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Zelten statt tanzen

Freizeitveranstaltung der DBJT

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen – Nach einem langen, "tanzreichen" Jahr haben sich die Mitglieder der Deutschen Banater Jugend (DBJT)  eine Auszeit von knapp drei Tagen beim Zelten in Wörnitz genommen. (16. - 18. Juli 2010).

DBJT-Vorsitzender Harald Schlapansky hat die Akzente richtig gesetzt: Nur eine starke Gemeinschaft und einen Zusammenhalt innerhalb der Trachtengruppen führt zu Identitätswahrung und einem erfolgreichen Auftreten in der Öffentlichkeit und deshalb hieß es: Gemeinsam feiern!

Die Mitglieder der Trachtengruppen aus Crailsheim, Leimen, Spaichingen, München, Würzburg, Reutlingen und Nürnberg freuten sich, diese Zeit gemeinsam zu verbringen. Der Aufbau der Zelte gelang mühelos. Während die einen mit dem Grillen und Kochen beschäftigt waren, spielten die anderen Fußball und Volleyball. Die Crailsheimer und Würzburger haben uns ein besonderes, altes Ballspiel beigebracht. Auch durften die Kinder auf die Männer, welche sich nur mit einer aufgestellten Bierbank schützen durften, mit wassergefüllten Luftballons werfen.

Beim obligatorischen Lagerfeuer wurde viel gelacht und gesungen. Gitarre und Akkordeon durften nicht fehlen. Wir konnten es leider nicht alle lassen: Wieder stand die angenehme Arbeit, das Tanzen, im Mittelpunkt. Neue Ideen und Choreographien sind spontan umgesetzt worden. Da konnte uns auch der Regen keinen Einhalt bieten. Die Zeit verging wie im Flug. Bis zum nägschte Mol, denn des halt uns zamm. Scheen war’s!

Über Opfer und Wirkung eines Zeltlageraufenthaltes

Das Märchen von der Prinzessin auf der Erbse, kennen heute wohl noch die wenigsten Kinder, weil Märchen lesen doch irgendwie aus der Mode geraten ist. Und doch, diejenigen die es kennen, dürften ahnen wie hundeübel sich die äußerst sensible Prinzessin nach einer Nacht,  in der sie trotz einer dicken Lage Daunenbetten von der Erbse gequält wurde,  gefühlt haben mag!

Jene die sich so etwas nicht vorstellen können, sollten mal, wenn sie es noch nicht versucht haben, eine Nacht im Zelt verbringen.

Ist doch seltsam! Was bewegt eine Gruppe von sonst häuslichen gesinnten Menschen, die in erster Linie ihr Haus und Hof im Kopf haben, für zwei Nächte aus zu wandern, hinaus in die „Natur,“ unter den freien Himmel zu ziehen und unter einer Zeltplane zu hausen? Was bewegt dieses Häufchen Menschen -  die ansonsten ständigen Funkkontakt mit ihrer Couch haben und diese meist nur für wenige Stunden verlassen, ständig in Angst und Sorge, die Federn der geliebten Couch könnten bei Nichtbeanspruchung in irgendeinen Urzustand fallen und somit ihren gliebten Stammplatz ruinieren - mitten im Sommer sich Wind  und Wetter aus zu setzten, Haus und Hof verlassend, ständig in Sorge der Nachbar könnte vergessen den Rasen zu sprengen!

Und was veranlasst diese, oft nicht mehr all zu jungen und gar nicht abenteuerbesessenen Erdbewohner die Schmerzen eines, vom harten Liegen auf der Luftmatratze die während der Nacht die Hälfte ihres Inhalts wieder an die Atmosphäre abgegeben hat,  geschundenen Körpers zu ertragen und   sich der Gefängniszelle des Mumienschlafsacks erledigend aus dem Zelt zu  kriechen, alles ab zu schütteln und  lächelnd in die Runde zu sagen: „Was hab ich gut geschlafen“ obwohl jeder Knochen einzeln eine SMS an den Zentralcomputer sendet, immer mit dem gleichen Inhalt: Ich sterbe vor Schmerz.

