Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.

Mehalaer begehen 130-jähriges Kirchenjubiläum mit einem großen Fest

Erika und Andreas Bertich, das Vortänzerpaar der Mehalaer Kirchweih 2017

Das neue Vortänzerpaar Johann Gion und Renata Hanel

Zur Mehalaer Jubiläumskirchweih in Nürnberg konnten 35 Trachtenpaare – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – aufgeboten werden. Für Marschmusik sorgten die Weinbergmusikanten. Einsender: Renata Hanel

Ein zarter Rosmarinduft zieht durch den ICE von Nürnberg Richtung München. Verwunderte und leicht amüsierte Blicke folgen dem feschen Herren, der einen fünf Kilogramm schweren und mit bunten Bändern geschmückten Rosmarinstrauß schultert, auf seinen Sitzplatz zusteuert und den Strauß vorsichtig neben sich platziert, während seine Begleiterin sich ebenfalls einen Sitzplatz sucht. Das neue Mehalaer Vortänzerpaar Johann Gion (Bakowa/Nürnberg) und Renata Hanel (Temeswar/München) ist nach einer durchtanzten Nacht auf dem Weg nach München.

Ein neugieriges und auf ein Schwätzchen aufgelegtes älteres Ehepaar fragt die Vortänzerin, was es denn mit dem schön geschmückten Strauß auf sich habe. Der Begriff „Kirchweih“ ist für jeden Bayer ein Begriff, doch die Assoziationen zu diesem Begriff sind, je nach Herkunft und Brauchtum, ganz unterschiedlich. Für manchen taucht die klassische Kirchweihgans vor dem inneren Auge auf und ein zarter Geschmack steigt den Gaumen hoch.

Erinnerungen an die Kerweih führen in einem Banater zu einer Gefühlsexplosion, denn es gibt keinen Sensor, der dabei nicht verführt worden wäre. Ein Farbenrausch die Trachten, lieblich die Mädchen und der Wein, die gefüllten Tische ein Gaumenschmaus, der Duft des Rosmarins verführerisch, der Walzer und die Zepplpolka fast ein Rausch. Eine Kirchweih hat sich jedem Teilnehmenden mit Klängen, Düften, Farben und einem besonderen Lebensgefühl in die Erinnerung eingeprägt.

Für die neue Vortänzerin ist es die zwölfte Mehalaer Kirchweih, an der sie 1983 bereits als Neunjährige zum ersten Mal teilgenommen hatte. Anlässlich des 130. Kirchenjubiläums haben sich die Mehalaer am 30. September 2017 in Nürnberg getroffen. 35 Trachtenpaare, angeführt von dem Vortänzerpaar Erika und Andreas Bertich, präsentierten den Gästen im Festsaal und den Zuschauern, die den Straßenrand säumten, die hübschen Trachten und üppig „geputzten“ Hüte. Dabei spielte sogar Petrus mit; der muss an diesem Tag für kurze Zeit wohl ein Mehalaer gewesen sein. Für gutgelaunte Trachtenpaare sorgte nicht nur der Kerweihwein, sondern auch die Musik der Weinbergmusikanten.

In einer stimmungsvollen Messe erinnerte Diakon Lucian Mot an Pater Johannes und Frater Hugo, beliebte Persönlichkeiten der Mehalaer Kirchengemeinschaft. Frater Hugo, derjenige, der der Jugend am nächsten stand, sei der „Vorbote“ der Mehalaer Kirchweih gewesen. Bereits ab August sei Frater Hugo jedes Jahr in der ganzen Stadt unterwegs gewesen, um die Kerweihjugend zu mobilisieren. Pater Johannes, Ignaz Fischer und Frater Hugo hätten es trotz strenger kommunistischer Zeiten über Jahrzehnte geschafft, Generationen von Jugendlichen in der Mehala ein religiöses und kulturelles Zuhause zu bieten. Die kleine Mehalaer Kirche sei kein strenger, sondern ein herzerwärmender Ort gewesen, an dem ein bodenständiger Glaube vermittelt wurde und die Türen für die katholische Jugend aus dem gesamten Stadtgebiet stets offen standen. Diakon Mot betonte, dass – wie damals – nur durch aktive Brauchtumspflege und einen lebendigen Glauben eine Gemeinschaft aufrechterhalten werden könne. Deshalb richtete er einen ganz besonderen Dank an die mitwirkenden Trachtenpaare.

Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst von Organist Willibald Baumeister, begleitet von dem Trompeten-Duo Bianca und Patrick Schummer. Sein ganzes Herz und besonders viel Energie hatte Herbert Schummer in die Organisation dieser Mehalaer Kerweih gesteckt, die bereits zum vierten Mal in Nürnberg stattfand.

Für eine ganz besondere Stimmung im Festsaal sorgten die Videomitschnitte von älteren Kirchweihfesten, teilweise noch vom Originalschauplatz im Hof der Mehalaer Kirche, die im Hintergrund liefen. Fast zeitgleich marschierten die Trachtenpaare der Mehalaer Kirchweih 1989 und die Paare in Nürnberg auf und bestätigten letztendlich die Worte von Diakon Mot: Brauchtum ist nicht an einen Ort gebunden, sondern an eine aktive Gemeinschaft.

Gezeppelt und gefeiert wurde bis in die frühen Morgenstunden zu der flotten Musik von „Amore Blue“ (Bianca und Patrick Schummer), einem jungen Duo, das ehrgeizig an seiner musikalischen Karriere bastelt und mit jugendlicher Dynamik und Energie auftritt. Das bei den Tanzfreudigen unbeliebte Wort „Spritzpause“ hörte man an diesem Abend nur selten. Hut- und Tuchgewinner Anton Ratzek und Harald Schmidt legten einen flotten Ehrenwalzer aufs Parkett.

Die Schaffnerin im ICE blickt auch etwas verwundert auf den schmucken grünen Strauß, der einen ganzen Sitzplatz einnimmt. Galant bietet ihr der Vortänzer ein Sträußchen an, was sofort ein Lächeln in das Gesicht der Dame zaubert, denn welche Frau kann schon einem Rosmarinsträußchen widerstehen? Der Strauß ist in München angekommen und bekam einen Ehrenplatz. In der Hoffnung, dass bis zur nächsten Mehalaer Kirchweih nicht weitere fünf Jahre verstreichen müssen, geht ein herz-liches Dankeschön an die unermüdlichen Organisatoren, an die teilnehmenden Tanzgruppen und Trachtenpaare sowie an Diakon Lucian Mot.