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Vereinsarbeit: Bilanz und Neuorientierung

Der neu gewählte Bundesvorsitzende Peter-Dietmar Leber mit seinem Bundesvorstand und mit dem Ehrenvorsitzenden Bernhard Krastl.

Die Delegierten der Landesverbände und der Heimatortsgemeinschaften wählten einen neuen Bundesvorstand. Im dreijährigen Turnus wählen die Delegierten der Landesverbände und Heimatortsgemeinschaften der Landsmannschaft der Banater Schwaben einen neuen Bundesvorstand. Dieses verbandseigene Ereignis fand am 12. Februar statt. In den „Ulmer Stuben“ waren 91 Delegierte anwesend, die laut Satzung dazu berechtigt waren, einen neuen Bundesvorstand zu wählen. Die Hauptversammlung steht offen für alle Vereinsmitglieder, doch sind laut Satzung nur die Delegierten stimmberechtigt. Letztere wurden in den Delegiertenversammlungen der Landesverbände in den zurückliegenden Wochen nominiert, die Vertreter der Heimatortsgemeinschaften bereits im Frühjar 2010 bei der Tagung der Vorsitzenden der Heimatortsgemeinschaften.

Nach Feststellung der ordnungsgemäßen Einberufung der Hauptversammlung, ihrer Beschlussfähigkeit und der Feststellung der Stimm- und Vertretungsrechte der anwesenden Delegierten, legte der amtierende Bundesvorsitzende Bernhard Krastl einen ausführlichen Rechenschaftsbericht vor. Das in den Berichtszeitraum fallende Schlussurteil, das die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete vierzigprozentige Kürzung der Fremdrentenanteile endgültig festschreibt, bezeichnete Krastl als große Enttäuschung und als ein Verdikt, das viele unserer Landsleute hart trifft. Bezüglich des seit 2006 in Kraft getretenen Sozialabkommens zwischen Deutschland und Rumänien appellierte der Bundesvorsitzende an die Vertreter der Kreis- und Landesverbände, den Landsleuten beratend beizustehen, wenn es Schwierigkeiten bei der Beschaffung der nötigen Belege für den Nachweis der Beschäftigungszeiten in der alten Heimat gibt.

Im Rechenschaftsbericht wurde auch auf die Kontakte der Landsmannschaft mit wichtigen Schaltstellen der Politik eingegangen. In diesem Zusammenhang unterstrich Bernhard Krastl die guten Beziehungen zu Dr. Christoph Bergner, dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten und Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, zur CDU / CSU-Bundestagsfraktion und dessen Vorsitzenden Volker Kauder. Als gut wurden auch die Beziehungen zu den Landesregierungen eingeschätzt, besonders zu der des Patenlandes Baden-Württemberg. Mit Heribert Rech, Innenminister von Baden-Württemberg und Landesbeauftragter für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, habe unser Verband stets einen verlässlichen und hilfsbereiten Ansprechpartner.

Als ausgesprochen freundschaftlich bewertete der Bundesvorsitzende die Beziehungen zum BdV und zu den landsmannschaftlichen Verbänden der Donauschwaben, der Siebenbürger Sachsen und der Sathmarschwaben. Eine gute Zusammenarbeit gab es auch mit dem Donau-schwäbischen Zentralmuseum in Ulm und besonders mit der dort wirkenden Kulturreferentin für
Südosteuropa, Dr. Swantje Volkmann. Der Bundesvorsitzende äußerte seine Zuversicht, dass künftig die Zusammenarbeit mit dem Museum und anderen Kultureinrichtungen – wie das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen – weiter ausgebaut werde. In diesem Zusammenhang wurde auch auf das 2009 in München gegründete Gerhardsforum hingewiesen, dessen Aktivitäten weiterhin mit jenen der Landsmannschaft verknüpft werden, wie auch auf das seit Jahrzehnten bestehende Sankt-Gerhards-Werk in Stuttgart, mit dem ebenfalls gute Kontakte gepflegt werden.

Was die Zusammenarbeit der Landsmannschaft mit dem Hilfswerk der Banater Schwaben betrifft, machte Krastl die Feststellung, dass diese sich seit der letzten Hauptversammlung verbessert haben, nicht zuletzt durch die vorgenommene Satzungsänderung, nach der das Hilfswerk in die Landsmannschaft eingegliedert wurde. Es wäre zu erwarten, so der Bundesvorsitzende, dass auch das Hilfswerk einen Schritt des Entgegenkommens macht und seinerseits durch eine Satzungsänderung dem Bundesvorsitzenden einen Platz im Vorstand des Hilfswerks einräumt. Dieses sichtbare Zeichen würde das Miteinander fördern, die Kommunikation verbessern und gewiss das Erreichen der gemeinsamen Ziele erleichtern.