Dieses Rätsel zu lösen bedarf es keiner großen Wissenschaft und keiner psychologischer Schulung, sondern nur eines Löffels  an Willen… einmal dabei zu sein, bei diesem Häufchen und schon hat man das Rätsel hinterfragt:

Es ist, es kann nur der Wille sein, einmal, nur für kurze Zeit der Illusion anheim zu fallen wieder so zu leben wie vor ein paar Jahrzehnten. Auch wenn die Kinder nicht dieselbe Triebfeder antreibt mit zu machen – sie unterziehen sich ja auch nicht der gleichen Tortur  wie die Alten, - so dürfte sich der Ansturm der Schwaben auf das Zeltlager in Wörnitz nur so erklären lassen. Für zwei Tage wieder in einem Schwabendorf zu wohnen, zwei Nächte hindurch bis zum Hahnenschrei, sofern die Batterien nicht vorher schlapp macht, unterm Sternenhimmel alte Gassenlieder zu singen und dem Funkeln der Sterne zu zuschauen… im Arme seiner Frau, seiner Kinder oder von der einstigen Geliebten, die längst, schon längst nicht mehr zu jenen zählt an die man sonst denkt, träumend in die Flammen starrend alte längst vergangene Eindrücke wieder auferstehen zu lassen…

Denn in diesen zwei Nächten, im Scheine der flackernden Glut gehen die Gedanken ihre eigenen Wege,  längst verschüttete Gräben aufreißend, längst begrabene Träume ausgrabend. Dabei versucht man so zu wirken, sich so zu geben, dass man in den Augen der Kinder wie ein alter Scout aus  der Banater Heide erscheint, geschmückt mit den Federn der erfolgreichen Jagd nach Abenteuern, nach Eroberungen, nach Errungenschaften.

Und vielleicht erahnen die Kinder dabei, dass ihre Eltern in diesen Nächten wieder die Jugendlichen von einst sind, ganz anders als sonst zuhause zwischen den vier Wänden vor dem Flachbildschirmfernseher, groß wie eine Kinoleinwand …  einfache Jugendliche die eben mal davon träumen, in der „großen Stadt“ in der Fabrik einen Job zu finden und irgendwann ein schönes Mädchen zu erobern und zu heiraten.

Dieses Zeltlager ist für Jugendliche gedacht, und das Programm an Unterhaltung an Spielen auch für solche ausgerichtet, und doch wirken die anwesenden  „Alten“ nicht wie Fremdkörper, sondern eher wie die Unruh der Uhren die die Zeiger in rhythmischer Bewegung halten.  Denn sie, die Alten versuchen nicht nur Botschaften, Spiele, Liedtexte, oder Verhaltensregeln, an die Kinder und Jugendliche zu übermitteln, sondern geben sich um Jahrzehnte verjüngt, rennen flink und behände dem Ball nach, tollen mit den Kindern über die Wiese, ärgern sich genauso wie diese über den Regen und die Kälte, nachdem es tags zuvor über 30 Grad heiß war, sind kurz gesagt ebenfalls Kinder und geben so, in dieser kurzen Zeit, unbewusst vielleicht,  an die junge Generation mehr Wissen ab, als  ihnen sonst in einem Jahr gelingt.

Männer nur in Badehosen bekleidet, hinter Bierbänken stehend die sie wie einstmals die Ritter ihre Schilder vor sich halten um Wasserbomben abzuwehren die den Himmel des Zeltlagers verdunkeln, weil zig Kinder gleichzeitig die bunten Ballons auf ihre Väter, Tanzleiter oder einfach nur Bekannte werfen, geben für den Betrachter vielleicht ein ulkiges Bild ab, in den Augen der Kinder jedenfalls werden sie zu Kameraden, zu Kumpels auf die man schauen, die man nachahmen kann…

Somit dürften sich die geschundenen Knochen nach einem Schlaf auf dem harten Boden lohnen, dürften die schlaflosen Nächte sinnvoll sein, dürfte der Verlust der Couche verschmerzbar sein, wenn man den Kindern das gibt, was man gerne weiter geben möchte und das ganze Jahr hindurch bei den Tanzproben und Auftritten eigentlich immer zu predigen versucht: das Beispiel der Zusammengehörigkeit entsprungen aus der Gewissheit eines gemeinsamen Ursprungs: dem Banat.

Lieber Leser, Du möchtest jetzt gerne wissen was sonst noch so abgelaufen ist im Zeltlager, wie das  Wetter  war, wie das Essen, welche Gruppen dort waren, sogar wie viel Cola, Bier und Wasser getrunken wurde? Alles nebensächlich, wenn Du nicht dabei sein wolltest!

Aber frage doch die, die dabei waren und lasse dich überzeugen im nächsten Jahr  deine Couch zu verlassen und deine Knochen der Quälerei einer Erbse zu unterziehen und Du wirst sehen, dass es schön ist, so schön wie es diesmal war und das alles gepasst hat, weil alle an einem Seil gezogen haben, weil keiner gejammert, genörgelt hat und weil keiner gesagt hat Nürnberg ist doch viel größer als Crailsheim sondern, weil alle gesagt haben wir sind DBJT-ler.

In diesem Sinne: auf Wiedersehen im nächsten Zeltdorf!

Links:
> www.dbjt.de