Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.

Über „Raschplerbuwe“ und gefärbte Eier

Die Kindergruppe des Kreisverbandes Augsburg unter der Leitung von Ramona Abendschein und Silke Latzo wirkte bei der Präsentation der Banater Osterbräuche durch Dr. Hella Gerber (HOG Nitzkydorf) mit.

Staatssekretär Johannes Hintersberger (mit Geschenkkorb) mit den Veranstaltern (von links): Karl Kromer, Dr. Hella Gerber, Gottfried Schwarz, Dietmar Kirschenheuter, Stadtrat Juri Heiser. Fotos: Nikolaus Dornstauder

Die Augsburger Kreisgruppen der Deutschen aus Russland, der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben organisierten schon zum dritten Mal eine gemeinsame Veranstaltung, in deren Mittelpunkt das Osterfest und das damit verbundene Brauchtum stand. Die Veranstaltung begann mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche „Unsere Liebe Frau“, zelebriert von dem katholischen Pfarrer Anton Schmidt und dem evangelischen Pfarrer Werner Ungar. Die musikalische Gestaltung übernahm der Chor der Russlanddeutschen unter der Leitung von Alena Heiser und der Chor der Siebenbürger Sachsen, geleitet von Helga Schwägele.

Anschließend folgte im Pfarrsaal der Kirchengemeinde, nach Kaffee und Kuchen (gespendet von den drei Landsmannschaften), ein umfangreiches Kulturprogramm, bestehend aus Vorträgen, Tanzvorführungen und Liedern. Juri Heiser, Augsburger Stadtrat und Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen aus Russland, begrüßte die Ehrengäste: Johannes Hintersberger MdL, Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familien und Integration, Dr. Volker Ullrich MdB und Stadtrat Markus Feuerbach. Er hieß alle Besucher der Veranstaltung herzlich willkommen und bedankte sich bei all denen, die zur Gestaltung des Programms beigetragen haben.

Karl Kromer, Vorsitzender der Orts- und Kreisgruppe der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, wies sodann darauf hin, dass solche gemeinsame Veranstaltungen schon zur Tradition geworden seien, und sprach sich dafür aus, diese Tradition weiterzuführen. Im Anschluss sprach Ida Häuser über Ostern in Aktjubinsk (Kasachstan). Jahrzehntelang musste das Fest im Geheimen gefeiert werden. Erst 1979 wurde ein Haus zur Kirche umfunktioniert und ein Jahr später kam ein Pater aus Riga nach Aktjubinsk. Die Grablegung, die Auferstehung mit dem dazugehörenden Osterfeuer sowie die Ostermesse waren zu jener Zeit etwas Besonderes. Die Eier wurden mit Zwiebelschalen und Roter Bete gefärbt. Da es wegen des rauen Klimas kein Gras gab, wurden rechtzeitig Gerstenkörner in Teller gesät und diese dann mit den gefärbten Eiern am Ostersonntag im Garten versteckt. Die Ausführungen der Referentin berührten die Herzen der Zuhörer und stimmten nachdenklich. Den russlanddeutschen Part beschloss der Chor „Rudena“, der zwei Lieder vortrug.

Seitens der Kreisgruppe der Siebenbürger Sachsen begrüßte deren Vorsitzender Gottfried Schwarz die Gäste; auch er fand lobende Worte für den Zusammenhalt und den Austausch zwischen den drei mitwirkenden Landsmannschaften. In Adelheid Hellingers Vortrag ging es um Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf Osterbräuche und das Feiern des Osterfestes in Siebenbürgen. Neben den weit verbreiteten Osterbräuchen (Osternester bauen, Eier färben, Eier verstecken) erwähnte sie das „Bespritzen“ der Frauen und das „Begießen“ der Mädchen, Bräuche, die von Ort zu Ort verschieden waren, sowie den für Neppendorf typischen Eierlauf. Die Referentin sprach auch über die spezifischen Ostergerichte und die Gestaltung des kirchlichen Osterfestes. Im Anschluss präsentierte die Kindertanzgruppe der Siebenbürger Sachsen unter der Leitung von Rosemarie Schwarz zwei Tänze.

Der dritte Teil der Veranstaltung wurde von den Banater Schwaben gestaltet. Der Kreisvorsitzende Dietmar Kirschenheuter wies zunächst darauf hin, wie wichtig es sei, das heimatliche Brauchtum über Zeiten und Grenzen hinweg zu pflegen und weiterzuführen. Die zahlreichen Veranstaltungen des Banater Kreisverbandes dienten diesem Zweck und förderten überdies den Zusammenhalt der Banater Schwaben aus Augsburg und Umgebung. Das Osterbrauchtum im Banat wurde von Dr. Hella Gerber, Vorsitzende der HOG Nitzkydorf, vorgestellt. In ihre Präsentation band sie auch eine Kindergruppe ein, die schon beim Einzug in den Saal mit ihren Handratschen die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Vortragsthema lenkten.

