Landsmannschaft der Banater Schwaben e.V.

Späte Anerkennung für hervorragenden Gartenarchitekten

Arpad Mühle, Porträt von Adalbert Varga.

Die im Temeswarer Rosengarten enthüllte Büste von Arpad Mühle ist ein Werk des Bildhauers Aurel Gheorghe Ardeleanu, der auch die Büste von Wilhelm Mühle schuf.

Temeswars Bürgermeister Nicolae Robu überreicht Clara-Liselotte Basica bei der Entüllung der Büste ihres Großvaters Arpad Mühle einen Blumenstrauß. Fotos: Clara-Liselotte Basica

Im Temeswar Rosengarten wurde eine Büste von Arpad Mühle (1870-1930) enthüllt - Jahrzehntelang war der Name Mühle in Temeswar und weit über die Grenzen des Banats ein Begriff. Wilhelm Mühle (1845-1908) und dessen beiden Söhne Arpad (1870-1930) und Wilhelm (1872-1901) zählten zu den bedeutendsten Floristen und Gartenarchitekten der Banater Hauptstadt und ihrer Zeit überhaupt. Am 1. August 2014, knapp ein Jahr nach der Enthüllung der Büste von Wilhelm Mühle (unsere Zeitung berichtete), wurde nun im Temeswarer Rosengarten die Büste von Arpad Mühle feierlich enthüllt. Auch diese Büste ist das Werk des Bildhauers Aurel Gheorghe Ardeleanu. Obzwar die Gestaltung mit Sicherheit keine leichte Aufgabe war, da zwischen Vater und Sohn eine ziemlich große Ähnlichkeit bestand, ist es dem Künstler durchaus gelungen, die feinen, aber wichtigen Unterschiede herauszuarbeiten. Seine Plastik fand verdienterweise allgemeine Anerkennung. Man kann jetzt, wenn man den Rosengarten über den Haupteingang betritt, links und rechts die beiden Büsten sehen, die „ihren“ Rosengarten sozusagen bewachen.

Die einleitenden Worte zur Feier sprachen der Bürgermeister der Stadt Temeswar, Nicolae Robu, und der Vorsitzende des Vereins der Temeswarer Senioren, Vlad Nicolae, der auch den Verein der jungen Generation der Rosenfreunde ins Leben gerufen hat. Daraufhin folgte die Laudatio von Clara-Liselotte Basica, der aus Deutschland angereisten Enkelin von Arpad Mühle. In Vertretung des Vorsitzenden der Rosenfreunde Rumäniens, Dr. Stefan Wagner, sprach Professorin Maria Bâlă von der Temeswarer Universität für Agrarwissenschaften. Zu diesem besonderen Anlass waren auch Vertreter aus Szegedin, der Partnerstadt Temeswars, gekommen. Das gute Wetter, das wie gerufen die vorausgegangenen Regentage abgelöst hatte, unterstützte die feierliche Stimmung.

Nach der Enthüllung der Büste folgte eine Vorstellung auf der Open-Air-Bühne des Rosenparks, an der Vertreter der ganz jungen wie auch der „junggebliebenen“ Generation teilnahmen. Das abwechslungsreiche und mit Liebe gestaltete Programm umfasste unter anderem rumänische, ungarische und deutsche Volkstänze.

Modernes Gärtnerei-Unternehmen

Doch wer war Arpad Mühle, dem nun diese Ehre zuteil wurde? Arpad Mühle wurde am 7. November 1870 in Temeswar geboren. Schon im Alter von 14 Jahren half er in der Gärtnerei seines Vaters mit. Nach dem Besuch des Piaristengymnasiums unternahm er eine Reihe von Studienreisen, die ihn nach Deutschland, Luxemburg, Belgien, in die Niederlande und nach Nordamerika führten. Nach seiner Rückkehr übernahm er das gärtnerische Unternehmen von Wilhelm Mühle, das er im Geiste seines Vaters, aber mit an die Zeit angepassten Installationen und Methoden weiterführte. So konnten beispielsweise die Glashäuser des väterlichen Betriebs in der Folge beheizt werden, was den Export von Pflanzen und sogar Schnittblumen auch in der kalten Jahreszeit ermöglichte. Elena Miklosik nennt das gärtnerische Unternehmen einen „Forschungs- und Produktionskomplex“ (vgl. Vasile Ciupa, Lucian-Vasile Szabo: Roze de Timişoara. Pa-gini din istoria trandafirilor în Banat, Temeswar 2011, Seite 98).

