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Musikalische Erinnerung an die Heimat

Das Chorkonzert in der Stadthalle Gersthofen war ngut besucht.

Zum Abschluss des Gedenkjahres 2015 brachte der Banater Chor Traunreut (Leitung: Susanna Ballmann) eine musikalische Hommage an die Opfer der Russlanddeportation vor 70 Jahren dar.

Die Sopranistinnen Melitta Giel und Irmgard Holzinger-Fröhr, am Klavier von Bruno Scarambone begleitet, boten ein Wiener Medley dar. Foto: Nikolaus Dornstauder

Schon seit vielen Jahren geben sich die Banater Chöre aus Baden-Württemberg, Bayern und Reinland-Pfalz Anfang Oktober ein Stelldichein in der Stadthalle Gersthofen. Zu unterschiedlich sind die Bedingungen, unter denen die einzelnen Chöre agieren, zu verschieden ihr stimmliches Potential und ihr Repertoire, als dass bei diesen Bundestreffen der Banater Singgemeinschaften die Wettbewerbsidee im Vordergrund steht. Die Sängerinnen und Sänger wie auch die beherzten Chorleiterinnen und -leiter eint die Freude am Singen im Allgemeinen und am Chorgesang im Besonderen. Sie kommen immer wieder gerne nach Gersthofen, um diese Freude mit anderen zu teilen, einzelne Gesangsstücke aus ihrem Repertoire darzubieten und sich untereinander auszutauschen.

Acht Chöre, darunter zwei Gastchöre – die Sängerrunde der Gersthofer Naturfreude und mit den „Lustigen Weibern aus Schaumar“ zum ersten Mal ein Chor aus Ungarn –, bestritten das diesjährige Chorkonzert am 4. Oktober vor zahlreichem Publikum und boten ein gut zweistündiges abwechslungsreiches Programm, durch das wieder die Vorsitzende der Heimatortsgemeinschaft Nitzkydorf, Dr. Hella Gerber, gekonnt führte.

Zur Eröffnung des 18. Chortreffens hieß Bundesvorsitzender Peter-Dietmar Leber die mitwirkenden Chöre sowie die Landsleute im Publikum seitens des Veranstalters – des Bundesverbandes der Landsmannschaft der Banater Schwaben – herzlich willkommen. Er begrüßte Christine Neu, Johann Metzger und Werner Gilde seitens des Bundesvorstands, den stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes Bayern, Bernhard Fackelmann, den Vorsitzenden des Kreisverbandes Augsburg, Dietmar Kirschenheuter, sowie die in großer Zahl anwesenden Vertreter der landsmannschaftlichen Gliederungen. Ein Willkommensgruß galt den beiden Ehrengästen Juri Heiser, CSU-Stadtrat in Augsburg und Vertreter der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, und Klaus Loderer, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Deutschen aus Ungarn.

Bundesvorsitzender Leber würdigte das Wirken der Banater Chöre und deren Bemühen, die große Banater Chortradition in Deutschland weiterzuführen. Der Bundesvorstand wisse dies zu schätzen und danke den Chören nicht nur für ihre heutige Teilnahme am Bundestreffen, sondern auch für ihre zahlreichen Auftritte bei landsmannschaftlichen, aber auch bei vielen öffentlichen Veranstaltungen. Ein Wort des Dankes richtete er auch an die Kulturreferentin für Südosteuropa am Donauschwäbischen Zentralmuseum Ulm, Dr. Swantje Volkmann, für die erneute Förderung des Chortreffens.

Das Konzert eröffnete die Sängerrunde der Gersthofer Naturfreunde, die heuer bereits zum vierten Mal am Banater Chortreffen teilgenommen hat. Der 18 Mann starke Chor mit einem Durchschnittsalter von 77 Jahren widmet sich hauptsächlich der Pflege vierstimmig gesetzten Liedguts, angefangen von Berg- und Wanderliedern über traditionelle weltliche und kirchliche Männerchorliteratur bis hin zu Opernmelodien. Für seinen Auftritt hatte Dirigent Norbert Kraus vier Titel ausgewählt: „Freude am Leben“, „Fein sein, beinander bleib’n“, „Der Wandrer“ und „Aus der Traube in die Tonne“.

