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Spiritueller Rundgang durch die Kirchen von Sanktanna

Kirchenführer sind hierzulande ein weit verbreitetes Medium. Für unsere Kirchen im Banat gibt es sie hingegen kaum. In deutscher Sprache sind mir nur der Führer über die Domkirche in Temeswar und der erst vor kurzem erschienene Führer über die Wallfahrtskirche Maria Radna bekannt. Somit stellt der im Sommer von der Heimatortsgemeinschaft Sanktanna herausgegebene Kirchenführer „Die Heimatkirchen – Denkmal unseres Glaubens. Mutter-Anna-Kirche von Neu-Sanktanna / Herz-Jesu-Kirche von Alt-Sanktanna“ gewissermaßen ein Novum dar – nicht nur, weil es der erste Kirchenführer überhaupt ist, der Sakralbauten in einer Banater Landgemeinde in den Mittelpunkt rückt, sondern auch, weil er sich hinsichtlich Format, Umfang und vor allem Konzeption von den gängigen Publikationen dieser Art unterscheidet. Die inhaltliche Ausrichtung ist den beiden Autoren geschuldet: Pfarrer Karl Zirmer, aus Sanktanna stammend, und Religionslehrerin Christa M. Witting. Sie legten einen spirituellen Kirchenführer vor, der die beiden Gotteshäuser in Sanktanna in erster Linie als Denkmal des Glaubens betrachtet und nicht als architektonisches oder kunsthistorisches Objekt. Und so lädt der Kirchenführer den Leser/Betrachter dazu ein, die Symbolwelt der Kirchen zu entdecken, und die Glaubensbotschaft, die sie vermitteln, zu deuten und zu verstehen. Oder, wie es Monsignore Andreas Straub im Vorwort formuliert: „Der hier vorliegende Kirchenführer soll alle, die ihn zur Hand nehmen, einladen, sich auf ‚Schatzsuche‘ zu begeben.“ Denn wer Gottes Wort, auch Jesu Frohbotschaft, verstehen wolle, müsse unseren christlichen Glaubensschatz dort suchen und heben, wo er verborgen ist: im Gotteshaus.

Das Erscheinen des Kirchenführers steht am Ende eines mehrjährigen Prozesses, in dessen Verlauf die beiden Autoren die Unterstützung vieler erfahren haben. Es ist nicht vermessen zu behaupten, dass die Publikation ein Gemeinschaftswerk ist, das auf Initiative der HOG Sanktanna realisiert wurde und sich der tatkräftigen Unterstützung ihres Vorsitzenden Josef Lutz erfreute. Alle, die dieses Projekt zum Erfolg geführt haben, sind in der Danksagung der Autoren namentlich genannt. Deshalb sollen hier nur diejenigen Mitarbeiter erwähnt werden, die einen wesentlichen Beitrag zur Realisierung des Kirchenführers geleistet haben: Josef Budean (Bereitstellung des Fotomaterials), Rainer Muranyi (Umschlaggestaltung), Michael Schmidt (Erstellung der Druckvorlage) sowie Anton Bleiziffer und Josef Rentz (Erstellung einer dem Kirchenführer beigegebenen CD mit Tondokumenten).

Der als Wendebuch im DIN-A5-Format gestaltete Kirchenführer präsentiert auf 92 reichhaltig illustrierten Seiten die beiden Gotteshäuser in Sanktanna. Der der Mutter-Anna-Kirche in Neusanktanna gewidmete Teil beginnt mit einem Vorwort von Monsignore Andreas Straub, wonach Ausführungen zur heiligen Mutter Anna, der Schutzpatronin der Kirche, zur Präsenz der Piaristen in Sanktanna (1751-1788) und zu der dem großen Dorfbrand von 1858 zum Opfer gefallenen Vorläuferkirche folgen. Ein weiteres Kapitel befasst sich mit der Baugeschichte und Baubeschreibung der neuen, 1866 bis 1868 im neoromanischen Stil errichteten Mutter-Anna-Kirche. Die fachkundige Baubeschreibung hat die Kunsthistorikerin Dr. Ursula Weißbrod beigesteuert. Das ausführlichste Kapitel lädt zu einem Rundgang durch die Kirche ein, der von der Vorhalle über das Kirchenschiff zum Chorraum führt. Hier verwirklichen die beiden Autoren ihr primäres Ziel, anhand der Beschreibung der malerischen Innenausstattung, der Heiligenstatuen, der Altäre und der verschiedenen Einrichtungen die darin enthaltenen, dem Betrachter zumeist verborgen bleibenden Glaubensbotschaften zu dechiffrieren und den Sinngehalt des Dargestellten zu vermitteln. Es ist im Grunde genommen eine Glaubensunterweisung, die sich aus der Auseinandersetzung mit der religiösen Dimension des Kirchenraums speist.

