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Banater Kirchweih auf der Showbühne

Trachten, Musik und Tanz bestimmten das Geschehen auf der Freilichtbühne in Villingen-Schwenningen. Im Bild die Banater Trachtengruppe aus Singen und die beiden Moderatoren Theresia Teichert und Anton Bleiziffer

Einladung der Ehrengäste Josef Prunkl und Bernhard Krastl

Die Trachtengruppe Reutlingen Fotos: Cornel Gruber-Simionescu

Tag der Banater Schwaben auf der Landesgartenschau Villingen-Schwenningen

Die Landesgartenschau 2010 des Landes Baden-Württemberg stand unter dem Motto „Natur verbindet“. Doch am Samstag, dem 4. September, konnte man dieses Motto umformulieren in „Kultur und Tradition verbinden“. Bei strahlendem Sonnenschein lud nämlich der Landesverband von 11 bis 16.30 Uhr die Besucher der Gartenschau unter das Zeltdach der Großen Showbühne zu einem Kultur- und Brauchtumstag ein. Etwa achthundert Zuschauer in der Vollbesetzung verfolgten das reichhaltige Programm, vorbereitet von der berufenen (in beiden Duden-Bedeutungen des Wortes) Referentin für Brauchtumspflege, Theresia Teichert. Diese übernahm
zusammen mit dem Musikspezialisten Anton Bleiziffer auch die Moderation der Veranstaltung, wobei die Blasmusikpunkte von letzterem erläutert wurden.

Aufgetreten sind zwei Blaskapellen: die Original Donauschwäbische Kapelle Edelweiß von Giengen an der Brenz unter der Leitung von Josef Teller und die Weinbergmusikanten, die von Johann Wetzler dirigiert wurden; der Kirchenchor der Banater Schwaben aus Spaichingen (Dirigent Erich Meixner) und die Trachtengruppen aus Singen und Reutlingen. Also insgesamt fünf Banater Kulturgruppen, die das vielfältige Programm – man kann das sagen ohne zu übertreiben – mit Bravour meisterten. Nach der Anmoderation der beiden „Showmaster“ begrüßte der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg unserer Landsmannschaft, Josef Prunkl, das Publikum. Er sagte wörtlich: „In der Vorarbeit für diese Veranstaltung haben sich intensiv eingebracht: Vom Kreisverband Villingen-Schwenningen die Kreisverbandsvorsitzende Henriette Gießer, vom Landesvorstand Theresia Teichert und vom Freundeskreis Donauschwäbischer Blasmusik Anton Bleiziffer.

Ihr kreatives Wirken im Rahmen derartiger Veranstaltungen ist beispielhaft. Sie gestalten Brauchtumspflege, sie wirken brückenschlagend in ihrem Engagement, dies sowohl nach innen wie auch nach außen. Ich bedanke mich jetzt schon im Namen des Landesvorstandes für diese umfangreichen Vorbereitungsarbeiten. Es war für unsere kleine Gemeinschaft schon immer wichtig, unsere Kultur und unser Brauchtum auch hier in unserer neuen Heimat zu pflegen und zu erhalten und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Erinnerung an die verlorene Heimat kann nur erhalten werden, wenn sie intensiv gepflegt wird. Es ist uns gelungen, die Tradition und Kultur der Banater Schwaben zu bewahren und uns dabei trotzdem in der neuen Heimat zu integrieren. Beides ist unverzichtbar, um der Jugend Identität und Orientierung zu geben.

