zur Druckansicht

Chorkonzert trifft den Geschmack des Publikums

Ein Glanzstück unter den Veranstaltungen beim diesjährigen Heimattag war das von der Donauschwäbischen Singgruppe Landshut unter der Leitung von Reinhard Scherer dargebotene Konzert. Foto: Karin Bohnenschuh

Was macht einen guten Chor aus? Etwas laienhaft und verkürzt aus-

gedrückt, könnte man sagen: gute, geschulte Stimmen, die unter Anleitung eines fachkundigen Dirigenten zu einem homogenen Chorklang verschmelzen und das Wesen der Musikstücke in einer Weise präsentieren, die das Publikum bewegt und begeistert. Um es vorweg zu nehmen: Die Donauschwäbische Singgruppe Landshut bringt alle Eigenschaften mit sich, die einen guten, ja ausgezeichneten Chor ausmachen. Die Sängerinnen und Sänger und nicht minder ihr beherzter Dirigent Reinhard Scherer sprühen regelrecht vor Begeisterung für die Musik. Davon konnten sich die zahlreichen Besucher überzeugen, die am Vorabend des diesjährigen Heimattages in Ulm dem Konzert der Landshuter Singgruppe im Donauschwäbischen Zentralmuseum beiwohnten. Die Begeisterung der Chorsänger sprang auf das Publikum über, zumal die Singgruppe auch noch mit einem ansprechenden, abwechslungsreichen Repertoire aufwartete, das volkstümliche, klassische und moderne Stücke umfasste.

Mit dem Volkslied „Grüaß enk Gott“ begrüßte der Chor sein Publikum, wonach zwei wunderschöne, einfühlsam und ausdrucksvoll vorgetragene Stücke folgten: das schwäbische Volkslied „Da unten im Tale“ in einer von Johannes Brahms bearbeiteten Version sowie die englische Weise „Lang, lang ist’s her“, deren Melodie und Text von Thomas Haynes Bayly stammen.

Passend zum Motto des großen Pfingsttreffens „Heimat erfahren und bewahren“, legte der Chor im ersten Teil des Programms den Schwerpunkt auf Stücke aus dem reichen Banater Liederschatz – ein wichtiger Teil unseres kulturellen Erbes, den es zu pflegen und zu bewahren gilt. Zur Einstimmung trug Hildegard Grimm das Gedicht „Heimat“ von Wolfgang Federau vor. Mit den Versen des Danziger Dichters kann sich jeder identifizieren, der seine Heimat verloren hat: „So weit kannst du ja gar nicht gehen, / dass du sie einmal ganz vergisst. / Ihr Bild wird dir vor Augen stehen, / wo du auch immer weilst und bist. // So sehr kannst du ihr nicht entgleiten, / dass dieses letzte Band zerreißt. / Weil, wo auch immer du magst schreiten, / ein Pfeil steht, der ... zur Heimat weist.“

Das Instrumentalstück „Das Haus an der Kirche“, aus der Feder des
Reschitzaer Musikpädagogen und Komponisten Rolf Busch (1942-2011) stammend und virtuos von Beatrix Erndt (Klavier), Alexandra Scherer (Geige) und Edwin Schreiber (Klarinette) interpretiert, weist einen Bezug zu den Anfängen des heutigen Chors auf. Dieser entstand nämlich aus einer Gruppe von Wanderfreunden, die bei gemeinsamen Urlauben den Gesang pflegten. Eines der Urlaubsziele war das Bergdorf Gries im österreichischen Ötztal. Dort stehe auch das von Rolf Busch musikalisch verewigte Haus an der Kirche, verriet Moderator Roland Frick. Es könne als Keimzelle des heutigen Chors bezeichnet werden.

