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Aufbruch entlang der Donau (III)

Prof. Dr. Reinhard Johler

Festakt im Stadthaus - Den Abschluss des Tages bildete der Festakt zur Eröffnung des Jubiläumsjahres im Stadthaus. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Jugendchor der Münsterkantorei, der drei Chorwerke des Banater Komponisten Richard Waldemar Oschanitzky (1939–1979) vortrug. Nach der Eröffnungsansprache des Oberbürgermeisters Ivo Gönner lotete Prof. Dr. Reinhard Johler (Direktor des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft und Leiter des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen) in einem Impulsvortrag die „Chancen und Grenzen des kulturellen Austauschs durch Wanderungsbewegungen in Europa“ aus. Migration sei, so Johler, „ein konstitutives Element in der Menschheitsgeschichte“, ein „weltweites und überzeitliches Phänomen“. Auch Europa sei „ein wandernder Kontinent“ und immer schon in Bewegung gewesen. Der Kulturwissenschaftler zeigte die großen Trends der europäischen und deutschen Migrationsgeschichte in den letzten 300 Jahren auf und bezog dabei auch die Siedlungswanderungen des 18. Jahrhunderts sowie deren Auswirkungen auf die Stadt Ulm als „Schlüsselort“ der Auswanderung nach Südosteuropa mit ein. Im Hinblick auf aktuelle Frage-stellungen zur Migration plädierte er dafür, die kulturelle Vielfalt als Potential und Chance zu sehen. Lernten die Menschen mit Multikulturalität produktiv umzugehen, dann könnte dies ein wesentlicher Standortfaktor für dieses Jahrhundert werden. „Die Vielfalt Europas ist die Chance im globalen Wettbewerb“, sagte Johler. Die Stadt Ulm mit ihrem Donaubüro, der Europäischen Donauakademie, dem Internationalen Donaufest, dem Donauschwäbischen Zentralmuseum und ihren Anstrengungen in Bezug auf die Europäische Donaustrategie bezeichnete er geradezu als ein Paradebeispiel für den interkulturellen Austausch.

Das Thema des Jubiläumsjahres mit aktuellen Bezügen und Fragestellungen war auch Gegenstand der anschließenden Gesprächsrunde mit Prof. Dr. Reinhard Johler, den Historikern Dr. Márta Fata (Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen) und Dr. Reinhold Weber (Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg) sowie der Bundestagsabgeordneten Ekin Deligöz (Bündnis 90 / Die Grünen). Die Moderation hatte die aus Siebenbürgen stammende Rundfunkjournalistin Anita Schlesak (SWR) übernommen. Diskutiert wurde vorwiegend aus wissenschaftlicher und politischer Perspektive, was der Zusammen-setzung der Runde geschuldet war. Die Veranstalter wären gut beraten gewesen, auch einen Vertreter der Donauschwaben aufs Podium einzuladen, will doch das Ulmer Jubiläumsjahr an deren Auswanderung aus dem deutschen Südwesten erinnern.