Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.

Gemeinsam gut aufgestellt für die Zukunft

Der Chor der Donaudeutschen Landsmannschaft Frankenthal unter der Leitung von Katharina Eicher-Müller überbrachte zu Beginn der Verbandstagung einen musikalischen Gruß. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

An der diesjährigen Verbandstagung in Frankenthal nahmen rund 150 Funktionsträger unserer Landsmannschaft aus den Landes- und Kreisverbänden sowie den Heimatortsgemeinschaften teil. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Das alljährliche Treffen der Vorsitzenden der Landes- und Kreisverbände sowie der Heimatortsgemeinschaften in Frankenthal hat Tradition. Neben der Freude an der Begegnung ist es aber vor allem der Austausch von Erfahrungen und Ideen untereinander und der direkte Kontakt mit dem Bundesvorstand zum Ansprechen grundsätzlicher Anliegen, was das Treffen so wertvoll macht.

Bei seiner Begrüßung stellte HOG-Sprecher Franz Schlechter mit Freude fest, dass die Vertreter aus allen Landesteilen sehr zahlreich zur Verbandstagung erschienen waren. Einen musikalischen Gruß brachte in bewährter Manier der Chor der Donaudeutschen Landsmannschaft Frankenthal unter der Leitung von Katharina Eicher-Müller. Das Grußwort der Stadt Frankenthal sprach in Vertretung des Oberbürgermeisters der Beigeordnete Bernd Knöppel. Er wies darauf hin, dass ab den fünfziger Jahren viele Flüchtlinge nach Frankenthal gekommen sind, im Jahr 1961 hätten sie ein Drittel der Stadtbevölkerung gestellt. Die Probleme, die sich dadurch ergaben, konnten durch Zusammenhalt und gemeinsames Anpacken gelöst werden. Heute erlebt die Stadt Frankenthal die Donaudeutschen, zu denen auch die Banater Schwaben gehören, als Bereicherung. Durch das aktive Vermitteln von Brauchtum verbinden sie Vergangenheit und Gegenwart, gleichzeitig nehmen sie in vorbildlicher Weise am öffentlichen Leben der Stadt teil.

Aus aktuellem Anlass (100 Jahre seit dem Ende des Ersten Weltkriegs) war der Vortrag des Historikers Josef Wolf der Situation der Banater Schwaben 1918 gewidmet, eine Zeit der Ungewissheit, die schließlich mit der Teilung des Banats endete. Der Vortrag befasste sich mit den Folgen des Zusammenbruchs der Österreichisch-Ungarischen Monarchie für das Banat und vor allem für die banatschwäbische Bevölkerung. Eine sehr kurze Zeit bestand die „Banater Republik“, ein Versuch, die territoriale Einheit in Eigenregie zu wahren. Der Referent legte seiner Erklärung der Ereignisabläufe in der Region drei Begriffe zugrunde: Herrschaftswechsel, Loyalitätswandel und ethnopolitische Neuerfindung. Am Ende des Ersten Weltkriegs wurde das Banat mit den Herrschaftsansprüchen mehrerer Staaten – Ungarn, Serbien und Rumänien – konfrontiert. Alle drei wollten ihre Herrschaft über die neu erworbenen Gebiete durchsetzen und rechtfertigen. Der Herrschaftswechsel brachte nicht nur den Untergang und die Aufteilung des tausendjährigen Stephansreichs, sondern auch der Region Banat. Bei der schwäbischen Bevölkerung des (rumänischen) Banats erfolgte ein schrittweiser Loyalitätswandel, der durchaus kontrovers verlief. Der schmerzhafte Prozess der Abwendung von Ungarn und der Hinwendung zu Rumänien nahm mehrere Jahre in Anspruch. Infolge der territorialpolitischen Veränderungen und der Teilung des Banats mussten die Banater Schwaben ihre politische Identität neu erfinden. Als tragende Säulen dieses Prozesses entstanden dabei Institutionen, die unter dem Dach der Deutsch-Schwäbischen Volksgemeinschaft die Entwicklung der Minderheit und deren Verhältnis zum rumänischen Staat in der gesamten Zwischenkriegszeit  bestimmten.

