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Brauchtum und Tradition leben und erlebbar machen

Die Göppinger Bevölkerung bewunderte die beim Umzug vom Rathaus zur Stadthalle präsentierten banatschwäbischen Trachten.

Eines der Rituale des Landestrachtenfestes: feierlicher Einzug der Trachtenpaare in die Göppinger Stadthalle.

Landesvorsitzender Josef Prunkl (rechts) dankte Ministerialdirektor Julian Würtenberger, ranghöchster Beamter des Innenministeriums Baden-Württemberg, für seine Festrede und überreichte ihm ein Buchgeschenk.

In Anerkennung ihrer Verdienste um den Erhalt und die Weitergabe von Brauchtum und Tradition wurde die langjährige Brauchtumsbeauftragte Theresia Teichert von Ines Szuck und Heidi Müller geehrt.

Banater Brauchtum und Tradition leben und erlebbar machen – das ist das vornehmliche Ziel und der tiefe Sinn des Landestrachtenfestes der Banater Schwaben aus Baden-Württemberg in ihrer Patenstadt Göppingen. Dass heimatliches Brauchtum und überlieferte Traditionen generationenübergreifend gelebt werden, stellten die mitwirkenden Trachtengruppen eindrucksvoll unter Beweis. Erlebbar wurde die Volkskultur der Banater Schwaben in ihren verschiedenen Ausdrucksformen – Tracht, Volkstanz, Musik – anlässlich des 51. Landestrachtenfestes am 20. Mai sowohl in der Öffentlichkeit, beim Umzug durch die Stadt und bei den Auftritten auf dem Rathausplatz, als auch in der Stadthalle, wo am Abend das mit einem Volkstanzfestival verbundene Landestrachtenfest über die Bühne ging.

Nach dem festlichen Empfang der Ehrengäste und dem Aufmarsch der Trachtenträger zu den Klängen der Original Banater Schwabenkapelle unter der Leitung von Horst Stromer hieß der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Josef Prunkl, Gäste und Mitwirkende willkommen. Ein besonderer Willkommensgruß galt den zahlreichen Ehrengästen: Willi Schwaak, Verwaltungsleiter der Stadt Göppingen, in Vertretung des Oberbürgermeisters und Schirmherrn der Veranstaltung, Guido Till; Ministerial-direktor Julian Würtenberger, Amtschef des Innenministeriums des Patenlandes Baden-Württemberg; Hartmut Liebscher, Geschäftsführer des BdV-Landesverbandes und Vorsitzender der DJO – Deutsche Jugend in Europa in Baden-Württemberg; Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der
Banater Schwaben; Dr. Swantje Volkmann, Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm; Franz Huber, stellvertretender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn; Heidi Müller, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Banater Jugend- und Trachtengruppen (DBJT); Theresia Teichert, langjährige Brauchtumsbeauftragte des Landesverbandes Baden-Württemberg; die stellvertretenden Landesvorsitzenden Erich Furak, Werner Gilde, Richard Jäger und Herbert Volk. Landesvorsitzender Prunkl dankte Ines Szuck, der neuen Brauchtumsbeauftragten des Landesverbandes, Gudrun Reitz von der Landesgeschäftsstelle in Stuttgart sowie dem Kreisverband Göppingen mit seinem Vorsitzenden Manfred Jäger für die Organisation dieser Großveranstaltung.

Die Grüße der Stadt Göppingen und ihres Oberbürgermeisters Guido Till überbrachte Willi Schwaak. Göppingen habe seit Jahrzehnten ein besonders inniges Verhältnis zu den Banater Schwaben. Die seit 1988 bestehende Patenschaft sei von Anfang an sehr intensiv gelebt worden und von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. „Mit Ihren feierlichen, bunten Trachten bringen Sie viel Farbe in unsere Stadt und unsere schöne Stadthalle, die seit Jahren den Rahmen für dieses schöne Fest bildet“, sagte Schwaak, der als Verwaltungsleiter auch Ansprechpartner für die Patenschaften der Stadt ist. Das Leben als Minderheit habe ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Banater Schwaben geschafft, Identitätsbewahrung sei schon immer ein wichtiges Element ihrer Geschichte gewesen, die auch von viel Leid geprägt ist. „Umso mehr freut es mich, dass unsere Stadt mit ihren Bürgerinnern und Bürgern mithelfen konnte, Ihre Traditionen und Bräuche zu pflegen und zu bewahren“, betonte der Redner. Die Banater Schwaben seien in Göppingen immer willkommen, versicherte Schwaak.

Einundfünfzig Landestrachtenfeste deuteten auf eine lange Tradition hin, für ihn stelle das diesjährige Fest durch seine erstmalige Teilnahme eine Premiere dar, bekannte Ministerialdirektor Julian Würtenberger in seiner Festrede. Er zeigte sich tief beeindruckt von diesem Fest, das durch die Trias Tracht, Tanz, Musik „ein Gesamtkunstwerk“ sei. Die lange, stolze Tradition der Landestrachtenfeste stehe auf einem besonderen Fundament: „Es ist das beständige Engagement, es ist der Ausdruck für Stärke und Beständigkeit Ihres Bekenntnisses zu Ihrer Herkunft und Ihrer Kultur“, so Würtenberger. Das Brauchtum des Banats werde in hervorragender Weise dargeboten, die Kultur und die Traditionen der Banater Schwaben würden vorbildlich vermittelt und von Generation zu Generation weitergegeben. „Deshalb ist es eine besondere Freude, die jungen Menschen unter uns zu haben, die die überlieferte Tracht tragen, die die zugehörigen Tänze ihrer Vorfahren erlernen und diese auch zeigen“, bekundete der Festredner. Dies sei keine Selbstverständlichkeit und deswegen gebühre ein herzlicher Dank all jenen, die sich der landsmannschaftlichen Arbeit, der Kultur- und Brauchtumspflege verschrieben haben. Julian Würtenberger verband seinen Dank für das Geleistete mit der Bitte: „Machen Sie weiter!“ Und an die Jugend richtete er den Aufruf: „Geben Sie Ihre Kultur, Ihre Traditionen weiter und weiter und weiter!“ Die heutige Veranstaltung sei der Beleg dafür, „dass die Banater Schwaben Zukunft haben“.