Die Ratschen (in den einzelnen Ortsdialekten unterschiedlich bezeichnet), wurden, so die Referentin, ab Gründonnerstag eingesetzt, nachdem die Glocken verstummten. Sie seien „nach Rom geflogen“, hieß es im Volksmund. Durch das Ratschen sollten die Menschen an die Gebets- und Gottesdienstzeiten erinnert werden. Hella Gerber stellte daraufhin einen von Edith Achim in Neubeschenowa aufgezeichneten Ratschenbrauch vor. Die „Raschplerbuwe“ zogen von Haus zu Haus und sagten ihre Sprüche auf, die an den drei Tagen vor der Auferstehung jeweils einen anderen Wortlaut hatten. Am Karsamstag bekamen sie den wohlverdienten „Ratschelohn“ (Eier und Geld), wofür sie sich mit einem Lied bedankten. Erwähnung fanden auch andere in Nitzkydorf gepflegte Osterbräuche.

Es folgte eine ausführliche Beschreibung der Gepflogenheiten im Vorfeld der Osterfeiertage, der für Nitzkydorf typischen Ostergerichte sowie des Ablaufs des Festes. Am Karfreitag pilgerte die ganze Familie zum Heiligen Grab, am Karsamstag erfolgte die Feuerweihe, danach die Auferstehungsprozession mit Blasmusik und das „Nestermachen“ durch die Kinder. Der Ostersonntag war ein Tag der Freude, vor allem für die Kinder, die zu Hause, bei den Großeltern und Taufpaten die Osternester und die vom „Haas“ gelegten Eier suchten. Nach dem Festgottesdienst, dem Festessen und dem Gang zum Friedhof spielte die Blasmusik zum Tanz auf. Hella Gerber wies auch auf den Brauch des „Buwespritzes“ am Ostermontag hin.

Großen Lob erntete anschließend die Kindergruppe des Kreisverbandes Augsburg, geleitet von Ramona Abendschein und Silke Latzo, die inmitten einer selbst gebastelten Osterwiese das Gedicht „Stups, der kleine Osterhase“ vortrug. Zuletzt wurde das Publikum von den Kindern mit Ostereiern, Gebäck und Blumen beschenkt. Dr. Hella Gerber ist es gelungen, durch ihren umfassenden Vortrag, die anschauliche PowerPoint-Präsentation und die Einbindung der Kinder die Aufmerksamkeit und das Interesse des Publikums, bei so manchem gewiss auch die Sehnsucht nach längst vergangenen Zeiten zu wecken. Musikalisch wurde die Präsentation der Osterbräuche vom Banater Seniorenchor Augsburg unter der Leitung von Werner Zippel mit den Liedern „Freu dich, du Himmelskönigin“ und „Wie lieblich schallt durch Flur und Wald“ umrahmt.

Staatssekretär Johannes Hintersberger gestand am Ende der Veranstaltung, dass ihn die Präsentation der Osterbräuche tief beeindruckt habe. Den drei mitwirkenden Landsmannschaften zollte er seinen Respekt und dankte für ihr Engagement zum Erhalt von Tradition und Brauchtum. Er sei fest davon überzeugt, dass hinter solchen Veranstaltungen viel Herzblut stecke, aber auch, dass solche Treffen die Menschen zusammenbringen und verbinden.

Die Deutschen aus dem ehemaligen Ostblock, so Hintersberger, mussten durch ihr Bekenntnis zum Deutschtum Vertreibung, Deportation und Willkür des kommunistischen Machtapparates erdulden und erleiden. Das ihnen zugefügte Unrecht hätte sie zur Rückkehr in das Land ihrer Ahnen bewogen. „Und wir sind sehr froh, dass wir Sie bei uns in Bayern haben“, sagte der Staatssekretär.

Ausgehend von der ursprünglichen Fragestellung, ob die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten im österlichen Brauchtum überwögen, zog er folgendes Fazit: „Wenn auch viele Dinge verschieden sind, letztendlich sind es unsere gemeinsamen Wurzeln, der christliche Glaube sowie die vom christlichen Glauben geprägten Bräuche, die uns verbinden.“

Johannes Hintersberger überreichte zum Schluss Juri Heiser in Anerkennung seines Engagements einen Teller mit dem Bayerischen Wappen. Als Zeichen ihrer Gemeinsamkeit übergaben die drei Landsmannschaften Hintersberger einen Korb mit typischen Ostergerichten. Die Veranstaltung endete in fröhlicher Atmosphäre mit dem Lied „So ein Tag, so wunderschön wie heute“, gesungen von den drei Chören, die kräftig vom singlustigen Publikum unterstützt wurden.