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Die Schatzgräber von Bakowa

Am Kirchweihmontag feierten die Bakowaer eine Maiandacht unter freiem Himmel vor der 1932 errichteten Kapelle am Silascher Weinberg.

Musik und Tanz während der Weinprobe im Wirtschaftshof „Buttenberg“ gleich neben der Kapelle am Silascher Weinberg. Fotos: HOG Bakowa

Vom Silascher Weinberg konnte man an klaren Tagen wie dem 23. Mai 2016 den Kirchturm von Bakowa (Bildmitte) mit freiem Auge erkennen.

Wenn die Banater Schwaben das Kirchweihfest feierten, gehörten Gastfreundschaft und geselliges Beisammensein, gutes Essen und ein edler Tropfen Wein schon immer dazu. Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert, nur dass die Zeitspanne des Feierns an die Verhältnisse angepasst werden musste. Davon konnten sich alle überzeugen, die aus Deutschland angereist waren, um am 22. Mai das Kirchweihfest in Bakowa mitzufeiern, das von den Bakowaern über Generationen hinweg – anfangs im Oktober, später Ende August – vier Tage lang mit Gottesdienst, Trachtenumzug, Musik und Tanz gefeiert wurde. Doch für die Feier des Kirchweihmontags nach diesem Kirchweihfest hatte sich die Vorstandschaft der HOG Bakowa etwas Besonderes ausgedacht: eine Weinprobe im Silascher Weinberg, dem Ursprung des guten Weines, für den Bakowa auch in seiner weiteren Umgebung bekannt war. Um das Besondere daran zu verstehen, bedarf es einer kurzen Vorgeschichte zu Bakowa und seinen Bewohnern.

Wie Gottfried August Bürger es in seinem Gedicht „Die Schatzgräber“ beschrieben hat, haben die Bakowaer nach ihrer Ansiedlung im Banat ziemlich rasch entdeckt, dass in ihrem Weinberg (damit war vor allem der Silascher Berg gemeint, wo sie ab Mitte des 19. Jahrhunderts Parzellen erstanden und Weingärten angelegt hatten) ein Schatz verborgen liegt. Die Weingärten lagen jedoch überwiegend fünf bis zwölf Kilometer vom Dorf entfernt und es war beschwerlich, täglich diesen Weg zweimal zurückzulegen, vor allem auch wegen der besonderen Gerätschaften, die oft voluminös und schwer, bei der Arbeit im Weinberg aber unabdingbar waren. So verwundert es nicht, dass sich die Bakowaer, die sich mittlerweile sehr leidenschaftlich dem Weinbau widmeten und somit Tage und Wochen im Weinberg verbrachten, dort Häuschen errichteten, meist auch mit Stallung und Geräteschuppen. Schnell ergab sich daraus ein zweckmäßiges Miteinander, das tagsüber bestimmt war von der schweren Arbeit im Weinberg, von der sich die Menschen am Feierabend dann häufig gemeinsam erholten. Daraus erwuchs eine neue Art von Gemeinschaft.

Nachdem im Jahre 1932 dann schließlich auch eine Kapelle auf einem von Martin Mazarek gestifteten Grundstück mitten in den Weingärten errichtet worden war, begleitete tägliches Glockengeläut die
Arbeit und das Leben während der Woche im Weinberg. An klaren Tagen konnte man vom Gipfel des 326 Meter hohen Berges, auf dem die Kapelle heute noch steht, den Kirchturm von Bakowa mit freiem Auge ganz deutlich sehen und abends auch das Läuten der Kirchenglocken aus den umliegenden Dörfern hören. Das kommt auch in dem Gedicht „Feierabend am Weinberg“ von Josef Atsch zum Ausdruck. Wie viele andere seiner Generation auch, musste er schon als Kind im Weingarten mithelfen. Daran erinnern die folgenden Zeilen: „Ich saß einst am Hang, unter dem alten Kirschbaum bei Großvaters Haus / und ruhte mich von der harten Arbeit des Tages aus... / Man hörte von Turm zu Turm das Glockenläuten, / als wären es tausend goldene Saiten – / Glocken aus den heimischen Dörfern. / Und das Glöcklein von der Bergkapelle, / es klang, als trug es eine sanfte Welle / weit ins Land hinaus. / Das war meine Heimat, das war mein Zuhaus.“

So war es wohl für viele, die an diesem Kirchweihmontag im Weinberg dabei waren und das Leben dort seinerzeit selbst miterlebt hatten oder aus den Erzählungen von Eltern und Großeltern kannten, wie ein zweites Heimkommen, als das Glockengeläut der Bergkapelle zu Beginn der Maiandacht „über die Berge schallt’“. So wie seinerzeit am Urbani-Tag (25. Mai), als die Bakowaer in einer Prozession auf den Silascher Weinberg zogen und in der Kapelle einen Bittgottesdienst zum heiligen Urban, dem Schutzpatron der Winzer und Weinbauern, feierten, hatten sie sich an diesem 23. Mai erneut hier versammelt, um mit Pfarrer Eugen Vodila und Ignaz Bernhard Fischer unter freiem Himmel eine Maiandacht zu feiern. Und obwohl die Sonne hoch am Firmament stand, erklang „Leise sinkt der Abend nieder“ als Schlusslied der Andacht, um symbolisch an die Gemeinschaft jener fernen Zeit im Weinberg zu erinnern, die oft, um die Kapelle versammelt, ihr Tagwerk mit diesem Lied beendete, wie Käthe Schlapansky zu berichten wusste. Der ausführliche Bericht von Anni Weinschrott zur Entstehungsgeschichte der Kapelle im Weinberg war recht anregend für alle Anwesenden: für die ältere Generation, um Schätze ihrer Erinnerung zu bergen, und für die Jüngeren, um nach den Schätzen der Geschichte ihrer Vorfahren zu graben.

Im Anschluss daran waren der Imbiss und die Weinprobe in dem nahe der Kapelle gelegenen Wirtschaftshof „Buttenberg“ richtig wohltuend und erfrischend zugleich. Während die Weinkenner nach einer ersten Kostprobe ausgiebig fachsimpelten und jeder den Imbiss, besonders den frischen „Griewekuche“ (Grammelpogatschen) genoss, sorgten die Freiburger Eisenbahner-Musikanten mit hervorragender Musik erneut für gute Stimmung. Viele konnten es dabei nicht unterlassen, schon in der heißen Mittagssonne das Tanzbein zu schwingen, statt damit zu warten bis zum Kirchweihmontagsball am Abend im Kulturheim von Bakowa, mit dem die Feierlichkeiten ihren Ausklang fanden.