Wegen des unvorhergesehenen Wintereinbruchs war der Referent Ernst Meinhardt bei der Anreise aus Berlin steckengeblieben. Meinhardt hätte über die „französischen“ Banater referieren sollen. Einen kleinen Einblick in diese Thematik gab die Vorsitzende der HOG Königshof, Anny Kusterer, die das 2016 erschienene „Wörterbuch der Mundart von Triebswetter“ von Nikolaus Balzer vorstellte, das, wie sie zeigen konnte, auch französische Wörter enthält.

Der zweite Teil des Nachmittags war den Tätigkeitsberichten der Mitglieder des Bundesvorstands gewidmet. Der Bundesvorsitzende Peter-Dietmar Leber leitete die Runde mit dem Versuch einer Standortbestimmung des Vereins ein. Im 68. Jahr ihres Bestehens sieht er die Landsmannschaft gut aufgestellt. Auch heute gilt, dass man nur durch die gemeinschaftliche Mobilisierung der Kräfte den Anforderungen der Zeit gerecht werden kann. Das bedeute, offen zu sein für einen weiten Bogen von Altersgruppen. Entscheidend ist die Konzentration auf Inhalte, die vermittelt werden müssen. Denn wir werden nicht nur geprägt von unserer Herkunft, wir prägen auch unsere Umgebung nun schon seit vielen Jahren.  

Wir Banater Schwaben sind verstreut über den ganzen Erdball und unsere Geschichte scheint von Verlust geprägt zu sein, aber unsere Integration in die Bundesrepublik bedeutete auch Gewinn – Gewinn an Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstentfaltung. Deswegen sollten die rund 300000 Banater Schwaben in Deutschland sich einbringen mit ihrem Netzwerk, mit ihrer Kenntnis und ihren Erfahrungen, sie sollen Brücke sein zwischen hier und dort. Viele solche Ansätze sind erkennbar, zwischen Partnern wie Karlsruhe und Temeswar, aber auch zwischen den HOGs und ihren Ursprungsgemeinden im Banat. Auch wirtschaftliche Brücken gibt es, etwa 1000 deutsche Firmen sind im Banat präsent, davon die Hälfte von Ausgewanderten.

Vieles wurde schon umgesetzt, was man sich vorgenommen hatte, etwa die jährliche deutsche Wallfahrt nach Maria Radna. Aber nach wie vor ist eine Kurzgeschichte der Banater Schwaben in rumänischer Sprache überfällig und auch das Projekt, touristische Reiserouten im Banat zu erschließen, wurde bisher nicht umgesetzt, ebenso wenig wie ein deutschsprachiger Banat-Reiseführer. Im Hinblick auf die Aufarbeitung der Geschichte gäbe es auch noch einiges zu tun, eine thematische Auswertung der Heimatbücher oder die Historisierung des Alltags im Banat in der Nachkriegszeit. Für all diese Aufgaben wäre mehr Zusammenarbeit der Institutionen nötig, mehr Koordination der Arbeit, die an verschiedenen Stellen geleistet wird. Immerhin stehe eine wichtige Arbeit vor dem Start, eine „Fibel“ für Kinder und Jugendliche über die Banater Schwaben.

Im Verband sei es auch wichtig, ein einheitliches Bild nach außen zu zeigen. Das heißt zum Beispiel, auch bei geselligen Veranstaltungen den Bezug zur Landsmannschaft herzustellen, auf Anlässe und Gedenktage hinzuweisen, die mit unserer Identität verbunden sind.

Die stellvertretende Bundesvorsitzende Christine Neu informierte ausführlich über die Regeln und Tücken bei Musikveranstaltungen, die der GEMA gemeldet werden müssen. Aufgrund der verschiedenartigen Erfahrungen entspann sich eine rege Diskussion.

