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Im Zeichen der Verbundenheit mit Glaube und Heimat

So soll Maria Radna nach den Renovierungsarbeiten aussehen. Computergraphik von Architekt Herbert Habenicht.

stellv. Bundesvorsitzender Hans Metzger, Pfarrer Peter Zillich, Vizekonsul Michael Fernbach, Regierungsrätin Andrea Fröbe, Oberbürgermeister Dr. Alfred Lehmann, Konsulin Brandusa Predescu, Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber, Monsignore Andreas Straub, Domkapitular Andreas Reinholz und Dr. Franz Metz. Fotos: Walter Wolf

Mit traditionellen Banater Wallfahrtsliedern verlieh die Singgruppe »Sunereen« dem Informationsabend eine besondere Note.

Informationsabend über Maria Radna im Rumänischen Generalkonsulat München.

An Tagen mit einer besonders guten Fernsicht kann man besonders am frühen Morgen in mehreren Dörfern der Banater Heide am nordöstlichen Horizont die Umrisse der Lippaer Hügel erkennen. Besonders die Kinder beeindruckten dann die Worte: Das sind die Radnaer Berge. Dort ist Maria Radna. Und so begann nicht selten ein Tag mit den Gedanken an einen Ort, der jung und alt gleichermaßen mit seinem besonderen Zauber in seinen Bann zog. Und das scheint bis heute so geblieben zu sein. Maria Radna als Symbol für die Verbundenheit einer ganzen Region mit Glaube und Kirche ist nach wie vor ein bedeutender Baustein der Identität aller Banater.

Die Verbundenheit mit diesem Ort führte am 3. März rund drei Dutzend Banater Schwaben und Freunde des Banats zusammen, um sich darüber zu informieren, wie es um die Renovierungsarbeiten der Wallfahrtskirche und der Neugestaltung des gesamten Baukomplexes Maria Radna steht und welches die zu bewältigenden Aufgaben sind, damit dieser Wallfahrtsort nicht nur seinen alten Glanz zurück erhält, sondern auch für die Zukunft gerüstet ist. Zum Informationsabend in den Räumen des Rumänischen Generalkonsulats München hatte der Landesverband Bayern der Landsmannschaft der Banater Schwaben, das Generalkonsulat von Rumänien in München und das Gerhardsforum Banater Schwaben eingeladen.

Als Hausherrin begrüßte Generalkonsulin Brandusa Predescu als Ehrengäste den Visitator der Donauschwaben, Monsignore Andreas Straub, den Domkapitular Andreas Reinholz, Studiendirektor Pfarrer Peter Zillich, Dr. Alfred Lehmann (Oberbürgermeister von Ingolstadt), den Architekten Herbert Habenicht, Bezirksrat Anton Spitlbauer (Oberbayern), Regierungsrätin Andrea Fröbe (Vertreterin der Bayerischen Staatskanzlei), Dr. Franz Metz (Vorsitzender des Gerhardforums) und Peter-Dietmar Leber (Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben). Die Generalkonsulin unterstrich die große Bedeutung, die der Glaube im Leben der Menschen spielt, und besonders dessen verbindende Rolle im Falle der Banater Schwaben. Maria Radna komme diesbezüglich eine besondere symbolische Bedeutung zu, besonders was die Verbundenheit der Banater Schwaben mit ihrer alten Heimat betrifft. Generalkonsulin Predescu begrüßte es, dass die Restaurierungsarbeiten in Maria Radna vorwärts-gehen und das Projekt von so vielen Menschen unterstützt wird. Als Vertreterin Rumäniens sei sie stolz auf diese neu zu schaffende Kulturattraktion von europäischem Rang.

Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber, der als Moderator durch den Abend führte, überbrachte die Grüße des Landesvorstandes Bayern und des Bundesvorstandes der Landsmannschaft und begrüßte die anwesenden Mitglieder dieser Verbände, die Vertreter der DBJT und alle Gäste des Abends. Leber unterstrich die enge Verbindung der Banater Schwaben zum Wallfahrtsort Maria Radna. Mit einem Blick in die bewegte Geschichte des Banats verdeutlichte der Bundesvorsitzende, welche geistige Konstante dieser Ort im Bewusstsein seiner Landsleute darstelle. Der Zauber des Ortes und die christliche Botschaft, die an diesem Ort gern empfangen wird, sind ausschlaggebend dafür, dass die Menschen diesem Ort die Treue halten. Die Verpflichtung für diesen wichtigen Teil unseres kulturellen Erbes sei auch der Grund für diese Veranstaltung. Die Unterstützung für Maria Radna, so Leber, sei deshalb etwas Selbstverständliches: „Wir haben nicht nur die Pflicht – nein – wir haben auch die Möglichkeit, uns so einzubringen, dass Maria Radna ein besonderer Wallfahrtsort für uns bleiben wird.“

Über die Geschichte des Wallfahrtsortes Radna sprach Erzdechant Andreas Reinholz, Pfarrer in Maria Radna. Die Anfänge der Marienverehrung an diesem Ort gehen ins 14. Jahrhundert zurück, als Lippa zu einer Heimstatt des Franziskanerordens wurde und hier eine Kirche und ein Kloster errichtet wurden. An der Stelle, an der sich die heutige Wallfahrtskirche befindet, stand bereits 1520 eine Kapelle. Die Eroberung des Banats durch die Türken bewog die Franziskanermönche, die ursprünglich aus Bosnien kamen, 1551 an das rechte Maroschufer zu fliehen, wo sie neben der bestehenden Kapelle ein kleines Kloster errichteten. Das 1686 dieser Kapelle gestiftete Marienbild (Holzschnitt) ist das einzige Objekt, das bei einem verheerenden Brand übriggeblieben ist. Dieses Bild wird zum Gegenstand der besonderen Verehrung – zum Gnadenbild vom Maria Radna. Die erste schriftlich belegte Wallfahrt findet 1709 statt. Sie wird von den Stadtvätern Arads veranstaltet. Nach der Befreiung des Banats von der Türkenherrschaft (1718) wird der Wallfahrtsort zunehmend zu einem Anziehungspunkt für alle im Banat lebenden Volksgruppen. Als 1767 die neue Wallfahrtskirche eingeweiht wurde, nahmen 12 000 Menschen an der Feier teil. Der Festgottesdienst wurde in sechs Sprachen gehalten.

Mit einigen Zahlen belegte Pfarrer Reinholz die große Anziehungskraft, die der heilige Ort nach wie vor auf die Gläubigen der Region hat. Die Pilgerzahlen steigen von Jahr zu Jahr. So waren es 2010 bereits über 71000 Menschen, die diesen Gnadenort besuchten. 15 Prozent von ihnen kamen aus dem benachbarten Ausland. Trotz jahrzehntelanger Repression durch die kommunistischen Machthaber ist es nicht gelungen, das Interesse an Maria Radna zu ersticken. Im Gegenteil, es scheint, dass dieser Gnadenort einer Renaissance entgegengeht. Davon zeugen auch die dort aufbewahrten 1700 Votivbilder und die über 800 Votivgaben und an-dere Dankesbezeugungen. Pfarrer Reinholz wertet dies alles als ein tiefempfundenes Gottvertrauen, als ein Bekenntnis zum Glauben und als einen Ausdruck der Dankbarkeit für erfahrende Hilfe. Maria Radna, dem größten Marienwallfahrtsort in Südosteuropa, komme auch eine bedeutende touristische Bedeutung zu, was auch von den zuständigen staatlichen Stellen immer mehr in Betracht gezogen werde. In der Entwicklung des Fremdenverkehrs im Kreis Arad besetzt Maria Radna bereits eine Spitzenstellung.