Als erfolgreich wurde die Zusammenarbeit der Landsmannschaft mit dem Temeswarer Bistum angeführt. Dank der von der Diözese zur Verfügung gestellten Matrikeldaten konnte eine Reihe von Ortssippenbüchern herausgebracht werden. Mit Unterstützung der Landsmannschaft und des Gerhardforums wird es auch künftig den Familienforschern ermöglicht, an die entsprechenden Daten zu gelangen und diese zu verarbeiten, mit der Auflage jedoch, dass keine Matrikeldaten im Internet veröffentlicht werden und dass die Ergebnisse der Familienforschung nicht mittels digitaler Datenträger verbreitet werden.

Der Rechenschaftsbericht ging in der Folge auf die wichtigsten Großveranstaltungen der Landsmannschaft ein und nahm Stellung zu den Aktivitäten der einzelnen Untergliederungen der Landsmannschaft. Hervorgehoben wurden dabei die zwei letzten Heimattage, von denen eine doppelte Botschaft ausgeht: die Entschlossenheit der Banater Schwaben in der deutschen Gesellschaft ihren Platz einzunehmen und nach innen ein Zeichen für die Aufrechterhaltung des Zusammenhalts der Lands-leute zu setzen. Einen herzlichen Dank richtete Bernhard Krastl an alle Mitwirkenden und Teilnehmer an den Heimattagen, verbunden mit einem besonderen Lob für die Jugend- und Trachtengruppen, die das Festprogramm in vorzüglicher Weise gestalteten.

Etwas ernüchternder fiel die Bilanz der Tätigkeiten der Kreisverbände aus. Neben vielen Kreisverbänden, die nach wie vor eine erfolgreiche Arbeit vorzuweisen haben, gebe es leider auch Untergliederungen mit einer äußerst reduzierten Tätigkeit. Mitgliederschwund und mangelndes ehrenamtliches Engagement sind oft der Grund dafür. Für diese Fälle wurde vorgeschlagen, dass sich kleinere Kreisverbände zusammenschließen sollten, um so ihr Kräftepotential zu bündeln. Der Arbeit des Kultur- und Dokumentationszentrums in Ulm wie auch jener des Heimathauses in Würzburg müsse in Zukunft vom Vorstand größere Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit diese beiden Einrichtungen auch weiterhin ihrem Auftrag gerecht werden.

Keine erfreulichen Zahlen legte der Bericht vor, was die Entwicklung der Mitgliederzahl des Verbandes betrifft. Hauptsächlich wegen der hohen Altersstruktur verliert der Verband im Schnitt
300 Mitglieder pro Jahr. Dieser Rückgang sei – verglichen mit der Situation in anderen Landsmannschaften – keine Besonderheit und sei zu erklären durch die fortschreitende Integration der Landsleute. Dennoch müsse es eine Hauptaufgabe für die Zukunft bleiben, neue Mitglieder zu werben und besonders die jüngere und mittlere Generation für die landsmannschaftlichen Belange zu sensibilisieren. Der gegenwärtig in den Jugend- und Trachtengruppen zu verzeichnende Aufwind müsse genutzt werden, um diesem Ziel näherzukommen. Der Bundesvorsitzende richtete an die Teilnehmer der Hauptversammlung den Appell, sich aktiv in die Mitgliederwerbung einzuschalten.

Abschließend bezog sich Krastl auf die Aufgaben der Landsmannschaft im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der jüngsten Geschichte im Hinblick auf das Studium der Securitate-Akten. Nach wie vor müsse man eine pauschale Beschuldigung des Verbandes, mit dem rumänischen Geheimdienst zusammengearbeitet zu haben, entschieden zurückweisen. Die Landsmannschaft werde sich jedoch darum be-mühen, Licht ins Dunkel zu bringen und eventuelle Verstrickungen von Personen sachlich untersuchen. Erste Schritte wurden bereits unternommen. Sobald stichhaltige Ergebnisse vorliegen, werden diese auch bekanntgemacht. Eine Schlammschlacht oder gar eine Enthüllungskampagne soll es nicht geben, aber objektive Aufklärung.