Das zweite Buch im Buche, der Herz-Jesu-Kirche in Altsanktanna gewidmet, ist ähnlich wie das erste aufgebaut. Das Vorwort dazu verfasste der Salvatorianerpater Gottfried Borth, der als (letzter) Seelsorger an dieser Kirche wirkte. Die 1929 in Altsanktanna errichtete Pfarrei war bis 1991 den Salvatorianern anvertraut. Deren Präsenz hier ist ebenso Gegenstand der Ausführungen wie die Herz-Jesu-Verehrung, die Baugeschichte der 1936 durch Bischof Dr. Stefan Fiedler konsekrierten Kirche - Fiedler, der einige Jahre als Kaplan in Neusanktanna gewirkt hatte, gilt zusammen mit Katharina Ackermann als „geistiger und materieller Urheber“ dieses Kirchenbaus – sowie die von Dr. Ursula Weißbrod realisierte Baubeschreibung. Auch hier wird bei einem Rundgang durch die Kirche die religiöse und liturgische Einrichtung und Ausstattung ausführlich beschrieben. Ein hilfreiches Glossar und ein Literaturverzeichnis finden sich am Ende des Buches.

Die Idee, dem Kirchenführer auch eine CD mit Tondokumenten beizulegen, kann nur begrüßt werden. Die CD will heimatliche Klangbilder vermitteln, zumal Glockengeläut und Kirchengesang die Gläubigen von der Wiege bis zur Bahre begleiteten. Und so sind auf der CD den Sanktannaern vertraute Kirchenlieder ebenso zu hören wie das Glockengeläut beider Kirchen. Es handelt sich dabei teils um ältere, den beiden Tonträgern „Ständchen für Sanktanna“ bzw. „Wie’s daheim war. Heimatklänge aus Sanktanna“ entnommene Aufnahmen, teils um eigens für diese CD in Sanktanna und Freiburg realisierte Aufnahmen. Durch die Medienkombination Buch und Tonträger verbinden sich Text, Bild und Ton zu einer harmonischen Einheit, die Auge, Geist und Herz gleichermaßen anspricht.

Kirchen sind Stein gewordener Glaube. Sie sind eine Botschaft an uns – wenn auch ohne Worte. Pfarrer Karl Zirmer und Christa M. Witting ist es mit dem hier vorgestellten Kirchenführer gelungen, die Steine und die Bilder zum Reden zu bringen und spirituelle Impulse auszusenden. Er wendet sich, so Monsignore Andreas Straub, an „Heimat-, Glaubens- und Kulturinteressierte, die nach ihren christlichen Wurzeln suchen, sich gerne an die schöne Heimatkirche erinnern, Erlebnisse im Kirchenjahr [sowie] Stationen ihres eigenen Lebensweges“ mit den beiden Gotteshäusern verbinden. Der Kirchenführer kann aber auch anderen Heimatortsgemeinschaften als Ansporn dienen, ein ähnliches Projekt auf den Weg zu bringen.

Karl Zirmer, Christa M. Witting: Kirchenführer. Die Heimatkirchen – Denkmal unseres Glaubens. Mutter-Anna-Kirche von Neu-Sanktanna / Herz-Jesu-Kirche von Alt-Sanktanna. Hrsg. von der Heimatortsgemeinschaft Sanktanna. o.O., o.J. [2015]. 50, 42 Seiten + Klangbilder-CD. Preis: 13 Euro, zuzüglich 2 Euro Porto. Bestellung: Josef Lutz, Heidenheimer Straße 106, 90441 Nürnberg, Telefon 0911 / 268281, E-Mail joseflutz@aol.com