Der Banater Chor Stuttgart, der als nächster die Bühne betrat, besteht seit 29 Jahren und wird seit seiner Gründung von Hildegard Mojem geleitet. Seine Auftritte bei verschiedenen Veranstaltungen des Kreisverbandes Stuttgart und des Landesverbandes Baden-Württemberg sind immer eine kulturelle Bereicherung. Auch bei den Bundeschortreffen ist die Singgemeinschaft aus Stuttgart ein gern gesehener Gast. Heuer war sie zum 16. Mal dabei. Der Chor interpretierte die Stücke „Heimatlied“, „Wie herrlich ist’s im Wald“, Zwa Sterndlan“ (Chorsatz: Emmerich Bartzer) und „Wenn morgens früh die Sonn’ aufgeht“.

Der Beitrag des Banater Chors Traunreut unter der Leitung von Susanna Ballmann war eine warmherzige Hommage an die Opfer der Russlanddeportation vor 70 Jahren. An deren schweres Los erinnerten  Lieder wie „Glocken der Heimat“, „Heute in der Nacht“, „Von meinen Bergen muss ich scheiden“ und „Tief in Russland, fern der Heimat“. Der Traunreuter Chor, der nur einmal beim Banater Chortreffen nicht dabei war, feierte 2014 sein 30-jähriges Bestehen. Genauso lange wird er von Susanna Ballmann mit großer Begeisterung geleitet.

Der von Martin Metz 1988 in Spaichingen gegründete Darowaer Kirchenchor steht seit 2004 unter der Leitung von Erich Meixner. In seinem Repertoire stehen hauptsächlich Kirchenlieder, aber auch weltliches Liedgut und Volkslieder werden gerne gesungen. Mit 38 Sängerinnen und Sängern, die eine recht gute Altersmischung vorweisen, betrat der vierstimmige Chor die Bühne in Gersthofen. Zu Gehör brachte er das Lied „Zur Feier“ von Christoph Willibald Gluck, eine Komposition von Michael Haydn („O Herr, ich bin nicht würdig“), das Volkslied „Wohlauf in Gottes schöne Welt“ sowie das im Banat sehr bekannte Volkslied „Drunten am Bach“ (Chorsatz: Martin Metz).

Zum Abschluss des ersten Teils des Konzerts präsentierten Melitta Giel und Irmgard Holzinger-Fröhr, am Klavier von Bruno Scarambone begleitet, ein Wiener Medley. Die beiden Sopranistinnen sind in Banater Kreisen und auch darüber hinaus bestens bekannt, dank ihrer zahlreichen Auftritte mit dem Banater Chor Karlsruhe, dessen Solistinnen sie sind, und vieler Auftritte als Gesangsduo. Ihre diesjährige Gesangseinlage war eine musikalische Liebeserklärung an Wien, dargebracht in so bekannten Melodien wie „Das muss ein Stück vom Himmel sein“, „Wien wird bei Nacht erst schön“ oder „Wien, du Stadt meiner Träume“ („Wien, Wien, nur du allein“).

Nach der Pause trat zunächst der Chor mit der weitesten Anreise auf: der Frauenchor „Die lustigen Weiber aus Schaumar/Solymár“, einer Großgemeinde im Ofner Bergland nahe Budapest. Seit vier Jahrzehnten bewahrt der Chor den deutschen religiösen und weltlichen Liederschatz der Gemeinde. Im In- und Ausland genießt die Frauensinggruppe einen guten Ruf, wovon auch viele Auszeichnungen zeugen. Zusammen mit der Tanzgruppe „Herbstrosen“ aus Schaumar hatte der Chor am Vorabend unter dem Motto „Gruß aus Schaumar“ ein vielfältiges Programm mit Liedern und Volkstänzen der Deutschen aus Ungarn im Augsburger Haus der Begegnung präsentiert (Gesamtleitung: Magdalena Marlok). Zudem umrahmte der Chor am Sonntagvormittag den Gottesdienst in der Kirche „Unsere liebe Frau“ musikalisch. In Gersthofen sang der zweistimmige Chor unter der Leitung von Ditta Schreiber Kanya die Lieder „Am Donaustrand“, „Das Allerschönste auf der Welt“, „Ich geh’ jo so gerne spazier’n“ und „Wie hoch ist der Himmel“.