Einen Bericht über die Haushaltslage in der Zeitspanne 2008–2010 legte Peter-Dietmar Leber in seiner Funktion als Bundesgeschäftsführer vor. Die korrekte Kassenführung und die ausgeglichene Buchungsbilanz wurden bereits im Vorfeld der Hauptversammlung von den Kassenprüfern Kurt Lohmüller und Adolf Gutekunst bestätigt. Nach der Entlastung des alten Bundesvorstandes folgte die Wahl eines neuen Bundesvorstandes der Landsmannschaft. Wahlleiter war Josef Koch, Sprecher der Heimatortsgemeinschaften. Diesmal sorgte dieser Punkt auf der Tagungsordnung für gewisse Aufregung und Spannung. Zur großen Überraschung der versammelten Delegierten kündigte Bernhard Krastl an, dass er für eine weitere Legislaturperiode nicht mehr zur Verfügung stehe. Er dankte für das ihm bislang entgegengebrachte Vertrauen und schlug Peter-Dietmar Leber als Kandidat für das Amt des Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft vor. Leber ist ehrenamtlicher Vorsitzender des Landesverbandes Bayern und Vorsitzender des Kreisverbandes München der Landsmannschaft. Als Bundesgeschäftsführer ist er mit der Vereinsarbeit bestens vertraut. Ebenfalls für das Amt des Bundesvorsitzenden wurde Dr. Benno Schäfer vorgeschlagen. Er ist Vorsitzender des Kreisverbandes Geretsried. Nachdem sich beide Kandidaten kurz vorgestellt hatten, erfolgte die Abstimmung in geheimer Wahl. Das Ergebnis war eindeutig: Von insgesamt 91 abgegebenen Stimmen fielen auf Peter-Dietmar Leber 85 und auf Dr. Benno Schäfer sechs.

Laut Satzung werden dem Bundesvorsitzenden vier Stellvertreter zur Seite stehen. Die Delegierten wählten in diese Ehrenämter: Richard S. Jäger (Mannheim / Neupanat), Jürgen Griebel (Mannheim / Lenauheim), Georg Ledig (Waldkraiburg / Semlak) und Johann Metzger (Ingolstadt / Sanktandres). Beisitzer im Bundesvorstand sind Dr. Swantje Volkmann (Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Museum Ulm) und Walter Keller (Frankenthal / Marienfeld). Auf Vorschlag des neuen Bundesvorsitzenden wählte die Hauptversammlung, begleitet von stehendem Applaus, Bernhard Krastl zum Ehrenvorsitzenden der Landsmannschaft.

Dem Bundesvorstand werden laut Satzung noch Josef Koch (Sprecher der Heimatortsgemeinschaften) und Harald Schlapansky (Vorsitzender der Deutschen Banater Jugend- und Trachtengruppen) angehören. Dem Schiedsgericht gehören an: Rechtsanwalt Hans Georg Huniar, Pfarrer Peter Zillich, Rechtsanwalt Harald Zeitvogel, Sorin Braun und Theresia Teichert. Zu Kassenprüfern wurden Adolf Gutekunst und Kurt Lohmüller berufen.

Abschließend dankte der neu gewählte Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Peter-Dietmar Leber, für das entgegengebrachte Vertrauen und formulierte kurz die Zielsetzungen für die Zukunft. Dabei unterstrich er seine Bereitschaft, künftig für mehr Transparenz in der landsmannschaftlichen Arbeit zu sorgen und sich für die aktive Mitarbeit der Kreis- und Ortsverbände einzusetzen. Das verstärkte Einbinden der Jugendlichen und das Heranziehen von neuen Mitarbeitern wird ein weiteres Ziel sein. Als Schwerpunkte der künftigen Arbeit im kulturellen Bereich wurde die Aufarbeitung der Geschichte und die Sicherung des kulturellen Erbes genannt. Eine Aufgabenverteilung unter den Mitgliedern des Bundesvorstandes werde unverzüglich erfolgen und bekanntgegeben.

Im Lauf der Versammlung wurde vom Landesverbandes Baden-Württemberg der Landsmannschaft ein Antrag zur Änderung der Satzung eingebracht, nach dem der Bundesvorsitzende künftig für maximal drei Wahlperioden gewählt werden kann. In der Diskussion über diesen Antrag wurden Argumente pro und kontra vorgebracht. Bei der anschließenden Abstimmung entschied sich die große Mehrheit dafür, den Antrag abzulehnen.