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Wie Weihnachten daheim - Kirchweihfest in Bakowa

Eine wahre Augenweide: Das traditionelle Gruppenfoto der 38 mitwirkenden Trachtenpaare vor der Kirche vermittelte einen eindrucksvollen Anblick und brachte die prächtigen Bakowaer Trachten so richtig zur Geltung.

Ein Hochfest, das unter die Haut ging: der feierliche Kirchweihgottesdienst in der Bakowaer Kirche (Blick von der Empore). Fotos: Helmut Batzina

„Man muss die Feste feiern, wie sie fallen“, heisst es im Volksmund. Das hat sich so mancher Banater Schwabe nach den glanzvollen Heimattagen am Pfingstwochenende in Ulm auch gedacht und sich zum nächsten Fest auf den Weg gemacht. Die Feste feiern, wie sie fallen – wer sich auf diese hohe Kunst versteht, der wollte sich das darauf folgende Wochenende (21./22. Mai) mit Kirchweihfest in Bakowa selbstverständlich nicht entgehen lassen.

„Glocken der Heimat, wie klingt ihr so traut / bald fröhlich, bald traurig, wie süßer Mutterlaut“ – wie oft schon wurde fern von Daheim dieses Lied gesungen mit der tiefen Sehnsucht im Herzen, diesem Glockenklang auch wirklich wieder lauschen zu können! „War im Dorf ein Fest voll Klang, sang vom Turm die Freude mit / und die Glocken tönten laut, wenn die Heimat litt...“ Ein hörendes Herz konnte das nur zu gut nachempfinden, als das Läuten der Kirchenglocken am Samstagvormittag die Menschen in die Kirche einlud zum Totengedenken für alle Verstorbenen von Bakowa. Damit waren die Festlichkeiten eröffnet, wie Ernst Bayerle, der Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Bakowa, in seiner Ansprache bekanntgab. Anschließend wurde mit einer Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal im Park der Opfer des Ersten Weltkrieges gedacht, zum Abschluss mit den Worten: „Die Namen hier sind eingeschrieben / als letzter Gruß vom Heimatort; / vergessen seid ihr nicht, ihr Lieben, / dies Denkmal gilt als Mahnung fort.“

Nachdem das Lied „Mein Elternhaus“ gesungen war, setzte sich der lange Festzug – Trachtenträger,
Besucher sowie ehemalige und jetzige Bewohner des Ortes – Richtung Friedhof in Bewegung. Begleitet vom feierlichen Totenmarsch der Freiburger Eisenbahner-Musikanten, konnte jeder für sich in Gedanken einzelnen Liedzeilen nachhängen, Erinnerungen aufleben lassen und zugleich bewusst im Bakowa von heute ankommen: „Am Bahnhof, da steig ich aus / und geh den Weg ins Dorf hinaus. / Traut und auch fremd sieht alles aus, / da steht mein Elternhaus. / Ich ging einst fort vor vielen Jahren / und fing ein neues Leben an. / Mein Elternhaus, ich komme wieder, / weil ich dich niemals vergessen kann.“ An der Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkriegs und der Russlanddeportation ließ Ignaz Bernhard Fischer durch seine bewegende Ansprache die Geschichte von der Entstehung des Dorfes Bakowa bis in die Gegenwart und die Geschicke seiner Bewohner wie im Zeitraffer vor dem geistigen Auge erstehen.

Die Einladung seitens des HOG-Vorstands zum gemeinsamen Imbiss im Pater-Berno-Haus bot Gelegenheit, erneut Gemeinschaft zu stiften unter den vielen Bakowaern, deren Wege sich unweigerlich durch die Aussiedlung nach Deutschland getrennt hatten. Mit der Sonne um die Wette strahlte dabei die Wiedersehensfreude aus den Augen der Landsleute. Viel zu schnell verflog die Zeit bis zum traditionellen Aufstellen des „Kerweihboms“, in Bakowa seit jeher der Auftakt zum Kirchweihfest. Wann hatte Bakowa das zum letzten Mal so erlebt? Nur schwer zu beschreiben, welche Gefühle sich da Bahn brachen im Herzen all derer, die sich noch aus Kindertagen an die anbrechende Festtagsstimmung am Kerweih-Samstag erinnern konnten. Was machte es da schon aus, dass nicht jeder Hausgiebel und Brückenkopf frisch getüncht war wie seinerzeit? Dennoch hatten das Dorf und seine jetzigen Bewohner ihr Festgewand angelegt. Was jedoch viel mehr zählte als diese
Äußerlichkeiten, war das Gefühl, als Heimkommende gern gesehen zu sein und zu merken, dass der Funke der eigenen Freude übergesprungen war und bei den Einwohnern nicht nur begeistertes Mitfeiern entfacht, sondern auch zum Anlegen der Bakowaer Tracht angeregt hatte.