Die anschließende Darbietung des Chors der Donaudeutschen Landsmannschaft Frankenthal vermittelte etwas von der Freude am Singen und Musizieren, wie schon die Titel der Stücke erkennen ließen: „Wie wollt ich nun singen“, „Die Welt ist voll Musik“, „Ein Leben voll Musik“ und das von einem unbekannten Komponisten aus dem Banat stammende Stück „Mit Musik – Polka“. Vor zwei Jahren feierte der Frankenthaler Chor sein 20-jähriges Jubiläum. Seit 1999 wird er von Katharina Eicher-Müller geleitet. Die Singgemeinschaft beteiligt sich rege am Verbandsleben in Frankenthal und war bisher nur zweimal beim Chortreffen in Gersthofen nicht dabei.

Für eine angenehme Überraschung sorgte der Banater Seniorenchor Augsburg. Obwohl er seit über 30 Jahren besteht, war es erst seine dritte Teilnahme am Bundeschortreffen. Der seit 22 Jahren von Werner Zippel geleitete Chor hat ein Durchschnittsalter von 78 Jahren, die ältesten Mitglieder sind 90 Jahre alt. Trotz vorgerückten Alters der Sängerinnen und Sänger tritt der Seniorenchor
regelmäßig bei kulturellen, kirchlichen und geselligen Veranstaltungen auf lokaler Ebene auf. Für seinen Auftritt in Gersthofen hatte sich der Chor etwas Besonderes einfallen lassen: Indem sie die Bühne in eine Spinnstube verwandelten, ließen die Seniorinnen und Senioren die Erinnerung an längst vergangene Zeiten wieder aufleben, als sich an langen Winterabenden die Frauen zum gemeinsamen Handarbeiten und die Männer zum Kartenspielen trafen. Dabei wurde auch gesungen, was auch der Seniorenchor tat. Für die vier dargebotenen Lieder – „Das alte Spinnrad“, „Weit in der Ferne“, „Bilder aus der Heimat“ und „Ade zur guten Nacht“ – erntete der Chor viel Beifall. Auf Wunsch des Publikums gab es noch das Lied „Weißt du noch?“ als Zugabe.

Den Abschluss des Konzertnachmittags bildete der Auftritt des Banater Chors Karlsruhe. Der gemischte Chor, dem zurzeit 45 Sängerinnen und Sänger angehören, besteht seit 1983 und wird seit nunmehr 25 Jahren von Hannelore Slavik geleitet. Bei den zahlreichen Auftritten, die der Chor jedes Jahr absolviert, werden Stücke aus seinem breitgefächerten Repertoire vorgeführt. Besonders stolz sind die Mitglieder des Chors auf ihr Mitwirken bei zehn Aufführungen des Stückes „Die Uhr tickt“ am Badischen Staatstheater Karlsruhe während der Spielzeit 2014/15. Auch bei den Bundestreffen der Banater Chöre ist die Singgemeinschaft regelmäßiger Gast. Diesmal eröffnete sie ihre Darbietung mit dem bekannten Lied „Mein Heimatland, Banaterland“ (Musik: Josef Linster, Text: Peter Jung). Anschließend folgte ein Seemannslieder-Potpourri, mit immer wieder gern gehörten Liedern, wie „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“, „Ein Schiff wird kommen“, „Seemann, deine Heimat ist das Meer“, „Möwe, du fliegst in die Heimat“, „Der weiße Mond von Maratonga“, „Capri Fischer“, gesetzt von der Chorleiterin Hannelore Slavik. Als Solistinnen traten auf: Melitta Giel, Irmgard Holzinger-Fröhr, Isolde Reitz und Eva Wasmer. Am Klavier begleitete Bruno Scarambone.

Seinen krönenden Abschluss fand das zweistündige Chorkonzert, wie immer, mit dem vom Karlsruher Chor und dem Publikum gemeinsam gesungenen Lied „Wahre Freundschaft“.