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Weihnachtsbotschaft S.E. Martin Roos, Bischof von Temeswar

S.E. Martin Roos, Bischof von Temeswar

Brüder und Schwestern in Christus, das Weihnachtsfest steht heuer unter einem besonderen Stern: Papst Franziskus hat vor einigen Tagen das heilige Jahr 2015/ 2016 eröffnet, das er unter den Leitgedanken der Barmherzigkeit gestellt hat. Barmherzigkeit zählt zu den Lebensnotwendigkeiten, von denen wir alle zehren und bestehen. Barmherzigkeit empfangen und gewähren ist das tägliche Brot, von dem wir alle leben.

Paulus schreibt an seinen Schüler Titus, wie wir es auch am Weihnachtstage hören werden: Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes, unseres Retters (Tit 3,4). In Jesus Christus offenbart sich der Vater und zeigt Gott uns Menschen sein Angesicht. Wer Jesus sieht, sieht den Vater, der ihn gesandt und für uns alle hingegeben hat (vgl. Jo 14,9; 1 Joh 3,16). Wie Gott uns Barmherzigkeit erwiesen hat, so sind auch wir aufgerufen einander Barmherzigkeit zu erweisen, das heißt, einander anzunehmen, zu ertragen und für einander Verantwortung zu übernehmen. Dies geschieht im Rahmen der menschlichen Gesellschaft, in der Kirche und nicht zuletzt in der Familie.

Wenn wir in dieser Zeit auch das Fest der Heiligen Familie begehen und in den Weihnachtstagen unsere eigene Familie uns wieder ins Bewusstsein dringt, so haben wir allen Grund, uns unserer eigenen Eltern zu erinnern, gleich ob sie leben oder schon verstorben sind. Jeder von uns verdankt ihnen sein Leben, das immer Geschenk und Gnade zugleich ist. Kein Mensch kann sich das Leben selber geben, wir können es nur annehmen und uns schenken lassen. Wenn wir in einer integren Familie heranwachsen konnten und Eltern hatten, die uns umsorgt und zu graden, aufrechten Menschen herangebildet haben, so ist das ein Geschenk, das wir nicht hoch genug schätzen und für das wir nie genug danken können. Weihnachten bietet uns dafür reichlich Zeit und Gelegenheit.

So hat uns auch Papst Franziskus aufgerufen, in diesem Heiligen Jahr in Verantwortung und gegenseitiger Achtung im Sinne der Barmherzigkeit miteinander umzugehen und stets eingedenk zu sein, dass wir selber von der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes leben und daher die Liebe jederzeit auch einander schulden (Röm 13,8). Möge der barmherzige Gott uns alle in diesen Tagen und in diesem Heiligen Jahr mit seiner unendlichen Liebe heimsuchen und mit seiner reichen Gnade beschenken.

Temeswar, den 25. Dezember 2015

+ Martin,
Bischof von Temeswar