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BdV-Jahresempfang in Berlin: Bundeskanzlerin dankt deutschen Heimatvertriebenen

Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel sprach als Ehrengast beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen in Berlin. Foto: Bildschön

Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber (links) nutzte die Gelegenheit zum Austausch unter anderem mit (von links) Michael Schmidt, Unternehmer und Vorsitzender der Michael Schmidt Stiftung, Botschafter Emil Hurezeanu, BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius MdB, Herta Daniel, Bundesvorsitzende des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Rainer Lehni, Landesvorsitzender der Siebenbürger Sachsen in Nordrhein-Westfalen, Hartmut Koschyk MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Foto: Richard Fasching

„Alles in allem haben wir heute eine friedliche Situation in Deutschland und in Europa. Wir spüren aber auch, dass wir jeden Tag wieder neu dafür arbeiten müssen, dass das so ist. Ich denke, wer einmal seine Heimat verloren hat und vertrieben wurde, der wird dieses Gespür vielleicht noch intensiver haben als die, die eine solche Erfahrung nicht machen mussten. Deshalb bitte ich Sie: Seien Sie eine deutliche Stimme in den täglichen Diskussionen. Danke für das, was die Vertriebenen für unser Land getan haben.“ – Dank, Anerkennung und Mahnung waren die Kerninhalte des Grußwortes von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beim Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen am 12. April in der Katholischen Akademie in Berlin. Bereits zum neunten Mal war sie der Einladung des Verbandes gefolgt und sprach als Ehrengast vor einem großen Publikum aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Kultur.

Anerkennung zollte die Bundeskanzlerin in ihrer Ansprache den deutschen Heimatvertriebenen insbesondere für deren „Schlüsselrolle im europäischen Dialog“. Die Vertriebenen seien einer der vielen Partner, die sich auch gegen Hindernisse für ein „friedliches und gedeihliches Miteinander der Völker und Nationen“ engagierten. Heimatverbundenheit, das damit zusammenhängende Interesse an einer positiven Entwicklung der Heimat und die oft entstandenen, guten Kontakte dorthin ließen die Vertriebenen „zu Brückenbauern in einem Europa“ werden, das „letztlich nur so stark ist, wie es auch einig ist“.  Hieran lasse sich ermessen, wie wertvoll „das vertrauensbildende Wirken der Vertriebenen und ihrer Organisationen“ für Europa sei. „Dafür sind und bleiben wir in der Bundesregierung Ihnen ganz herzlich zu Dank verpflichtet“, betonte Merkel und wies auf die in diesem Zusammenhang ebenso wichtige Rolle sowohl der Aussiedler und Spätaussiedler als auch der bis heute in den Heimatgebieten lebenden deutschen Volksgruppen hin.

Kurz ging die Bundeskanzlerin auf die derzeit wichtigen vertriebenenpolitischen Fragen ein, wie etwa die unlängst vorgestellte Neukonzeption der Kulturförderung nach § 96 des Bundesvertriebenen- und Flüchtlingsgesetzes, die weitere Arbeit der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ sowie die beschlossene Entschädigung ziviler deutscher Zwangsarbeiter, für die sie eine zügige Umsetzung zusagte.

Den Blick auf die aktuelle Flüchtlingssituation verband die Kanzlerin mit der Erinnerung an die Ereignisse von Flucht und Vertreibung der Deutschen am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg: „Ohne Zweifel sind die Gründe, der kulturelle Hintergrund und die Hoffnungen der Menschen, die heute ihre Heimatländer verlassen und in Europa Zuflucht suchen, andere als die der deutschen Heimatvertriebenen vor rund 70 Jahren. Das Verbindende aber liegt in der Erfahrung, alles zurückzulassen und einen Weg ins Ungewisse zu gehen.“ Die Vertriebenen hätten nach dem Krieg „einen bedeutenden Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands in West und Ost geleistet“ und das Land zu einer in vielerlei Hinsicht erfolgreichen, weltoffenen und selbstbewussten Nation gemacht.

Integration, so Merkel, sei „stets auch eine Frage des gegenseitigen Nehmens und Gebens“. Es gelte, Hilfe zu leisten und über Spracherwerb und berufliche Qualifikation Teilhabe zu ermöglichen, gleichzeitig aber Verständnis und Respekt für unsere Werte einzufordern. Die Bundeskanzlerin bat die Vertriebenen ausdrücklich, sich aufgrund ihrer eigenen, wenn auch unterschiedlichen Erfahrungen von Heimatverlust und Ankunft noch stärker an der gesellschaftlichen Debatte zu beteiligen.
Bereits zuvor hatte BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, MdB, in seiner Begrüßung der Gäste herausgestellt, dass die derzeitigen Herausforderungen in einer gemeinsamen europäischen Kraftanstrengung angenommen werden müssten. Die Lehren aus der Vergangenheit erforderten es, „sich einer Empathie für das Leid der heutigen Vertriebenen und Flüchtlinge nicht zu verschließen“ und Menschlichkeit vorzuleben.

Außerdem seien gegenseitiger Respekt sowie Achtung vor der jeweils selbst empfundenen Identität und unserem gesellschaftlichen Werte-kanon geboten, erklärte Fabritius mit einem Hinweis auf das diesjährige Leitwort des BdV „Identität schützen – Menschenrechte achten“. „Gerade uns Heimatvertriebenen, Aussiedlern und Spätaussiedlern liegt ein offenes, vereintes Europa der Menschenrechte am Herzen“, sagte der BdV-Präsident.

Im Rahmen der Veranstaltung verlieh Dr. Fabritius die Ehrenplakette des BdV an Großdechant Prälat Franz Jung, den ehemaligen Visitator für die Gläubigen und Priester aus der Grafschaft Glatz. Das Leben und Wirken des 79-Jährigen sei seit fast sechs Jahrzehnten darauf ausgerichtet, „den Vertriebenen geistliche und menschliche Stütze zu sein“, lobte der BdV-Präsident. Auch die Bundeskanzlerin würdigte den Großdechanten für dessen deutsch-polnische Verständigungsarbeit. Prälat Jung dankte dem BdV für die hohe Ehrung und versicherte, sich nach wie vor für „ein gemeinsames Europa in geschichtlicher Wahrheit“ einzusetzen.

Prominente Gäste des Empfangs waren in diesem Jahr unter anderem Christian Schmidt MdB, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Hartmut Koschyk MdB, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, Apostolischer Nuntius in Deutschland, Emil Hurezeanu, Botschafter Rumäniens in Deutschland, Erika Steinbach MdB, BdV-Ehrenpräsidentin und Vorsitzende der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen, Dr. Gundula Bavendamm, neue Direktorin der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“, Klaus Brähmig MdB, Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Heinrich Zertik MdB, Vorsitzender des Netzwerks Aussiedler der CDU, und Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen.

Die Gelegenheit zum persönlichen Gedankenaustausch und konstruktiven Gesprächen wurde von vielen Gästen gern genutzt. Die Landsmannschaft der Banater Schwaben war vertreten durch ihren Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber mit Gattin sowie Richard Fasching und Hans Schmidt vom Landesverband Berlin und Neue Bundesländer. Zugegen war auch die aus dem Banat stammende Präsidentin des Frauenverbandes im Bund der Vertriebenen, Dr. Maria Werthan.