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Ein Ort, an dem das kulturelle Herz der Donauschwaben schlägt

Startschuss für die Online-Bibliothek des Hauses der Donauschwaben in Sindelfingen. Im Bild (von links): Bernhard Krastl, Bundesvorsitzender der LM der Banater Schwaben; Paul Nemeth MdL; Otto Welker, Vorsitzender des Vereins Haus der Donauschwaben; Innenminister Heribert Rech; Oberbürgermeister Bernd Vöhringer

Das Haus der Donauschwaben in Sindelfingen

Vierzig Jahre »Haus der Donauschwaben« in Sindelfingen

Fahnen- und blumengeschmückt erwartete das Geburtstagskind seine Gäste. Und sie kamen in Scharen, um in einem beeindruckenden Festakt das vierzig-jährige Bestehen der weltweit bekannten donauschwäbischen Kulturinstitution zu feiern. Gerne übernahm Otto Welker, Vorsitzender des Vereins „Haus der Donau-schwaben“, die angenehme Hausherrenpflicht, die Gäste zu begrüßen. Einen besonders herzlichen Willkommensgruß entbot er dem Innenminister des Paten-landes Baden-Württemberg, Heribert Rech MdL, und dem Oberbürgermeister der Patenstadt Sindelfingen, Dr. Bernd Vöhringer. Er dankte beiden Herren für ihr Kommen. Mit ihrer Anwesenheit bekundeten sie einmal mehr ihre Verbundenheit zu den Donauschwaben und ganz besonders zum Haus der Donauschwaben. Darüber hinaus begrüßte Otto Welker herzlich den Landtagsabgeordneten Paul Nemeth, die Fraktionsvorsitzenden bzw. Vertreter des Gemeinderates von Sindelfingen und die Mitglieder des Patenschaftsrates der Stadt Sindelfingen.

Ein herzliches Willkommen entbot er dem langjährigen Vorsitzenden des Hauses, Jakob Dinges, und Anton Wirth, dem Vertreter des Arbeitskreises donauschwäbischer Familienforscher. Ebenso begrüßte er den Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Bernhard Krastl, sowie die Bundes-vorsitzenden der vier donauschwäbischen Landsmannschaften. Sein Gruß galt ebenso Christian Glass, dem Leiter des Donauschwäbischen Zentralmuseums Ulm, und Dr. Mathias Beer, dem Geschäftsführer des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen, sowie Arnold Tölg vom Bund der Vertriebenen. Besonders herzlich begrüßte er die Vertreter der Kirche, Benediktinerpater Johannes Rathfelder von der katholischen Kirche und seinen evangelischen Amtskollegen Pfarrer Reinhardt Seibert sowie Katja Rohde-Paulich (Violine) und Hiro Fuchiwaki (Klavier) von der Musikschule Sindelfingen, die den festlichen Rahmen würdig gestalteten.

Im weiteren Verlauf seiner Ansprache gab Otto Welker einen kurzen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte und einen Einblick in die heutige Aufgabenvielfalt des Hauses. Dank der finanziellen Beteiligung der Bundesregierung, des Patenlandes Baden-Württemberg, der Patenstadt Sindelfingen und der Donauschwaben konnte dieses einmalige Gemeinschaftswerk erstellt werden. Mit dem Bau dieser Kulturinstitution sei nicht nur ein langgehegter Wunsch der Donauschwaben in Erfüllung gegangen; auch die Visionen der Gründungsväter Arthur Gruber, Dr. Adam Krämer, Jakob Wolf und Ludwig Schumacher seien Realität geworden: die Vision von einem realen Ort für die neue geistige Heimat aller Donauschwaben. Die Bedeutung des Hauses der Donauschwaben war bereits beim Richtfest (13. September 1969) erkennbar, als der damalige Bundeskanzler Dr. Kurt Georg Kiesinger sowie der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Dr. Hans Filbinger, die Festreden hielten. Am 7. November 1970 wurde dann das „Haus der Donauschwaben“ feierlich eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. 1982 wurde der Anbau fertiggestellt. Die Festansprache hielt der damalige Innenminister von Baden-Württemberg und spätere Bundespräsident Prof. Dr. Roman Herzog.

