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„Die lustigen, listigen, lästigen Zecher“ - Antonitreffen in Freiburg

Der Freiburger Singkreis unter der Leitung von Anton Bleiziffer und weitere Mitwirkende boten beim 28. Antonitreffen in Freiburg ein buntes Programm aus Liedern und humoristischen Einlagen zum diesjährigen Thema: „Die lustigen, listigen, lästigen Zecher“.

Die anwesenden ehemaligen Russlanddeportierten (von links) Magdalena Muranyi, Maria und Andreas Weber sowie Katharina Teiber wurden beim diesjährigen Antonitreffen geehrt. Rechts im Bild: Theresia Rentz und Anton Bleiziffer. Fotos: Josef Budean

Schon vor Monaten hatten wir (Franz Wiesenmayer und Katharina Emeneth) uns entschieden, am Antonitreffen in Freiburg teilzunehmen. Da wir einige dieser Feste schon selbst erlebt oder mittels DVD-Aufzeichnung verfolgt hatten, wussten wir – wie auch die meisten Sanktannaer Landsleute und Gäste aus anderen Banater Orten – was uns hier erwartet. Für jedes Treffen wählt Anton Bleiziffer, der als Leiter des Freiburger Singkreises und der Kreisgruppe Freiburg der HOG Sanktanna Herz und Seele dieser traditionsreichen Veranstaltung ist, ein neues Thema aus, dazu gibt es ein selbstgestaltetes Bühnenbild, passende Kostüme und eine passende Dekoration auf den Tischen (diesmal waren es Patchwork-Arbeiten von Maria Reinholz).

Das diesjährige 28. Antonitreffen am 17. Januar stand unter dem Motto: „Die lustigen, listigen, lästigen Zecher“. Einfacher hätte man wohl auch Trinklieder sagen können. Ab September wurde in der Gruppe jeden Freitagabend geprobt, Lieder wurden auf ihre Tauglichkeit geprüft und Ansichten darüber ausgetauscht. Bei den Mitgliedern des Freiburger Singkreises waren auch einige Zweifel darüber aufgetreten, wie diese Lieder wohl beim Publikum ankommen werden. Der Jubel an diesem Abend im Pfarrsaal von St. Peter Canisius in Freiburg-Landwasser ließ auch die letzten Zweifel verstummen. Den ganzen Abend über herrschten Frohsinn und beste Feierlaune, das Bühnengeschehen zog das Publikum in seinen  Bann und animierte es zum Mitsingen und Mitklatschen.

Großes Staunen kam bei der Darbietung des Hausherren, Pfarrer Dr. Joachim Koffler, auf. Mit dem jüdischen Volkslied „Tsen Brider“ (Zehn Brüder), das er in Gitarrenbegleitung vortrug, gewann er – auch dank einer sagenhaften Bühnenpräsenz – im Nu die Sympathie der Zuschauer. Im Anschluss an diesen begeisternden Beitrag hatte es Bernhard Brüggen nicht gerade leicht, jedoch schaffte er es gekonnt, mit ein paar einleitenden Worten den Bogen hin zu seinem Lied zu spannen. Mit dem Titel „Wenn ich einmal der Herrgott wär“, einem im Wilhelminischen Deutschland entstandenen sozialkritischen Lied, mahnte er die Allmacht von Freiheit und Recht auf Erden an und begeisterte damit aufs Neue.

Danach trug Hans Jakobi, ehemals Schauspieler am Deutschen Staatstheater Temeswar, das rumänische Lied „Am un leu şi vreau să-l beau“ (Ich habe einen Leu und will ihn versaufen), womit der Sänger seine klägliche Absicht bekundet, sich mit dem einzigen Leu, den er hatte, zu besaufen. Ein weiterer Höhepunkt war der Auftritt von Josef Rentz, der das Lied: „Horcht amol ihr Schwowe, ich waaß e Spatzenescht“ zum Besten gab. Den Refrain sangen alle im Saal mit, und währenddessen lief Johann Reinholz pfeifend mit einer Vogelfigur in der Hand durch das Bühnenbild.

Zwischen den einzelnen Beiträgen, unter anderem auch von Karl Heinz Maurer, Elfriede Mayer, Anton Bleiziffer und dessen beiden Söhne, brachte der Singkreis mehrstimmige Lieder zu Gehör, so auch ein Potpourri von bekannten Trinkliedern wie: „Jetzt trink ma noch a Flascherl Wein“, „Trink ma noch a Trepfle“, „Oh Susanna“, „Die Vöglein im Walde“, „Von den Bergen rauscht ein Wasser“, „Mein Hut, der hat drei Ecken“, „Muss i denn zum Städtele hinaus“, „Und in der Heimat ist es doch am schönsten“. Selbstverständlich sangen alle begeistert mit, sich doch diese Lieder mit Erinnerungen aus der alten Heimat verbunden.