Der hauptberuflich in München wirkende Architekt Herbert Habenicht, der auch aus dem Banat stammt und der sich für das Renovierungsprojekt Maria Radna seit einigen Jahren besonders einsetzt, hatte für diesen Informationsabend einen fesselnden Lichtbildvortrag vorbereitet. Einleitend gab er einen Einblick in die wechselvolle Baugeschichte des Wallfahrtsortes und erläuterte den Entwicklungsweg von Maria Radna, an dessen Anfang eine bescheidene Kapelle aus Holz steht und am Ende eine imposantes Gotteshaus im Barockstil. Nach der Befreiung des Banats von der Türkenherrschaft entstand 1723 die Vorgängerkirche der heutigen Basilika. Damals wurde auch mit dem Bau der Klosteranlage begonnen. Der überaus große Zustrom von Wallfahrern in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts machte einen Neubau notwendig. So entstand zwischen 1756 und 1767 ein beeindruckender Kirchenbau, der – abgesehen von den Türmen – bis heute fast unverändert geblieben ist. Die niedrigen Barocktürme wurden 1911 um dreißig Meter erhöht, was der Wallfahrtskirche ein neues Aussehen verlieh und das Bild von Maria Radna bis in unsere Tage prägte.

Auch wenn die Turmkonstruktion in Stahlbetonbauweise für die damalige Zeit eine Pionierleistung darstellt, so sind die Bauschäden gerade an den Türmen heute – hundert Jahre später – beträchtlich und stellen Architekten und Bauingenieure vor eine große Herausforderung. Darüber und über andere Detailfragen bei der Generalsanierung der Kirche und des Klostergebäudes berichtete Architekt Herbert Habenicht in seinem Vortrag. Ausgehend von den Bestrebungen der Temeswarer Diözese, dringende Renovierungsarbeiten an der Basilika vorzunehmen, wurden umfangreiche Untersuchungen bautechnischer Natur angestellt. Die Schadensaufnahme und die getätigten Expertisen führten zu der Aufstellung eines Masterplans, dessen Erfüllung so nur möglich sein wird, wenn die Last auf mehreren Schultern verteilt wird. Schließlich, so Projektleiter Habenicht, mündete das ganze in ein EU-Projekt. Mit Unterstützung von Renovabis wurden die nötigen Pläne erarbeitet, und schließlich gelang es 2010 der zuständigen Regionalentwicklungsbehörde, einen Bewilligungsbescheid zu erlangen. Zur Zeit fehlt noch die Unterschrift der Ministerin aus Bukarest. Auch diese Hürde soll in den kommenden Monaten genommen werden, so dass mit dem Beginn der Bauarbeiten in diesem Jahr gerechnet werden kann. Die Zeit drängt, denn 2015 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Dann soll als absolute Krönung der Feierlichkeiten anlässlich der Neueinweihung der Basilika Papst Benedikt der XVI. nach Maria Radna eingeladen werden.

Interessant waren die Ausführungen des Architekten bezüglich der Neugestaltung der gesamten Anlage und besonders des Klostergebäudes. Dieser Baukomplex, der in den Jahren des Kommunismus’ zweckentfremdet worden und fast zu einer Ruine verkommen war, soll renoviert und einer neuen Bestimmung zugeführt werden. Im Westflügel des ehemaligen Klosters wird ein Museum errichtet, und der Südflügel wird in eine Konferenz- und Tagungsstätte umgebaut. Der Ostflügel soll weiterhin der Pfarrei für Zwecke des kirchlichen Lebens zur Verfügung stehen. Insgesamt sollen die rund achtzig Räume des ehemaligen Klosters ein neues Gesicht erhalten. Eine Kostprobe vom Aussehen der gesamten Anlage lieferten die am Informationsabend gezeigten Computergrafiken. Auch wird eine touristische Nutzung der Anlage ins Auge gefasst. Im ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Klosters soll ein modernes Informationszentrum nach internationalem Standard entstehen. Kirche und Kloster sollen barrierefrei zugänglich werden; Rollstuhlfahrer können nach Fertigstellung mit Aufzügen zum Hauptzugang der Basilika und in die oberen Geschosse der Klosteranlage gelangen.