Von Anfang an war das Haus der Donauschwaben in Sindelfingen der Mittelpunkt des donauschwäbischen Kultur- und Gemeinschaftslebens. Als donauschwäbisches Kulturzentrum, als Informations-, Dokumentations- und Forschungsstätte, als internationales donauschwäbisches Begegnungszentrum und als „Weltheimathaus“ der Donauschwaben genieße diese Institution weltweit einen guten Ruf und sei im Bewusstsein der Öffentlichkeit fest verankert. Das Haus der Donauschwaben habe auch nach vierzig Jahren nichts von seiner Attraktivität eingebüßt. Das beweist nicht zuletzt auch die erfreulich hohe Besucherzahl der Jubiläumsveranstaltung.

Kultur- und Forschungsstätte

In ihren Festansprachen würdigten Innenminister Heribert Rech und Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer das Haus der Donauschwaben als bedeutende donauschwäbische Kultur- und Forschungsstätte. Heribert Rech: „Ein Ort, an dem die Erinnerung an die verlorene Heimat zu Hause ist und an dem die donauschwäbische Kultur in der neuen Heimat zuhause sein kann. Das ist gelungen.“ Baden-Württemberg habe dieses Vorhaben von Anfang an unterstützt, denn es habe zu den Donauschwaben, zu ihrer Tradition und Geschichte eine ganz besondere Beziehung. Daher habe das Land auch bereits im Jahr 1954 die Patenschaft über alle Donauschwaben übernommen. Für das Land habe sich die Patenschaft nicht nur in einer schönen Urkunde ausdrücken sollen. Der Anspruch sei vielmehr gewesen, sie lebendig zu gestalten. So sei es dem Land gelungen, gemeinsam mit der Stadt Sindelfingen, mit den Donauschwäbischen Landsmannschaften und zu Beginn auch gemeinsam mit dem Bund das Haus der Donauschwaben ins Leben zu rufen. Es sei die älteste von vier Einrichtungen in Baden-Württemberg, die mithelfen sollten, die donauschwäbische Kultur zu erhalten. „Begegnungen können zu Bausteinen des Lebens werden“, zitierte Innenminister Heribert Rech, der auch Landesbeauftragter für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler ist, einen Aphorismus von Alfred Rademacher.

Nach vierzig Jahren lebendiger Geschichte des Hauses der Donauschwaben sei das eingetroffen, was sich die Visionäre erträumt hätten. „Wenn es außerhalb der donauschwäbischen Siedlungsgebiete einen Ort geben kann, an dem das kulturelle Herz der Donauschwaben schlägt, dann ist es das Haus der Donau-schwaben in Sindelfingen“, betonte Rech. Es sei mit mehr als 25 000 Besuchern aus aller Welt im Jahr und über 600 Veranstaltungen ein Haus der Begegnungen mit völkerverbindendem Charakter. Anspruchsvolle Konzerte, Gemälde-, Foto- und Dokumentationsausstellungen, Dichterlesungen, Theater- und Tanzaufführungen sowie Film- und Diavorführungen seien Teil des umfangreichen kulturellen Angebots. Die Mitwirkenden seien größtenteils Donauschwaben, und die Veranstaltungen seien donau-schwäbischen Themen gewidmet.

Wertvoller Buchbestand

Auch die Wissenschaft profitiere vom Haus der Donauschwaben. Der Trägerverein könne stolz sein auf eine Bibliothek mit 16 000 Werken mit zum Teil einzigartigen donauschwäbischen Beständen. Für die Arbeit von Wissenschaftlern, Studenten und Schülern, aber auch von Familienforschern sei sie als Forschungsstätte unverzichtbar geworden. „Die Kultur der Donauschwaben ist lebendig, sie ist es hier in Sindelfingen besonders“, sagte der Minister. Die Donauschwaben seien aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Stadt und der Kulturlandschaft des Landes nicht mehr wegzudenken. Dies sei auch ein Verdienst des Hauses der Donauschwaben mit seinem Trägerverein. Über vierzig Jahre lang hätten sich hier überaus engagierte Menschen um diese Einrichtung und ihren Erfolg verdient gemacht.

