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Ungelöste Restitutionsfälle auf der Tagesordnung

Gespräch über den Stand der Eigentumsrückgabe in der Botschaft Rumäniens in Berlin, von rechts: Botschafter Emil Hurezeanu, ANRP-Präsident Dr. George Băeșu, Verbandspräsident Dr. Bernd Fabritius MdB, Bundesvorsitzende Herta Daniel und Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber. Foto: Petre Stămătescu

Auf Einladung des Botschafters der Republik Rumänien in der Bundesrepublik Deutschland, Emil Hurezeanu, fand am 17. Oktober 2016 in Berlin ein Gespräch zwischen dem Präsidenten der rumänischen Restitutionsbehörde (ANRP), Staatssekretär Dr. George Băeșu, und Vertretern des Verbandes der Siebenbürger Sachsen sowie der Landsmannschaft der Banater Schwaben statt. Der Dialog war in Gang gekommen, als Botschafter Hurezeanu bei einem Gespräch des damaligen rumänischen Außenministers Bogdan Aurescu mit den Vertretern beider Verbände in München den Vorschlag machte, konkrete Angaben zur schleppenden Erledigung von Restitutionsansprüchen ausgesiedelter Deutscher aus Rumänien zu machen, um diese der obersten Restitutionsbehörde in
Bukarest zwecks Begutachtung zu überreichen. Nachdem die Verbände am 22. Februar mehr als 1150 un-gelöste Restitutionsfälle überreicht hatten, suchte die ANRP das Gespräch, um über den Stand der Bearbeitung von Restitutionsfällen zu berichten, die Arbeitsweise der Behörde zu erklären und mögliche zeitliche Perspektiven zur Erledigung der Anträge aufzuzeigen.

Der Präsident des Bundes der Vertriebenen und des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Dr. Bernd Fabritius MdB, kritisierte sehr entschieden, dass viele Restitutionsanträge ausgesiedelter Deutscher aus Rumänien unerledigt geblieben seien. Die Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Herta Daniel, erinnerte daran, dass seit Inkrafttreten des ersten Restitutionsgesetzes eine Generation von Besitzern oder Erben in der bitteren Gewissheit verstorben sei, dass der
ihnen oder ihren Vorfahren von dem kommunistischen Regime widerrechtlich enteignete Besitz ihren Nachkommen vorenthalten geblieben sei. Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber wies darauf hin, dass eine zügige Bearbeitung der anhängenden Verfahren in vielerlei Hinsicht positive Auswirkungen haben würde und überreichte weitere 29 Fälle unerledigter Anträge von Mitgliedern unserer Landsmannschaft.

Von den bisher seitens unserer Landsmannschaft der ANRP über die rumänische Botschaft weitergeleiteten 339 Fällen waren laut ANRP-Antwort vom Juli 2016 gerade mal sechs Anträge erledigt worden, weitere vier standen unmittelbar vor einer Erledigung, bei zehn Anträgen wurden weitere Dokumente angefordert, 47 Anträge harrten der Bearbeitung bei der ANRP.

Staatssekretär Dr. George Băeșu wies auf Probleme bei der Zusammenarbeit der einzelnen am Restitutionsprozess betroffenen Behörden hin, auf Fälle, wo Bürgermeister die zur Restitution verfügbaren landwirtschaftlichen Flächen nicht bekannt geben, wo bereits ergangene Bescheide von den lokalen Behörden nicht umgesetzt würden oder Antragsteller ihnen zugewiesene Flächen nicht
akzeptieren würden. Mehrere solcher Fälle seien im Banat bekannt. Um diese missfällige Situation zu beenden, beabsichtigt der Präsident der ANRP, Fachleute seiner Behörde in besonders betroffene Gebiete zu entsenden, damit diese die Lage vor Ort analysieren und Abhilfe schaffen.

Bei der ANRP in Bukarest befinden sich auch 60000 Anträge auf Restitution von während der kommunistischen Herrschaft enteigneten Immobilien. Von diesen seien bisher  20000 Anträge bearbeitet worden. Gegenwärtig würden monatlich 700 Anträge bearbeitet, diese Zahl soll auf 1000 erhöht werden, so dass in den nächsten drei Jahren doch sämtliche Anträge beschieden würden. Dort, wo eine Restitution in natura nicht mehr möglich sei, sollen ab 1. Januar 2017 Entschädigungszahlungen aus dem Fonds „Proprietatea“ in mehreren Tranchen erfolgen. Besondere Umstände – aus sämtlichen Landkreisen Rumäniens seien ganze LKW-Ladungen mit Anträgen gleichzeitig nach Bukarest geschickt worden – hätten dazu geführt, dass eine Registratur nach Eingang der Anträge erstmal nicht möglich war. Erst nach und nach habe die Behörde dies bewerkstelligen können und auch strengere Kontrollen eingeführt, um Missbrauch zu verhindern.

Nach Abschluss eines Verfahrens werde dem Antragsteller die Summe der Punkte, die seiner Immobilie entsprechen, mitgeteilt. Die Punkte werden nach einer Schätztabelle der Notarkammer von 2013 vergeben. Ein Punkt entspreche einem Leu.

In den Fällen, in denen durch ein Gerichtsurteil der Wert einer Immobilie bereits in Lei festgelegt wurde, erhält der Antragsteller einen Bescheid, in dem der Wert der Immobilie in Höhe der gleichen Summe in Lei angegeben ist. Antragsteller mit einem solchen Gerichtsbeschluss sollten sich immer umgehend an die ANRP wenden und formlos eine Anwendung des Gerichtsbeschlusses beantragen. Überhaupt könne er den Antragstellern nur empfehlen, immer wieder vor Ort nachzufragen, Druck auszuüben und das Verfahren zu begleiten.

Der ANRP-Präsident erläuterte, dass von den Anträgen der kirchlichen Gemeinden und des Forums ein viel höherer Prozentsatz bereits erledigt sei als von Anträgen von Einzelpersonen. So seien zum Beispiel 127 der 136 gestellten Anträge des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien beschieden.

Botschafter Emil Hurezeanu wies zum Abschluss des Gespräches auf die Bedeutung der deutsch-rumänischen Beziehungen in Wirtschaft und Politik hin. Sie stellten in vielen Bereichen eine Sonderstellung im Vergleich zu den anderen mittel- und osteuropäischen Staaten dar. Dazu hätten auch die Deutschen in und aus Rumänien in positivem Sinne beigetragen. Der Dialog wird fortgesetzt.