Harald Schlapansky, bis vor kurzem noch Bundesvorsitzender der DBJT, berichtete von der Hauptversammlung der Jugendorganisation und stellte deren neuen verjüngten Bundesvorstand vor. Mit Freude stellte er fest, dass es nicht nur eine rege Mitwirkung an der Versammlung gab, sondern auch mehr Kandidaten als letztlich Vorstandsmitglieder werden konnten. Auch beim Heimattag in Ulm werden sich die Jugendgruppen wieder aktiv einbringen. Er appellierte an alle Gliederungen, die junge Generation in ihre Tätigkeit mit einzubeziehen und sich ihr Engagement zunutze zu machen, auch wenn man dabei über seinen Schatten springen und die Denkweise der jungen Generation respektieren müsse. In diesem Sinn verwies er auf die Brauchtumsseminare der DBJT und bat die Kreisverbände und Heimatortsgemeinschaften, diese für ihre Jugendgruppen zu nutzen.

Jürgen Griebel berichtete über digitale Angebote im Verband. Er schlug vor, die fünf Bände zur Geschichte der Banater Schwaben zu digitalisieren und ähnlich wie das Archiv der „Banater Post“ auf Datenträger zur Verfügung zu stellen. Einzig Band 5 sei noch lieferbar, die Bände 1-4 können nur noch (oft zu einem sehr hohen Preis) antiquarisch besorgt werden. Auch für andere Publikationen der Landsmannschaft sei ein solches Vorgehen für die Dokumentation denkbar. Griebel berichtete auch über die Nutzung der Homepage der Landsmannschaft, die im Monat im Schnitt 10000 Besucher verzeichnet. Sehr gut angenommen wird der Service der Termineintragungen. Seit kurzem können hier bis zu fünf Bilder hochgeladen werden.

Über die Sicherheit im Internet referierte Georg Ledig. Er wies darauf hin, dass ab dem 25. Mai eine neue Datenschutzverordnung in Kraft tritt, über die er zur gegebenen Zeit die Gliederungen auf dem Laufenden halten werde. Werner Gilde, der auch Kreisvorsitzender von Karlsruhe ist, wies darauf hin, dass der Kreisverband in die Planungen der Partnerstadt Karlsruhe zu „Temeswar – Kulturhauptstadt Europas 2021“ mit einbezogen wird.

Dr. Hella Gerber von der HOG Nitzkydorf startete bei den Wortmeldungen aus dem Plenum. Sie erinnerte daran, dass in Nitzkydorf auf Initiative des rumänischen Schuldirektors ein Dokumentationszentrum zum kulturellen Erbe der Banater Schwaben eingerichtet wurde, zu dessen Ausstattung jeder gern mit seinen Publikationen beitragen könne. Ferner berichtete sie, dass auch in diesem Jahr das Kultursymposion in Nitzkydorf Anfang August stattfinden wird, diesmal auch mit einem Orgelkonzert mit Franz Metz und der Mitwirkung eines Chors aus Biberach. Da Hella Gerber auch Vorsitzende des Kreisverbandes Augsburg ist, berichtete sie in dieser Funktion von dem Vorhaben, für den Kreisverband die Gemeinnützigkeit zu erwirken. Aus den unterschiedlichen Erfahrungen der Teilnehmer  entspann sich eine rege Diskussion um diesen Punkt.

Halrun Reinholz, Betreuerin des Kultur- und Dokumentationszentrums (KDZ) in Ulm, erinnerte daran, dass alle Heimatbücher, Publikationen und vor allem die Familienbücher in die Bibliothek des KDZ gehören und dass dort auch alles gesammelt wird, was zur Dokumentation der Banater Geschichte beiträgt. Aber es sei auch wichtig, Präsenz zu zeigen in der Donaubastion, deshalb seien alle eingeladen, das KDZ mit ihren Gliederungen zu besuchen und dort gegebenenfalls auch Veranstaltungen abzuhalten. Ernst Bayerle von der HOG Bakowa stellte eine für Juni 2019 geplante Banater Radtour vor und lud zur Teilnahme ein.