Doch nicht nur für sie war es eine neue Erfahrung, wie Tradition und Brauchtum einst zelebriert wurden, sondern auch für viele der jungen Burschen und Mädchen. Sie waren zwar an Kirchweihfesten in der neuen Heimat schon öfters in Tracht dabei, konnten sich aber die am Kerweihsamstag herrschende Vorfreude kaum vorstellen. Es war so bewegend, zu sehen, wie diese Jugendlichen beim Wegtragen des „Mojeboms“ vom Pater-Berno-Haus mit jedem Schritt erkennbar fester in die Fußstapfen der Tradition ihrer Ahnen traten und sich daran auch erfreuten, allen voran der stolze Vortänzer Lars Wild. Nach eifriger Zusammenarbeit unter Anleitung der Väter war es dann soweit: Der „Mojebom“ mit einer Weinflasche als Zeichen der Freude in seiner geschmückten Krone war aufgestellt. Vortänzerin Elisa Schöffler zog sodann Hut und Tuch bis unter die Krone hoch. Die Blaskappelle spielte einen Tusch, als Zeichen dafür, dass der „Mojebom“ steht und die Kerweih beginnen kann. Das erste „Kerweihstickl“ wurde nur für die „Kerweihbuwe“ gespielt, die durch das Springen im Kreis um den Maibaum ihrer Freude Ausdruck verliehen.

Getreu dem Motto „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“, ließ man dann bei dem von Herbert Grün organisierten Grillen im Hof des Pater-Berno-Hauses und gemütlichem Beisammensein den Tag ausklingen. Während der von Deutschland mitgebrachte Rosmarin zum großen Kerweihstrauß gebunden wurde, machten schon die ersten Kommentare zu den im Internet bereits veröffentlichten Fotos und Videos vom Kirchweihsamstag die Runde. Geteilte Freude ist eben doppelte Freude.

Als am Sonntagvormittag Marschmusik ertönte und die Kirchenglocken läuteten, marschierte der Kirchweihzug mit dem geschmückten Rosmarinstrauß vom Pater-Berno-Haus zur Kirche. Dort zelebrierten Pfarrer Eugen Vodila und Ignaz Fischer den Festgottesdienst, musikalisch mitgestaltet vom ehemaligen Bakowaer Kirchenchor unter der Leitung von Käthe Schlapansky und unterstützt von der Singgruppe „Sunnereen“ sowie den Eisenbahner-Musikanten unter der Leitung von Josef Zippel. Und wie bei der 200-Jahr-Feier vor drei Jahrzehnten, hatten die stolzen Kirchweihtrachtenträger kaum Platz im Mittelgang der Kirche, obwohl die Kinder in Tracht im Altarraum und die Trachtenträger im Sonntagsgewand im Seitenschiff der Kirche Platz genommen hatten. Ob das beim ersten Kirchweihfest am 16. Mai 1825 auch so war, ist in der Dorfchronik nicht überliefert, doch sicherlich war es ein Hochfest, das unter die Haut ging – damals wie heute. Und welch eine Augenweide, als nach dem
Gottesdienst vor der Kirche die Aufstellung zum traditionellen Gruppenfoto erfolgte und die verschiedenen Trachten –  die seidene Kirchweih-Sonntagstracht, das Sonntagsgewand, die Kirchweih-Montagstracht (Rock aus weißer Spitze und grünes Kaschmirtuch), die Nachkirchweih-Sonntagstracht (handbestickter Rock aus Organza und rotes Kaschmirtuch) – in ihrer ganzen Pracht zu bewundern waren. Und welch ergreifender Moment, als dort vor dem Gotteshaus das Lied gesungen wurde: „Nach meiner Heimat, da zieht’s mich wieder…“