Dank Wilhelm und Arpad Mühle sowie auch anderer Gärtner, wie Franz Niemetz und Johann Agatsy, wurde Temeswar damals mit der Stadt Erfurt verglichen.
Laut „Temesvarer Zeitung“ vom 23. Juli 1930 wurde Arpad Mühle noch vor 1914 als Vertreter Österreich-Ungarns zum Kongress der europäischen Gärtner, der in Russland abgehalten wurde, eingeladen. Da er durch seine Fachkenntnisse und sein Auftreten aufgefallen war, „wurde er vom Zaren Nikolaus zu Gaste geladen“, heißt es in dem Zeitungsbericht.

Hoflieferant dreier Königshäuser

Häufig wurde er im In- und Ausland als Fachmann zu Rate gezogen. So wurde er zum Beispiel nach Bukarest eingeladen, um sich an der Gestaltung des „Cişmigiu“-Parks zu beteiligen. Nach Sinaia wurde er ins Schloss Pelesch gerufen, um gemeinsam mit Guttmann, dem Gartenbaudirektor des rumänischen Königshauses, den Stadtpark von Sinaia zu planen. In der bulgarischen Hauptstadt entwarf er einen Japanischen Garten und auf der Insel Prinkipo im Marmara-Meer vor Istanbul errichtete er einen prachtvollen Park. Dafür verlieh ihm der Sultan den Medschidije-Orden. Aufgrund seiner Statistiken betreffend den Export von Agrar- und Gartenbauprodukten wurde ihm im Jahr 1912 der Titel eines k.k. Kommerzienrates verliehen. Später zeichnete ihn auch der rumänische Staat mit der Medaille „Meritul Comercial şi Industrial“ aus. Arpad Mühle war Hoflieferant der rumänischen, serbischen und bulgarischen Königshäuser.

Obzwar er unermüdlich und immer gewissenhaft arbeitete, fand er dennoch Zeit für gesellige Treffen mit Freunden aus aller Welt, zum Lesen von Fach- und belletristischer Literatur. Er führte einen regen Briefwechsel mit Wissenschaftlern und Künstlern seiner Zeit. Zweien von ihnen, dem österreichischen Botaniker und Universitätsprofessor Hans Molisch (1856-1937) und dem Schriftsteller Wilhelm Bölsche (1861-1939), hat er je eine seiner Rosen gewidmet.

Auf einer Mittelmeerkreuzfahrt machte Arpad Mühle die Bekanntschaft des großen Münchener Sezessionskünstlers Franz von Stuck (1863-1928). Obzwar beide von Natur aus anfänglich zurückhaltend waren, entstand im Laufe der Reise eine Bekanntschaft, die sich zu einer dauerhaften Freundschaft entwickeln sollte. In der Folge wurde mein Großvater wiederholte Male nach München eingeladen, um dem Künstler beim Planen seines Parks, der seine berühmte, preisgekrönte Villa umgeben sollte, mit Rat und Tat beizustehen. Zum Tode des Künstlers schrieb Arpad Mühle für die „Temesvarer Zeitung“ einen ergreifenden Nachruf.

Gern gelesener Fachautor

Unter dem Pseudonym „Linné der Pflanzer“ veröffentlichte Arpad Mühle gern gelesene Artikel in der „Temesvarer Zeitung“. Sein Gartenbauanzeiger, den er im Selbstverlag herausgab, erschien zweimal wöchentlich und wurde seinen Kunden kostenlos angeboten.

In Buchform brachte er Veröffentlichungen über „Die Schönsten Blatt- und Florpflanzen, deren Zucht und Pflege“, über die Kultur der Chrysanthemen, die Geschichte, Kultur und Anzucht der Canna sowie etliche Rosenkataloge heraus. Seine besondere Aufmerksamkeit galt neben den Rosen und Canna den exotischen Pflanzen und ihrer Akklimatisierung im Banat.