Das Abendprogramm bestritt diesmal die Theatergruppe des Kreisverbands Freiburg mit dem Mundartstück „Ich bin der Herr im Haus“. Regie führte Hans Jakoby. Der Gruppe war es in relativ kurzer Zeit gelungen, an die große Tradition Banater Laienspieldarbietungen anzuknüpfen. Mit guten Gesprächen in geselliger Runde klang der Abend aus.

Der Sonntag war wie immer der  Vorstellung einzelner Gliederungen und der Aussprache über Probleme der Verbandsarbeit gewidmet. Eine allgemeine Situationsbeschreibung der Heimatortsgemeinschaften gab zunächst HOG-Sprecher Franz Schlechter. Er beklagte zuweilen mangelhafte Kommunikation untereinander. Auch müssten die sinkenden Mitgliederzahlen dazu anregen, die Kräfte zu bündeln, etwa durch Zusammenschlüsse mit kleineren Nachbar-HOGs.
Danach stellte Robert Feil die HOG des kleinen Ortes Wiesenhaid vor, der im Internet mit einem „sprechenden“ Ortsplan vertreten ist, die Daten früherer Hausbesitzer sind dort hinterlegt. Er umriss die Geschichte des Dorfes, wies auf Wiesenhaider Persönlichkeiten hin, berichtete über die Heimattreffen, bei denen ein vielfältiges Programm geboten wird, wie auch über die Kontaktpflege weltweit über Facebook.

Werner Gilde stellte den Kreisverband Karlsruhe vor. Als zweitgrößter Kreisverband verfügt er über ein großes Potenzial an Mitwirkenden, das sich durch vielfältige Tätigkeiten bemerkbar macht. Der Chor sowie die Tanz- und Trachtengruppen aller Altersstufen sind das ganze Jahr über aktiv und zeigen auch Präsenz bei allen wichtigen Veranstaltungen der Stadt. Zudem sei der Kreisverband wichtige Kontaktstelle zum Freundeskreis Karlsruhe – Temeswar, der die Städtepartnerschaft mit Leben füllt.

Den weiteren Teil des Vormittags füllten die Aussprachen der Teilnehmer über Probleme der Verbandsarbeit. Trotz sinkender Mitgliederzahlen insgesamt wurde für die Runde in Frankenthal eine Verjüngung und auch ein höherer Frauenanteil festgestellt. Auch das Thema Gemeinnützigkeit der Kreisverbände und HOGs wurde wieder aufgegriffen, eine Handreichung für Mitglieder eingefordert. Herbert Volk vom Kreisverband Esslingen forderte in diesem Zusammenhang auch eine „Fortbildung“ oder zumindest ein „Starterpaket“ für die Kassierer der Kreisverbände, die sich in die schwierige Materie immer von neuem einarbeiten müssten. Erwin Lehretter von der HOG Rekasch erinnerte daran, dass die Familienbücher der Banater Ortschaften im Temeswarer Bistumsarchiv gesammelt werden. Die HOGs sollten dafür sorgen, dass die Bücher an diesen Ort gelangen, der Anlaufstelle für Forscher aus aller Welt ist. Christine Neu erinnerte an das geplante Trachtenbuch und forderte die einzelnen Ortschaften auf, ihre Trachten anhand des verschickten Fragebogens zu erfassen. In Arbeit befindet sich auch ein Buch über Tänze, das von Renate Krispin und Dagmar Österreicher mit Anleitungen und Musik zusammengestellt wird.

Zum Abschluss nahm der Bundesvorsitzende Stellung zu den Anregungen, ein Seminar und/oder Starterpaket für Vereinsvorstände begrüßte er ausdrücklich. Wichtig sei auch, die Arbeit in den Verbänden digital zu dokumentieren. Zum Schluss nutzte er die Gelegenheit, vor dem versammelten Gremium an den Heimattag in Ulm an Pfingsten zu erinnern. Besonders gewürdigt wurden die Gastgeber vom Kreisverband Frankenthal, die wie jedes Jahr eine hervorragende Organisation und eine perfekte, heimatlich anmutende Bewirtung auf die Beine gestellt hatten.