Auch für Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer hat das Haus einen hohen Stellenwert. Heute noch sei die Intention der Gründungsväter dieses Hauses zu spüren, „den Donauschwaben aus aller Welt, ihrem Geist und ihrer Kultur eine Heimat und eine Anlaufstelle zu verschaffen“. Die Ausstrahlung des Hauses gehe mitten hinein in die Gesellschaft. Die Stadt verdanke viele internationale Beziehungen auch dem Haus der Donauschwaben. Das Haus sei sichtbarer Ausdruck lebendiger Patenschaftsbeziehung und großartiger Integrationsleistung. Auch im kulturellen Leben der Stadt Sindelfingen habe das Haus der Donauschwaben seinen festen Platz. „Wir sind stolz und dankbar, eine Einrichtung mit einer solchen Ausstrahlung hier in Sindelfingen zu beheimaten.“ Der Oberbürgermeister versicherte, dass auch in finanziell schwierigen Zeiten der Kern der Patenschaft und die Zukunft des Hauses vom Gemeinderat und der Verwaltung nie in Frage gestellt worden seien. Die Stadt werde auch weiterhin die hervorragende Arbeit dieses Hauses der Donauschwaben unterstützen und alles daransetzen, ihren Beitrag zur lebendigen Weiterentwicklung des Hauses zu leisten. Sowohl der Innenminister als auch der Oberbürgermeister würdigten in ihren Ansprachen die engagierte Arbeit der Geschäftsführerin und ihres Teams.

Pater Johannes Rathfelder von der katholischen Kirche und sein evangelischer Kollege Reinhard Seibert baten in ihrem religiösen Impuls: „Gott, hilf uns, Brücken zu bauen, die so breit sind wie die Abgründe, die uns trennen.“ Als Sinnbild für diese Bitte forderten sie die Besucher des Festakts auf, sich beim Vaterunser die Hände zu reichen. In seinen Dankesworten bezeichnete Otto Welker das Haus der Donauschwaben als ein sichtbares Zeichen der gelungenen Verwirklichung der Patenschaften des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Sindelfingen. Es sei zudem ein beeindruckendes Zeugnis des zielbewussten Selbsthilfewillens, der Opferbereitschaft und der Heimatverbundenheit der Donauschwaben.

Kultureller Brückenschlag

In seinen Schlussworten dankte der Vorsitzende all jenen, die in den vergangenen vierzig Jahren im und für das Haus der Donauschwaben positiv gewirkt haben. Seinen besonderen Dank sprach er dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Sindelfingen aus, namentlich Innenminister Heribert Rech und Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer, für die kontinuierliche und stets wertvolle Unterstützung der Arbeit im Haus der Donauschwaben und die fördernde Zusammenarbeit.

Otto Welker zeigte sich zuversichtlich, dass das Haus der Donauschwaben auch in Zukunft eine zentrale Rolle als Kulturinstitution und Forschungsstätte spielen werde. „Die Aufgaben sind vielfältiger geworden, aber nicht weniger. Ich bin überzeugt, dass die Arbeit hier im Haus der Donauschwaben nach wie vor Brücken bauen wird von der donauschwäbischen Vergangenheit über die Gegenwart in die europäische Zukunft.“ Dass die Einrichtung mit der Zeit geht, demonstrierten Otto Welker, Heribert Rech und Dr. Bernd Vöhringer im Anschluss an den Festakt, als sie den OnlineKatalog der Bibliothek durch einen symbolischen Knopfdruck offiziell in Betrieb nahmen. Die Bibliothek ist ein Prunkstück im Haus der Donauschwaben. Otto Welker, Henriette Mojem, die Geschäftsführerin des Hauses der Donauschwaben, und Bibliothekar Ottmar Maier hegten schon lange den Traum, die Bibliotheksbestände des Hauses elektronisch zu erfassen, damit Interessenten die Bücher weltweit per Knopfdruck abrufen können. Doch die Investitionskosten von 10 000 Euro ließen den Traum platzen. Dann aber kam das Innenministerium Baden-Württemberg zu Hilfe und gewährte dem Vorhaben eine Projektförderung von 70 Prozent. Adrienne Treitz und Johannes Neumayer erfassten die 16 000
Titel aus der Bibliothek und die Mikrofilme des Arbeitskreises donauschwäbischer Familienforscher innerhalb von zehn Monaten. Nun sind die Weichen gestellt, diese Spezialbibliothek für donauschwäbisches Schrifttum einem noch breiteren Forscher- und Leserkreis zugänglich zu machen und die Bestände noch einfacher, schneller und effizienter zu nutzen.

Am Nachmittag hatten die Besucher Gelegenheit, das Haus und die Ausstellung „40 Jahre Haus der Donauschwaben“ zu besichtigen. Die Ausstellung zeigt anhand von zahlreichen Fotos, Dokumenten und Zeitungsberichten die Geschichte und das vielfältige kulturelle und gesellschaftliche Leben im Haus der Donauschwaben der letzten vierzig Jahre und ist bis zum 31. Januar 2011 im Foyer zu besichtigen.