In seinen letzten Lebensjahren befasste er sich viel mit Steingärten. In einem Sonderabdruck der „Temesvarer Zeitung“ von 1930 erschien unter seinem Namen ein ausführlicher Artikel zu diesem Thema mit dem Titel „Alpine Steingärten – ein Kapitel für Natur- und Gartenfreunde“. Aus seinen Briefen, die er anlässlich einer Mittelmeerkreuzfahrt geschrieben hatte, entstand das Buch „Aus sonnigen Landen. Reisebriefe einer Sommerfahrt“, das im Jahre 1911 erschienen ist. Schließlich sind noch seine Gedichte zu erwähnen, die von seinen Bergwanderungen und Reisen inspiriert waren und nach seinem Tod von Viktor Orendi-Hommenau 1931 in einem Band mit dem Titel „Wegeblumen. Auf froher Wanderschaft gepflückt“ herausgegeben wurden.

Planer des Temeswarer Rosengartens

Wie auch sein Vater, war auch er Mitglied des Senats von Temeswar, außerdem Vorsitzender des Gartenbauvereins, Vizepräsident des Vereins der Musikfreunde und Mitglied verschiedener humanitärer und kultureller Vereinigungen. In erster Reihe muss aber der Verein der Rosenfreunde erwähnt werden, den er zusammen mit Doris Simboteanu, A. Diaconovici und dem städtischen Obergärtner Mihail Demetrovich gründete. Zur ersten Präsidentin des Vereins wurde Doris Simboteanu, die Gemahlin des damaligen Temeswarer Stadtkommandanten, gewählt.

Das wichtigste Projekt des Vereins war der Entwurf und die Anlegung eines Rosengartens, da der erste Temeswarer Rosengarten, der von Wilhelm Mühle geplant worden war, im Ersten Weltkrieg zerstört wurde. Der Verein nahm sich bereits im Jahr 1929 vor, einen Rosengarten an Stelle des ersten zu errichten. Die erste Skizze zum jetzigen Rosengarten stammt von Arpad Mühle. Die Rosenstöcke wurden von der städtischen Gärtnerei, aber vor allem von den privaten Gärtnereien der Stadt Temeswar gespendet. Auf einer Spenderliste sind Arpad Mühle, Adalbert Jansky, Joseph Kratochwill, Johann Nestler, Mihail Demetrovich, Georg Bauer, Johann Agatsy, Joseph Schlageter, W.J. Niemetz und andere angeführt.

Bei der Eröffnungsfeier des zukünftigen Rosengartens wurden zwei Rosenstöcke gepflanzt – einer von Minister Sever Bocu und Mihail
Demetrovich, der andere vom Temescher Präfekten Coriolan Bălan zusammen mit Arpad Mühle und Doris Simboteanu. Leider konnte Arpad Mühle die Erfüllung seines Traumes nicht mehr erleben. Der Rosengarten erhielt erst 1935 seine endgültige Form. Da war Mühle schon seit fünf Jahren tot.

Im Sommer 1930 wurde Arpad Mühle gemeinsam mit Mihail Demetrovich nach Hermannstadt vom dortigen Gartenbauverein eingeladen. Nach dem Treffen trennten sich ihre Wege, da Arpad Mühle, der ein geübter Bergsteiger war, im Bucegi-Gebirge seltene Bergpflanzen suchen wollte, die es nur in den Karpaten gibt. Er hatte sich in den letzten Jahren viel mit Steingärten befasst, die er mit den von ihm akklimatisierten Sorten bepflanzen wollte. Es gelang ihm auch, eine der gesuchten Pflanzen zu finden, da er sich aber nicht wohl fühlte, unterbrach er seine Wanderung und kehrte nach Sinaia zurück. Er sollte seine Vaterstadt nicht mehr lebend erreichen. Am 22. Juli 1930 ist Arpad Mühle in seinem 60. Lebensjahr verstorben. Vier Tage später wurde er in Temeswar beigesetzt.

Der Dichter und Publizist Viktor Orendi-Hommenau schreibt im Nachwort zu dem von ihm postum herausgegebenen Gedichtband Arpad Mühles: „Sein Begräbnis in Temeswar gestaltete sich zu einer imposanten Trauerkundgebung der Gesamtbevölkerung.“ Doris Simboteanu, die im Namen des Vereins der Rosenfreunde die Grabrede hielt, machte schon damals den Vorschlag, eine Büste für Arpad Mühle zu errichten, als „eine wehmütige, schöne Erinnerung für alle, die ihn kannten, ein pietätsvolles Andenken für alle, die weit über die Landesgrenzen hinaus ihn schätzten und ehrten, ein ergreifendes Zurückerinnern für künftige Generationen, wenn wir alle nicht mehr sind.“ Nach 84 Jahren hat sich ihr Wunsch erfüllt.