaus Lenau“ aus Temeswar, „Johannes Honterus“ aus Kronstadt sowie „Samuel von Brukenthal“ aus Hermannstadt zu Gast, die sich einen zweitägigen Aufenthalt in Brüssel anlässlich eines Video-Wettbewerbs zum Thema „Dein Europa“ erarbeitet hatten.

Neben diesen Schülern traten zahlreiche Kulturbotschafter aus den multiethnischen und multikulturellen Räumen Banat und Siebenbürgen auf. Der Bach-Chor aus Kronstadt unter der Leitung von Steffen Schlandt trug geistliche und weltliche Lieder auf höchstem Niveau vor. Darunter auch „Siebenbürgen, Land des Segens“ in Deutsch und Rumänisch. Im Chor wirken Siebenbürger Sachsen, Rumänen und Ungarn mit. Der Chor besteht seit 1933 ununterbrochen. Es gibt auch einen jungen Bach-Chor, der aus 20 Sängern besteht. Sie sind Angehörige sechs verschiedener Konfessionen und sprechen drei verschiedene Muttersprachen. Musik verbindet.

Dass auch Tanz, Volkstanz, verbindet unterstrichen die Mitglieder der Tanzgruppe Banater Rosmarein, die von der Vorsitzenden des Demokratischen Forums der Deutschen in Temeswar, Edith Singer, begleitet wurden. Die Jugendlichen tanzen schwäbische Volkstänze, besuchen deutschsprachige Schulen. Einige haben deutsche Vorfahren, andere nicht, aber neben der Freude am Tanz ist es ihnen bewusst, dass sie im Banat ein großes Erbe verwalten und es nun zum ersten Mal in Brüssel auf die europäische Bühne gebracht haben. Im Alltag gehen sie in die Schule, studieren, viele im europäischen Ausland, aber die Mitgift aus dem Banat ist ihnen bewusst. Ihre Trachten wurden mit einem Kleinbus von Temeswar nach Brüssel gefahren, sie saßen akkurat, die Schritte passten.

Die Ausstellung „Die deutsche Minderheit in Rumänien“ dokumentiert umfassend auch die Situation der nach 1989 in Rumänien verbliebenen Deutschen. Sie werden gefördert und gefordert, sie sehen sich „als Katalysator“, so Forumsvorsitzender Dr. Paul-Jürgen Porr. Sie beschleunigen, sie mobilisieren und sie bleiben bestehen. „Hier, in Brüssel“, so Dr. Porr, „wollen wir die Tatsache hervorheben, dass die europäische Idee des friedlichen, interethnischen und interkonfessionellen Zusammenlebens Jahrhunderte überdauert hat. Unsere Minderheit erfüllt auch eine Brückenfunktion zwischen Rumänien und den deutschsprachigen Ländern in Zentraleuropa und jeder deutschsprachige Politiker sagt dies, wenn er oder sie über uns spricht. Für manche mag es nur ein Slogan sein, aber wir versuchen, diese Worte mit Leben zu füllen“, so der DFDR-Vorsitzende.

Lobende Worte für den Abgeordneten Mureşan, die deutsche Minderheit und die Vorstellung ihres
Erbes in Brüssel sprach der deutsche Botschafter in Bukarest Cord Meier-Klodt aus. Der aktuelle zeitliche Kontext biete die Chance zu zeigen, dass Rumänien mit seinen zwanzig autochthonen Minderheiten eine kleine EU vor ihrer Zeit gewesen sei. Auch wenn die deutsche Minderheit in Zahlen nur noch ein Bruchteil dessen sei, was sie einmal gewesen ist, sei ihr Erbe omnipräsent und lebe weiter. „Die großen Wirtschaftszentren, die Kernpunkt auch des deutschen Wirtschaftsengagements sind, sind da, weil es dort auch eine deutsche Kultur gab. Die deutschen Schulen und die deutschsprachigen Universitätsstudiengänge sind gefragt, die duale Berufsausbildung fasst langsam Fuß und das Kulturerbe wird gepflegt. Insgesamt besteht in meinem Gastland eine Nachfrage nach deutschen und europäischen Werten und diese verkörpert eben auch das Erbe der deutschen Minderheit“, so Botschafter Meier-Klodt.

Abgeordneter Mureşan nutzte die Anwesenheit der jungen Gäste aus Rumänien, aber auch der vielen Ehrengäste aus Politik, Gesellschaft und Verwaltung, um über Perspektiven europäischer und rumänischer Politik in Europa zu sprechen. Er würdigte den Beitrag der deutschen Minderheit zur Großen Vereinigung Rumäniens, aber auch ihre aktuelle Bedeutung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft des Landes. Im ersten Halbjahr 2019 hat Rumänien zum ersten Mal die EU-Ratspräsidentschaft inne, die europäischen Staats- und Regierungschefs werden sich am 9. Mai in Hermannstadt treffen und Hermannstadt als europäische Stadt wahrnehmen.

An der feierlichen Veranstaltung in Brüssel nahmen zahlreiche Ehrengäste teil, darunter auch der Bundesvorsitzende unserer Landsmannschaft Peter-Dietmar Leber mit Gattin, der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland Rainer Lehni mit Gattin, der Geschäftsführer des Forums Benjamin Józsa aus Hermannstadt.

Dass unter dem Begriff Banat auf den zweiten Blick doch viele Gemeinsamkeiten zu finden sind, zeigten manche Begegnungen am Rande der Feier. Eine Banater Schwäbin war zugegen, die bei der EU-Kommission in Brüssel arbeitet, ein aus Ulm stammender Beamter berichtete über seine Fahrrad-Erkundungen im Banat und die Temeswarer Forumsvorsitzende über ihre Jugendlichen, die jetzt überall in Europa studierten. Brüssel sollte ein Auftakt sein, da waren sich die Gesprächspartner einig.