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Rumäniens Ministerpräsident Dacian Cioloş beim Heimattag in Ulm

Ministerpräsident Dacian Cioloş und Botschafter Emil Hurezeanu im Gespräch mit Vertretern der Verbände der Deutschen aus dem Banat. Foto: Oleg Kuchar

Nicht nur die Begegnung mit Landsleuten erfreut die Besucher des Heimattages, sondern auch der Auftritt der Trachtengruppen in den Messehallen beeindruckt. Foto: Cornel Simionescu-Gruber

Im Jahre 1992 schlossen die Bundesrepublik Deutschland und Rumänien einen Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit, der die Beziehungen zwischen beiden Staaten nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur auf eine neue Grundlage stellte. In der Präambel des Vertrages wird die Brückenfunktion der deutschen Minderheit vertraglich festgeschrieben und die Unterstützung der deutschen Minderheit in Rumänien als dauerhafte Verpflichtung bestimmt. Dass dies nur zwei Jahre nach dem Exodus der Mehrheit der Deutschen aus dem Land so Eingang in den Vertrag fand, zeigt, dass beiden Vertragspartnern daran gelegen war, die verbliebenen Deutschen zu fördern, neue Institutionen zur Wahrung ihrer Identität zu entwickeln und das Netzwerk dieser Gemeinschaft zu stärken. Es war eine kluge Entscheidung, auch aus der Perspektive von 25 Jahren danach. Rumänien hat im Laufe dieser Jahre feste demokratische Strukturen entwickelt, ist Mitglied der Europäischen Union und der NATO geworden, arbeitet in regionalen EU-Initiativen wie der Donauraumstrategie mit. Die deutsch-rumänischen Beziehungen gelten als freundschaftlich, die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist beispielhaft, 11000 Firmen mit deutscher Beteiligung haben Deutschland zum ersten Handelspartner des Landes gemacht.

Die heute kleine Minderheit von knapp 37000 Deutschen, die vornehmlich in den Städten des Landes lebt, ist gut organisiert und hat sich innerhalb ihrer Brückenfunktion nach innen und außen politische Geltung verschafft. In der Person des ehemaligen Vorsitzenden ihres Verbandes, Klaus Johannis, wurde ein Angehöriger der deutschen Minderheit zum Staatspräsidenten gewählt, ein anderer Vertreter, Ovidiu Ganţ, vertritt seit Jahren ihre Interessen im rumänischen Parlament, und auch bei den Kommunalwahlen vor wenigen Wochen errangen die Vertreter der deutschen Minderheit wieder überproportional viele Mandate in den Gemeinde- und Stadträten. Sie finden in Deutschland ihre Entsprechung in den Mandaten mancher aus dem Banat und Siebenbürgen stammender Gemeinde- und Stadträte sowie in dem Bundestagsmandat des Präsidenten des Bundes der Vertriebenen und Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Bernd Fabritius. In der Schnittmenge gemeinsamer Interessen tragen sie zur Festigung der deutsch-rumänischen Beziehungen bei. Sie, wie auch die Verbände der ausgewanderten Deutschen aus Rumänien, sind eingeladen, bei der Gestaltung dieser Beziehungen mitzuwirken, sich und ihre Interessen einzubringen. Das geschieht an der Basis schon sehr lange und effektiv, es hat in den letzten Jahren z. B. in entsprechenden Gesetzen zur Entschädigung ehemals politisch Verfolgter einen neuen Ausdruck gefunden.

Die traditionsreichen Schulen der deutschen Minderheit sind mittlerweile Schulen, die für die rumänische Mehrheitsbevölkerung besonders attraktiv sind. Wenn dabei Nobelpreisträger Stefan Hell die Bedeutung seines schulischen Werdegangs in Sanktanna und Temeswar hervorhebt und ein äußerst differenziertes Bild seiner Vergangenheit als Angehöriger der deutschen Minderheit in Rumänien vermittelt, leistet er einen Beitrag zur Vermittlung dieses Bildes der soliden Ausbildung in einer deutschen Schule Rumäniens. Schüler und Studenten erhalten nach wie vor durch die Sprache einen Zugang zur deutschen Kultur, sind für die Wirtschaft interessant und natürlich auch für die deutsche Minderheit, für den Antritt eines bedeutenden kulturellen und historischen Erbes. Auch vor diesem Hintergrund ist die materielle und ideelle Unterstützung der deutschen Minderheit durch die Bundesrepublik Deutschland zu verstehen, gleiches gilt auch für die rumänische Regierung.

Banater Schwaben bilden eine weltweite Gemeinschaft. In verschiedenen Verbänden und Vereinen organisiert, verstehen sie sich aufgrund ihrer Herkunft, zunehmend aufgrund der Herkunft der Eltern und Großeltern, als eine Gemeinschaft, die über Grenzen Bestand hat. Und das bereits seit den ersten Auswanderungsschüben Ende des 19. Jahrhunderts in die USA. Beim Heimattag der Banater Schwaben in Ulm waren Staatsbürger verschiedener Staaten zugegen. Trotzdem waren alle Banater Schwaben, und alle die dort waren, kennzeichnet ein sehr ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl.

In dieses besondere Beziehungsgeflecht ist auch der Besuch des rumänischen Premierministers Dacian Cioloş beim Heimattag der Banater Schwaben in Ulm und der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl eingebettet. Es war der erste Besuch eines osteuropäischen Regierungschefs bei einem Heimattag der Landsmannschaften in Deutschland und er beinhaltete eine klare Botschaft: Rumänien weiß um den Beitrag der deutschen Minderheit in Vergangenheit und Gegenwart. Diese hat einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung des Landes geleistet und das Land ist bestrebt, Rahmenbedingungen zu erhalten oder zu schaffen, um diesen Beitrag fortzuentwickeln. In neue Strukturen eingebettet, ist Rumänien die Empathie und Kompetenz seiner ehemaligen Staatsbürger wichtig. Jener, die während der kommunistischen Diktatur aus Rumänien ausgesiedelt sind, sich heute aber zum Teil wieder in den Heimatregionen engagieren. Einstige Stätten deutscher Kultur und Geschichte zu revitalisieren, ist für viele eine wichtige Aufgabe. Dies wird gemeinsam mit der heutigen Bevölkerung vor Ort getan und ermöglicht eine Öffnung dieser Stätten und der mit ihnen verbundenen Geschichte für alle, die sich dafür interessieren. Das ist nicht immer einfach und nicht immer erfolgreich, aber die einzige Möglichkeit um auch der Enkelgeneration hierfür einen entsprechenden Zugang zu bewahren.