Für alle, die den Sanktannaer Dialekt lieben, bot Josef Budean mehrere originelle Gstanzerl. Selbstgedichtet und überzeugend vorgetragen, fielen seine Worte auf vertrauten Boden. Sein „Kumedelied“ erntete stehenden Applaus und Bravo-Rufe.

Die beiden musikalischen Brüder Alexander und Clemens Bleiziffer machten anschließend einen Kneipenrundgang, wobei sie immer wieder ein Licht aufleuchten sehen, dem sie folgen. So finden sie auch zu Franz Wiesenmayer, der prompt einen passenden Witz zu erzählen weiß. Letztendlich landen sie dann doch auf dem Antonifest, wovon sie wissen, dass es dort „gude Kulatsche“ und „gude Woarscht“ gibt. Die beiden haben dann ihr selbstgeschriebenes Lied „To is was los“ gesungen und sich dazu auf der Gitarre begleitet. Lobenswert sind die Beiträge der Bleiziffer-Brüder jedes Jahr, weil sie mit ihrem jugendlichen  Elan frischen Wind in die Veranstaltung bringen und durch ihre originellen Darbietungen das Publikum begeistern.

Am Nachmittag gab es, wie jedes Jahr, eine große Auswahl an selbstgebackenen Kuchen, Kaffee dazu und Zeit zum Reden und Austauschen. Dann das vertraute Namenstagslied für die Antonis, wie immer von der Großfamilie Weber (Andreas Weber, Richard Weber, Lukas Mayer) und Josef Rentz instrumental begleitet, und auch diesmal stehend von der ganzen Gesellschaft gesungen.

In diesem Rahmen wurde auch des 70. Jahrestags der Russlanddeportation gedacht, und die vier anwesenden Überlebenden wurden geehrt. Passend zum Anlass sang Katharina Teuber mit ihrer Nichte Resi Rentz das Krivoirog-Lied, während das Ehepaar Anton und Rosalia Henger mit der Tochter Dr. Anna Henger das wehmütige Russlandlied „Im Jahre 1945“ darbot. Von den Frauen und Männern, die dieses traurige Kapitel unserer Geschichte erlebt haben, leben nur noch wenige und lassen uns angesichts ihrer Erfahrungen dankbar sein für den erlebten Frieden und Wohlstand hierzulande. Das kam auch beim Festgottesdienst zum Ausdruck, sowohl in der ergreifenden Predigt von Dompfarrer Wolfgang Gaber als auch in den vorgetragenen Fürbitten.

Zum Abschluss des sehr unterhaltsamen Programmes gab es zu Recht Dankesworte an alle Mitwirkenden. Dann spielten die Freiburger Eisenbahner-Musikanten unter der Leitung von Josef Zippel zum Tanz auf. Polka, Walzer und Ländler reihten sich einander, eine Melodie schöner als die andere. Wunderschön anzuhören und erst recht dazu zu tanzen war auch der Gesang von Helga Salm, Josef Zippel und Walter Mitsch. Anton Bleiziffer überreichte der Musikkapelle ein neues Logo mit Notenschlüssel auf einer Lokomotive. Die Umsetzung der Idee dazu stammt von Rainer Muranyi. Kurz nach zwei Uhr ging dieses unvergessliche Fest zu Ende.

Am nächsten Tag stand traditionsgemäß der Diavortrag von Josef Budean auf dem Programm. Ein farbenfroher Reisebericht von Wien und den rumänischen Karpaten brachte dem Publikum auf schwowische Art die Buntheit, Einfachheit und Idylle der rumänischen Landschaft näher. Damit verbunden ist stets eine Spendenaktion von Josef Budean.

Mit viel Frohsinn und bunten Eindrücken von diesem 28. Antonitreffen im Gepäck traten wir am Montagmittag die Heimreise mit dem Zug an. Wir genießen einerseits die vorbeiziehende Landschaft, andererseits laufen unsere inneren Bilder hin und her zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wir erinnern uns, wie in Sanktanna einst Namenstage gefeiert wurden. Man ging ohne Einladung, ohne Terminabsprache, auch ohne Geschenke zu einem Johann, Stefan, Anton, Josef oder Franz, man stieß auf den Namenstag an, genoss die selbstgebackenen „Kulatsche“ und sang gemeinsam. Das eine oder andere Trinklied, das beim Antonitreffen zu hören war, wurde auch bei diesen Feiern angestimmt. Und es kam schon mal vor, dass eine Gruppe junger Burschen im fahlen Licht einer Straßenlaterne zu später Nachtstunde Gassenlieder zum Besten gab. Und genau diese Trink- und Gassenlieder schlummern bis heute in uns. Sie brauchen nur einen leisen Weckruf wie diesmal beim Antonifest und schon bahnen sie sich den Weg und erfreuen uns immer wieder aufs Neue.