Zu den Aktivitäten unserer Landsmannschaft sagte Innenminister Heribert Rech (Landesbeauftragter für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler) am Samstag, dem 13. Juni 2009, beim Volkstanzfestival und Großen Schwabenball in Göppingen: „Diese Veranstaltungen mit Brauchtumsdemonstrationen sind ein Beweis dafür, wie lebendig die Bräuche und Traditionen der Banater Schwaben sind. Das kulturelle Erbe dieser Landsmannschaft belebt und bereichert unsere kulturelle Landschaft.“

Mit der Arbeit zur Erhaltung von Kulturgütern hier, aber auch in unserer alten Heimat und den engen Beziehungen die ins Banat unterhalten werden, tragen wir einen großen Teil zur Völkerverständigung bei. Völkerverständigung ist gut, ist wünschenswert, aber nur mit denen erreichbar, die dies auch wollen. Wir Banater Schwaben haben diesbezüglich reiche Erfahrung. Jede Gemeinschaft steht und fällt mit dem Willen ihrer Mitglieder, sich zu dieser Gemeinschaft zu bekennen, sich in diese Gemeinschaft aktiv und konstruktiv einzubringen.

Die rege Teilnahme an Veranstaltungen wie die heutige, lässt uns hoffen, dass unsere Gemeinschaft und Traditionen weiterleben, der Zusammenhalt und die Bewahrung des kulturellen Erbes auch weiterhin Zukunft haben wird. Zur Tracht wird aus Kennermund gesagt: Wer die Tracht trägt, pflegt die Kultur und leistet damit ein Bekenntnis zur Heimat. Tracht spricht eine eigene Sprache, sie ist über Jahrhunderte gewachsene regionale Kultur. Sie fördert die Zugehörigkeit und gibt Rückhalt und Lebensmut. Nach zwei Musikstücken sprach der Bundesvorsitzende und Präsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Bernhard Krastl, sein Grußwort und würdigte auch die Pflege des Brauchtums bei den Banater Schwaben.

Begonnen wurde das Chorprogramm mit dem Begrüßungschor aus der Operette „Grüßt mein Banat“ nach der Musik von Emmerich Bartzer und dem Text von Annie Schmidt-Endres. Die Operette wurde in der Zwischenkriegszeit in Hatzfeld komponiert, aber leider nie aufgeführt. Dort heißt es im Text : „Festlichen Ganges zogen unsere Scharen her zu dir / Kommen zu grüssen reichen Schaffens edle Zier / Segen dem Lebenstag der treu um dich geschart / Fröhlich und unverzagt finden uns mag / Segen dem Hause Glück und Ehre sei ihm reich beschert / Sippe und Namen sei ihm vermehrt / Segen und Jubel Freud und Glück“. Es folgte das Lied „Nutze die Zeit“ nach einem Text von Karl Böke, während Melodie und Satz von Adolf Frey Völlen stammen.

Die Moderatoren erklärten dann dem Nicht-Banater Publikum einen Ausschnitt aus der Geschichte der Banater Chöre: „Banater Chöre haben sich im Laufe der Jahre ein reichhaltiges Repertoire erarbeitet und sind zu unverzichtbaren Begleitern der kulturellen Vereinsarbeit vor Ort geworden. Sie treten bei verschiedenen landsmannschaftlichen Feiern auf, nehmen an Wallfahrten teil und sind Mitgestalter von Gottesdiensten. Entsprechend breit gefächert ist auch ihr Repertoire. Der Darowaer Kirchenchor hat eine lange Tradition. Gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg in der alten Heimat von Martin Metz und Pfarrer Josef Bido, diente er zur Gestaltung und Verschönerung der Gottesdienste. Es war eine wahrhaft glückliche Schicksalswendung, als sich viele Landsleute nach der Übersiedlung in Spaichingen niederließen und Martin Metz den Chor wieder aufbauen konnte. Nach seinem Tode im Jahr 2003 übernahm sein Neffe Erich Meixner die Leitung des vierstimmigen Chores und gestaltet ehrenamtlich, neben den traditionellen Kirchweihfesten, auch Auftritte in Wallfahrtskirchen und bei Chortreffen.