Eine weitere Herausforderung stellt die Restaurierung des Kalvarienberges mit seinen Kreuzwegstationen und Kapellen dar. Wegen der in den zurückliegenden Jahrzehnten hier angerichteten Zerstörungen sind umfangreiche Umbauarbeiten nötig. Eine detaillierte Schadensaufnahme wird gerade erarbeitet. Der Kalvarienberg ist nicht Teil des aktuellen EU-Projektes. Hier werden weitere groß-zügige Spenden der Landsleute zum Erhalt der Anlage benötigt.

In seinem Beitrag erinnerte Pfarrer Peter Zillich an die großen Wallfahrtstraditionen der Banater Schwaben. Jedes Dorf hatte im Jahreslauf seinen „Radna-Tag“, an dem man zu Fuß, mit Pferdewagen und auch mit der Eisenbahn nach Maria Radna zog, um bei der Gottesmutter Fürsprache zu erbitten. An so einem Tag machten alle mit, und für jung und alt war er stets unvergesslich. Zweimal im Jahr gab es in Maria Radna ein besonderes Fest (am 15. August zu Maria Himmelfahrt und am 8. September an Mariä Geburt). Pfarrer Zillich deutete den stetig wachsende Pilgerstrom nach Maria Radna – so wie er in unseren Tagen zu verzeichnen ist – als ein ermutigendes Zeichen dafür, dass sich im neuen Europa über Sprachen und Landesgrenzen hinweg Menschen begegnen und gemeinsam Halt im Glauben suchen. Den Brückenschlag vom Banat zur neuen Heimat, von den Wallfahrtserlebnissen von früher bis zur Fortführung der Tradition heute, beendete Pfarrer Zillich mit einem Dankeschön an die Leitung des Generalkonsulats für die Möglichkeit der Darstellung „des Herzstückes unseres gelebten Glaubens – Maria Radna“.

Der Oberbürgermeister von Ingolstadt, Dr. Alfred Lehmann, der zum Abschluss der Veranstaltung das Wort ergriff, brachte seine Anerkennung über die Fülle der dargestellten Informationen zum Ausdruck, über die aufschlussreichen historischen Bezüge, die geistigen Hintergründe und auch die Zukunftsperspektive dieses einmaligen Wallfahrtsortes. Dass die politischen Bedingungen es nun erlauben, sich über Grenzen hinweg gemeinsam für ein Projekt zu engagieren, das Menschen und Völker zusammenführt, ist nicht nur Anlass zu Optimismus, sondern gibt auch Kraft und Zuversicht.

Dr. Franz Metz, der bekannte Musikwissenschaftler und Vorsitzende des Gerhardsforums, ergänzte die Informationen des Abends mit einer aktuellen Nachricht: Maria Radna im Banat und die Münchner Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf werden künftig durch eine Partnerschaft verbunden sein. Eine gemeinsame Maiandacht der für diese beiden Wallfahrtsorte zuständigen Geistlichen und erste Gespräche in München bildeten den Anfang dieser wohl ersten internationalen Partnerschaft zwischen zwei Marien-Wallfahrtsorten.

Eine gefühlsbetonte Note verlieh der Veranstaltung der Auftritt der Banater Singgruppe Sunnereen unter der Leitung von Hildegard Barbara Müller. A capella und vierstimmig wurden bekannte Marienlieder und Weisen vorgetragen, wie man sie von den Banater Wallfahrten kennt. Musik dürfte wohl nicht zum Alltagsgeschäft eines Generalkonsulats gehören. Und wenn es sich dann noch um Marienlieder handelt die dort erschallen, dann ist es umso überraschender und schöner. Und schön war es im Rumänischen Generalkonsulat allemal.