Anschließend folgte der Tradition gemäß ein Umzug durchs Dorf. Dabei wurden seinerzeit die Honoratioren eingeladen. Da das so nicht mehr möglich war, lud das noch in Bakowa lebende Ehepaar Helene und Karl Buchall die Trachtenträger zu sich ein. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, als bei klangvoller Marschmusik die 38 Trachtenpaare durch das weit geöffnete Hoftor schritten, herzlich willkommengeheißen von den Gastgebern mit kühlem Wein und selbstgebackenem Kerweih-Kuchen. Nach einer musikalischen Einlage als Dankeschön setzte sich der Trachtenzug Richtung Altenheim in Bewegung. Dort erwarteten Helmut Weinschrott, Leiter der Adam-Müller-Guttenbrunn-Stiftung im
Banat, und sein Team die Festgesellschaft. Nach genüsslicher Labung mit kühlen Getränken und köstlichem Gebäck folgte eine Tanzeinlage, an der sich besonders die Altenheimbewohner erfreuten.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen im Pater-Berno-Haus begleitete Marschmusik die Kirchweihpaare in den Park. Dort wurden sie von den Zuschauern schon erwartet, die, wie seinerzeit, auf Bänken im Schatten der Bäume rund um die Tanzfläche am Maibaum saßen, um den Kirchweihpaaren beim Tanz zuzusehen und ihre Trachten zu bewundern. Zu Walzerklängen erfolgte dann das Straußaustanzen nach Bakowaer Sitte, wie es der Vortänzer in seinem Begrüßungsspruch angekündigt hatte: „Der Vortänzerin übergeb’ ich nun den Strauß, / in der Trachtenpaare Mitte tanzt sie ihn aus,/ und jeder, der ein Sträußchen zur Erinnerung begehrt,/ kann tanzen mit ihr, und was ihm das Sträußchen dann wert,/ lege er in diesen Kirchweihhut für die HOG-Vorstandskasse,/ damit sich auch künftig ein Treffen wie dieses veranstalten lasse.“

Während dieser Zeit überwachte in einer Ecke des Parks der noch in Bakowa wohnende Josef Vidov den Wettkampf bei dem für Bakowa typischen Bockwerfen an Kerweih, auf dessen Sieger ein stattlicher Schafbock als Gewinn wartete. Die Kegelfreunde konnten indessen im Schatten der Bäume die Kugel schwingen. Der Wettkampf war von Herbert Zirk organisiert worden. Nach dem Straußaustanzen gab es auf Initiative von Harald Schlapansky noch eine kurze Sondereinlage im Festablauf. Da viele der Trachtenträger in Tanzgruppen der DBJT in Deutschland aktiv sind, konnten sie die Zuschauer mit einer Darbietung der Gemeinschaftstänze erfreuen und ernteten dafür begeisterten Applaus. Im
Anschluss an die Verlosung von Hut und Tuch wurde der „Storze“, der nach dem Austanzen verbliebene Rest des Rosmarinstraußes, „verlizitiert“. Raimund Klotzbier ersteigerte ihn für Melinda Petla. Nach dem
Ehrentanz für die glücklichen Gewinner folgte das Heimspielen des „Storze“, den Melinda nach Hause trug. Danach machte sich die Fest-gesellschaft abermals auf den Weg zu Familie Buchall, wo der Schafbock hingespielt wurde, da sein Gewinner Hubert Grimm nicht mehr in Bakowa wohnt.

Am Abend spielten dann die Freiburger Eisenbahner-Musikanten im Kulturheim zum Tanz auf und sorgten dafür, dass die Hochstimmung des Tages bis in die frühen Morgenstunden andauerte.
Gedankt sei auf diesem Wege allen Organisatoren und Mitwirkenden, im Besonderen allen Trachtenträgern, die zum Gelingen der Festveranstaltung beigetragen haben, so dass dieses Kirchweihfest in unserem Heimatort Bakowa zu einem unvergesslichen Ereignis wurde – wie Weihnachten daheim.