Die beiden folgenden Stücke,  „Mein Liebchen“ (Text: Hans Mokka, Melodie: Heinz Wenrich) und „Wenn mei Diandel“ (Volkslied, Satz: Franz Stürmer), beeindruckten – wie übrigens alle an diesem Abend dargebotenen Lieder – durch gesangliche Präzision und ausdrucksstarke Interpretation. Heinz Wenrich (1911-2007) wirkte als Lehrer für Blechblasinstrumente in Temeswar und Reschitza und wurde vor allem mit seiner „Pipatsch-Kapelle“ bekannt. Ebenfalls in Temeswar und Reschitza war Franz Stürmer (1913-1983) als Musiklehrer und verdienter Chorleiter tätig. Mit seinen Chören, die zahlreiche Auszeichnungen erhielten, trug er auch eigene Stücke und Volksliedbearbeitungen vor.

Großen Anklang beim Publikum fanden die beiden aus der Feder von Erich G. Gagesch stammenden Lieder „Dort driwe in dr Kleenheislergass“ und „Schwowetanz“ (Text: Hans Wolfram Hockl). Der heute in Singen lebende, hier und in der Schweiz als Organist und Chorleiter tätige Musiker (Jahrgang 1952) wuchs in Siebenbürgen und im Banat auf und wirkte von 1971 bis 1977 als Kirchenmusiker in Großsanktnikolaus. Vor allem das erste Lied erntete tosenden
Applaus, nicht zuletzt wegen des gefühlvollen Solos von Alexandra und Reinhard Scherer. Die Zuhörer forderten und bekamen eine Zugabe.

Für Abwechslung sorgten dann die beiden „Stickle“ in banatschwäbischer Mundart von Johann Szimits, vorgetragen von Heidi Hillebrand, und die flotte „Nisslalm Polka“, ein Instrumentalstück von Rolf Busch, dargeboten von dem Trio Erndt / Scherer / Schreiber. Mit dem Lied „’s Herz“ von Friedrich Silcher und dem von Emmerich Bartzer arrangierten Volkslied „Zwa Sterndlan“, das mit Instrumentalbegleitung vorgetragen wurde, endete der Banater Programmteil. Friedrich Silcher (1789-1860) war Musikdirektor in Tübingen und gilt als einer der wichtigsten Protagonisten des Chorgesangs. Diesem widmete sich auch der in Lovrin geborene und viele Jahre in Hatzfeld tätige Musikpädagoge, Dirigent und Komponist Emmerich Bartzer (1895-1961).

Im zweiten Teil des Konzertes setzte die Landshuter Singgruppe ihre musikalische Reise mit modernen Liedern fort. Das wunderschöne Lied „Weit, weit weg“ des Österreichers Hubert von Goisern wirkte auf das Publikum ebenso eindrucksvoll wie Tom Astors Hit „Freunde“, der mit Instrumentalbegleitung und Sologesang von Alexandra und Reinhard Scherer zu Gehör gebracht wurde, oder die alpenländische Pop-Ballade „Übern See“ von Lorenz Maierhofer. Große Begeisterung löste der Titel „Dies Lied ist für dich“ aus. Dem Song des erfolgreichen Texter- und Komponistenduos Joachim Horn-Bernges / Oliver Statz verhalf der britische Sänger Roger Whittaker zu hohem Bekanntheitsgrad. Für den Solopart des Chordirigenten gab es lang anhaltenden Beifall und Zugabe-Rufe.

Zum Schluss präsentierte der Chor das Lied „Überall auf der Welt scheint die Sonne“ nach dem berühmten „Gefangenenchor“ aus Giuseppe Verdis „Nabucco“, die Volksweise „Hopsa, Schwabenliesel“ (Satz: Walter Michael Klepper) und das von Johannes Brahms vertonte Volkslied „Erlaube mir, feins Mädchen“. Mit dem Lied „Pfiat enk Gott“ verabschiedete sich die Singgemeinschaft von ihrer dankbaren Hörerschaft. Dem Applaus sowie den Zugaberufen nach zu urteilen, hatte sie deren Geschmack getroffen. Das Konzert des Landshuter Chors war ein Glanzstück unter den Veranstaltungen beim diesjährigen Heimattag der Banater Schwaben.