Über all diese Jahre des Bestehens ist die Zahl der aktiven Mitglieder fast konstant bei vierzig Personen geblieben. Die gute Mischung zwischen Jung und Alt, die ausgewählte Literatur und eine hervorragende Probenarbeit bringen dem einstigen Dorfchor inzwischen beachtliche Erfolge. So wird dieser auch ab 2011 den Gottesdienst der Wallfahrt zum Dreifaltigkeitsberg musikalisch gestalten, nachdem der Stuttgarter Chor der Banater Schwaben unter der Leitung von Hildegard Mojem die Stafette an diese Singgemeinschaft übergeben hat. Es folgten die Lieder „Am Holderstrauch“ nach Garl Römer, die bekannte Hymne der Siebenbürger Sachsen mit deutschen Text passend zur Landesgartenschau und „Geh aus mein Herz und suche Freud“ (Text Paul Gerhardt, Melodie Augustin Harder). Auch hier passte der Text zur Landesgartenschau: „Geh aus mein Herz und suche Freud / In dieser lieben Sommerzeit an deines Gottes Gaben, / Schau an, der schönen Gärten Zier / Und siehe, wie sie mir und dir / Sich ausgeschmücket haben.

Die folgenden Lieder waren dann „Mein Liebchen“, (Text Hans Mokka, Melodie Heinz Wenrich) und „Hab oft im Kreise der Lieben“ (Text Adalbert von Chamisso, Melodie / Satz Friedrich Silcher). Es ging weiter mit den Liedern „Die wahre Lieb“, einem Volkslied aus Birda (Satz Franz Stürmer) „Und zum Hans hat gsaat es Gretche“, – eine schwäbische Liebesgeschichte – und das alpenländische Volkslied „Fein sein beinander bleibn“. Der Darowaer Kirchenchor beendete sein Programm mit dem Lied „Irdische Segenswünsche“, in dem es heißt: „Möge die Straße euch zusammenführen / Und der Wind in eurem Rücken sein. / Sanft falle Regen auf eure Felder / Und warm auf das Gesicht der Sonnenschein. / Und in eurem weitren Leben halte Gott euch fest in seiner Hand. / Führe die Straße, die Ihr geht, immer Euch geradeaus zum Ziel. / Habt, wenn es kühl wird, warme Gedanken / Und in dunkler Nacht der Sterne viel. / Und in eurem weiteren Leben hoffen wir, dass Gott Euch nicht verlässt. / Er halte Euch in seinen Händen / doch drücke seine Hand euch nicht zu fest.“ Ein schönes Abschiedslied. Die gut gewählten und vorzüglich vorgetragenen Lieder wurden vom Publikum mit regem Applaus aufgenommen.

Es folgte die Überleitung zum Brauchtumsnachmittag. Auf die zentralen Fragen „Wo liegt das Banat?“ und „Wer sind die Banater Schwaben?“ gaben die Moderatoren ausführliche Antworten. In Dialogform wurde dann auf die Eckpunkte der Geschichte hingewiesen, auf die Besiedlung des Banats mit deutschen Kolonisten im 18. Jahrhundert, auf die wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen der Banater Schwaben, auf die großen Schicksalsschläge im 20. Jahrhundert und schließlich auf den Exodus der deutschen Bevölkerung nach der politischen Wende in Osteuropa. Nicht unerwähnt blieb das Wirken berühmter Banater Persönlichkeiten wie Nikolaus Lenau, Johnny Weißmüller, Adam Müller-Guttenbrunn, Béla Bartók, Prof. Dr. Stefan Hell (Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen) und Nobelpreisträgerin Herta Müller.