Zwischen den einzelnen Redebeiträgen führten die Trachtengruppen die DBJT-Gemeinschaftstänze vor und gaben einen Vorgeschmack auf das Highlight des Abends: die Tanzdarbietungen im Rahmen des 22. Volkstanzfestivals der Jugend- und Trachtengruppen der Banater Schwaben aus Baden-Württemberg. Zur Eröffnung des Tanzreigens begrüßte die Brauchtumsbeauftragte Ines Szuck die mitwirkenden Trachtengruppen der Kreisverbände Crailsheim, Esslingen, Frankenthal und Karlsruhe. Sie dankte ihrer Vorgängerin Theresia Teichert für ihr langjähriges Engagement wie auch die Unterstützung, die sie persönlich erfahren habe, mit einem Blumenstrauß. Worte des Dankes und Lobes sprach auch die stellvertretende DBJT-Vorsitzende Heidi Müller, die Theresia Teichert in Anerkennung ihrer Verdienste um den Jugendverband, um den Erhalt und die Weitergabe von Brauchtum und Tradition die Goldmedaille der DBJT überreichte.

Durch das anschließende Programm führten selbsicher und mit jugendlichem Charme Melanie Müller und Lukas Krispin. Begleitet wurden die Volkstanzdabietungen von der Original Banater Schwabenkapelle. Den Anfang machte die Kindertanzgruppe des Kreisverbandes Esslingen, eine von drei Gruppen, die innerhalb der 1988 gegründeten und zurzeit 41 Mitglieder zählenden Brauchtums- und Volkstanzgruppe Esslingen/Wendlingen bestehen. Die Gesamtleitung hat seit Anbeginn Renate Krispin inne. Die von Anna Lehmann und Renate Krispin trainierte Kindertanzgruppe legte eine flotte Polka aufs Parkett. Ihre „Klatschpolka“, gekonnt und mit voller Begeisterung vorgeführt, gefiel ebenso wie die Polka „Susi heb dich“, einwandfrei dargeboten von der Esslinger Jugendtanzgruppe, die auch von zwei Jugendlichen, Anna Lehmann und Lukas Krispin, geleitet wird.

Zum ersten Mal mit dabei war die Jugendtrachtengruppe des Kreisverbandes Frankenthal. Die Gastgruppe aus Rheinland-Pfalz, im Jahr 2000 gegründet, besteht derzeit aus 22 Mitgliedern und wird von Verena Schäfer und Melanie Folk geleitet. Dass auch diese Jugendlichen vom Tanzvirus infiziert sind, wie es die beiden Moderatoren ausdrückten, war bei ihrer Vorführung unschwer zu erkennen. Sie zeigten ebenfalls eine Polka und allein schon deren Titel, „Lustige Leut“, ist ein Ausdruck von Lebensfreude und jugendlicher Leichtigkeit.

Nach drei Polkas wartete die Erwachsenentanzgruppe Esslingen/ Wendlingen mit einem Walzer auf. In der jetzigen Form besteht die Gruppe seit anderthalb Jahren, Tanzleiter sind Helga Schutz und Arnold Krispin. Sie präsentierte den von Theresia Teichert choreografierten Walzer „Schwabentänze“, die Musik dazu stammt von den Original Banater Dorfmusikanten aus München.

Anschließend stellten die beiden Gruppen des Kreisverbandes Karlsruhe ihr tänzerisches Können unter Beweis. Die seit 1993 bestehende Jugendgruppe hat heute 22 Mitglieder, darunter etliche, die der einstigen Erdbeer-Kindergruppe entwachsen sind, und wird von Melanie Müller und Bianca Göpfrich geleitet. Sie überzeugte mit der schwungvollen „Resi-Polka“, die sich durch abwechslungsreiche Formationen und Figuren kennzeichnet. Die Erwachsenengruppe, 1998 gegründet, steht unter der Leitung von Heidi Müller und Werner Gilde. Für ihren Auftritt in Göppingen hatte sie die „Paul-Polka“ (Choreografie: Heidi Müller, Musik: Blaskapelle Billed-Alexanderhausen) ausgesucht. Da es sich um einen Kreistanz handelt und somit von beliebig vielen Paaren getanzt werden kann, habe sich diese Polka zum geheimen Karlsruher Gemeinschaftstanz entwickelt, verrieten die Moderatoren.

Der Walzer „Rosen der Liebe“, eine Komposition des donauschwäbischen Kapellmeisters Josef Augustin, beendete die Einzelvorführungen der Gruppen. Er steht im Repertoire der Trachtentanzgruppe des Kreisverbandes Crailsheim, die es seit 29 Jahren gibt und heute aus zwölf
Jugendlichen- und Erwachsenenpaaren besteht. Klara Weber leitet die Gruppe gemeinsam mit Melanie
Furak. Wie alle anderen Gruppen ernteten auch die Crailsheimer für ihre Darbietung viel Applaus.

Mit dem Gemeinschaftstanz „Veilchenblaue Augen“ endete das Volkstanzfestival, der Abend war aber noch lange nicht vorbei. Der Göppinger Kreisvorsitzende Manfred Jäger eröffnete den Schwabenball, zu dem die Band „Die Palomas“ aufspielte. Bei schwungvollen Tänzen und guter Unterhaltung klang der Abend aus.