Die Moderatoren stellten dann das Brauchtum der Banater Schwaben vor. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass Volkstänze und Lieder, die die Einwanderer im 18. Jahrhundert mit ins Banat gebracht haben, die Grundlage darstellen für ein Brauchtum, dass sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und bereichert hat. Als Beispiele wurde der „Schustertanz“ und der „Siebenschritt“ genannt. Letzterer wurde dann auch von der Kindergruppe aus Singen, begleitet auf dem Akkordeon von Horst Redl, getanzt. Viele Tänze wurden unverändert von Generation zu Generation überliefert, andere wieder waren zeitlichen Umwandlungen unterworfen. Unverändert blieb der Ausdruck der Tänze. All diese Tänze wurden über zwei Jahrhunderte im Banat gepflegt und fast unverändert durch die Aussiedlung der Banater Schwaben in den binnendeutschen Raum zu-rückgebracht. Die Tänze fanden Eingang in das Repertoire aller Tanzgruppen der Landsmannschaft. Die Banater Trachtengruppe aus Reutlingen führte dann den Walzer „Bei gutem Wein“ auf. Ein besonderes Kapitel bei der Präsentation der verschiedenen Tänze war die sogenannte Banater „Zeppelpolka“. Diese für alle Donauschwaben typische Tanzform kennzeichnet sich besonders durch Temperament und Ausdrucksstärke aus. Zur Veranschaulichung tanzte die Gruppe aus Singen die Polka „Veilchenblaue Augen“.

Trachtenkultur und Kirchweih

Die Tracht ist ein wesentlicher Bestandteil des sachlichen Kulturgutes. Sie ist, wie die Sprache und Sitte, das Erkennungszeichen eines Volkes oder einer Volksgruppe. Die einst sonntägliche Kleidung der Auswanderer und deren vereinfachte Formen für den Werktag, alle miteinander barocker Herkunft, waren im Banat noch lebendiges Volksgut, als diese in ihren Ursprungsländern nur noch musealen Wert hatten. Die Banater Festtagstracht zeichnet sich durch einen Hang zur Üppigkeit aus, zur barocken Prachtentfaltung. Anhand der vorgestellten Trachtenkleider konnte das interessierte Publikum einen Einblick in die Vielfalt der banatschwäbischen Trachten gewinnen. Neben Musik, Tanz und Trachten wurde beim Banater Tag in Villingen-Schwenningen auch der Mundart ein breiter Raum geboten. Die beiden Moderatoren stellten klar, dass die meisten Mundarten im Banat rhein-fränkisch (pfälzisch) geprägt sind. Verdeutlicht wurde die Ausführung mit mehreren Mundartproben, darunter auch das Gedicht „Mei Sproch“ von Hans Wolfram Hockl. Aber auch andere Mundartautoren kamen zu Wort, wie Katharina Großkopf und Nikolaus Berwanger

Ein Höhepunkt im Kalender der Banater Brauchtumsveranstaltungen nimmt die Kirchweih ein. Deshalb schenkten die Moderatoren der Veranstaltung in Villingen-Schwenningen diesem Fest auch besondere Aufmerksamkeit. Zu-nächst gingen sie auf die Entstehungsgeschichte dieser Brauchtumsveranstaltung ein, der ursprünglich die Weihe der Kirche zugrunde liegt. Ursprünglich fand das Fest am Tag des Patrons der Dorfkirche statt. Aus praktischen Gründen wurde es jedoch durch einen Erlass des Kaisers Josef II. allgemein in den Herbst nach der Erntezeit verlegt. Im Banat konnte aber diese Maßnahme nicht über-all durchdringen. Schon Wochen vor der „Kerweih“ wurden Vorbereitungen getroffen. Wichtigstes Symbol des Festes ist der bunt geschmückte Rosmarinstrauß. Den Verlauf des Kirchweihfestes, die dort getragenen Trachten, die von den Vortänzern aufgesagten Sprüche, die Versteigerung von Hut und Tuch und andere Details wurden von den anwesenden Trachtengruppen auf der Bühne vorgeführt. Unter großem Applaus haben sich die Trachtengruppen der Landsmannschaft der Banater Schwaben vom Publikum verabschiedet und sich für die Aufmerksamkeit bedankt. Der Tag der Banater Schwaben auf der Landesgartenschau in Villingen-Schwenningen klang mit einer Darbietung der Weinbergmusikanten unter Leitung von Franz Wetzler aus (Moderation Anton Bleiziffer)