In seiner „Kleinen Banater Mundartkunde“ (KBM), erschienen 1975 im Bukarester Kriterion-Verlag, zitiert Dr. Johann Wolf den Schriftsteller Martin Walser: „Der Dialekt ist eben genauso wichtig wie die untergegangene Kindheit. Deren Untergegangenheit ist nicht zu bezweifeln. Unbezweifelbar ist aber ihre Nachwirkung und ihre mächtigste Wirkung tut sie, kommt mir vor, in ihrem treuesten Zeugen, im Dialekt.“ (KBM, S. 13). Die Mundart sieht Martin Walser als einen Zeugen, der untergegangen ist, oder im Begriff ist, unterzugehen. Zum Zeitpunkt des Erscheinens der KBM, 1975 behauptet Johann Wolf zurecht, dass man dies von den deutschen Mundarten im Banat noch nicht sagen könne. Die Banater deutschen Mundarten wurden damals noch von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung im Banat gesprochen: „Die meisten Kinder lernen ihre Muttersprache zuerst in der mundartlichen Erscheinungsform kennen. Im Banat weicht die Mundart viel langsamer als im geschlossenen deutschen Sprachbereich von der Umgangssprache und der Schriftsprache zurück.“ (KBM, S. 13)
Diese Aussage wiederholt Johann Wolf auch noch in der zweiten, erweiterten Ausgabe, der „Banater Deutschen Mundartkunde“ (BDM, S. 15). Diese Ausgabe hatte Dr. Johann Wolf noch vor seinem Tod 1982 abgeschlossen, erschienen ist sie allerdings erst 1987 im Kriterion Verlag Bukarest. Ende der 80er Jahre allerdings war die deutsche Gemeinschaft im Banat schon im Schwinden begriffen. Nach dem Exodus, der im Jahre 1990 gipfelte, wage ich zu behaupten, dass es zum heutigen Zeitpunkt in vielen Banater Dörfern nur noch einzelne Mundartsprecher gibt und sich dadurch die typischen Eigenarten der Dorfmundarten verwischen. Bestenfalls bleiben diese Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Dazu stehen Materialsammlungen und Dokumentationen beim Lehrstuhl für Germanistik an der West-Universität Temeswar und beim Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen (IdGL) zur Verfügung, die im Laufe der Jahrzehnte von Lehrkräften, Forschern, Studierenden, Absolventen der Germanistik und auswärtigen Mitarbeitern zusammengetragen wurden.
Durch die Tatsache, dass die Mundartsprecher aus dem Banat nicht mehr in ihren Dorfgemeinschaften leben, sondern überall in Deutschland, schwinden die Eigenheiten. Viele der hier geborenen Kinder sprechen überhaupt keine Mundart mehr. Dennoch wird in vielen Familien, mit der Verwandtschaft und mit Landsleuten „schwäbisch“ gesprochen. Oft hört man dabei Wörter oder Wendungen, die man lange nicht benutzt hat und freut sich darüber. Heimatortsgemeinschaften veröffentlichen Wörtersammlungen auf ihren Webseiten oder als Printausgabe, wie z.B. Großsanktnikolaus, Königshof, Lenauheim oder Triebswetter.
Nun kommt noch ein Buch von Johann Becker hinzu, das er im Eigenverlag herausgebracht hat: „Su hammer in Zampheter gerett“, unter dem Motto: „Mir redde Schwowisch wi in Zampheter. Där een odder där anner hat schun was vergess un manche hann’s aa nimmi gelärnt. Des Buch do khann vleicht bissje helfe.“
Johann Becker ist in Deutschsanktpeter geboren und hat in Temeswar Germanistik und Anglisitk studiert. Seine Abschlussarbeit schrieb er 1980 über den „Eigenwortschatz der Mundart von Deutschsanktpeter“, wie aus dem Literaturverzeichnis der ungedruckten Arbeiten über Banater Mundarten der Banater Deutschen Mundartkunde (S. 334) hervorgeht. Auf Seite 76 zitiert Dr. Johann Wolf aus seiner Forschung Formen des Übergangs vom Mittelhochdeutschen im Dialekt von Deutschsanktpeter.
Vor seiner Ausreise 1982 unterrichtete er Deutsch und Englisch an einem Lyzeum in Petroşani. Wie viele Aussiedler mit in Rumänien abgeschlossenem geisteswissenschaftlichem Studium beugte er sich der Realität und schulte zum Buchhalter um. Doch sein Interesse für „den Dialekt, die Geschichte, den Jahresablauf und anderes aus Deutsch Sankt Peter“ („Su hammer in Zampheter gerett“, S. 2) ließ ihn nie los. Er schrieb einen Teil des Heimatbuches, sammelte, ordnete, analysierte und systematisierte. Daraus entstand – nach seinem Renteneintritt – das vorliegende Buch. Dies ist weit mehr als eine Wörtersammlung geworden.
Es enthält zusätzlich zu dem umfangreichsten Teil der Wörtersammlung Sprichwörter, Redensarten, Reimverse, Schlaflieder und Sprüche, aber auch Vornamen, Rufnamen, Familiennamen und Nennnamen, aus dem Rumänischen und Ungarischen entlehnte Wörter und zum Abschluss auch eine Zusammenstellung der wichtigsten Besonderheiten der Grammatik.
Da es für den Dialekt keine festen Schreib- und Ausspracheregeln gibt, hat er einige Regeln aufgestellt und mit Beispielen erläutert. Damit wird denen, die den zampheternen Dialekt „nimmi gelärnt hann“ und den „nicht-zampheternen“ Mundartsprechern der Zugang erleichtert. So manchem Leser werden dadurch die Ähnlichkeiten und Unterschiede zum eigenen Dialekt besser bewusst.
Ein Kapitel (Seite 10-17) ist den Dialektwörtern mit ihrer Bedeutung und Abstammung gewidmet. In diesem erläutert er Wörter und ihre Herkunft, die typisch für den Dialekt aus Deutschsanktpeter sind und in den Mundarten anderer Dörfer nicht oder recht selten vorkommen. So zum Beispiel: „Es Pimmisje is in di Flesche gelaaf, bis mer norrmi di Fick gsiin hat. No hat e Hoorwischpl’s gstoch un’s hat geziddert wi Gallraj.“ (Das Hündchen ist in die Kürbisse gelaufen, bis man nur noch den Schwanz gesehen hat. Dann hat eine Wespe es gestochen und es hat gezittert wie Sülze.)
Beim Lesen der Sprichwörter und Redewendungen fragt man sich oft, wann man diese zum letzten Mal verwendet, bzw. gehört hat. Wie lange schon hat man nicht mehr etwas „in di Hand ninn versproch“ oder sich geärgert, weil das Messer „wi khalt Wasser schneid“? Liest man die „Reime, Schloflieder un Sprich“, kommen Erinnerungen an die Kindheit auf und man würde sich noch mehr davon wünschen.
Den Auflistungen der Vornamen, Rufnamen, Familiennamen und Nennnamen aus Deutschsanktpeter sind jeweils kurze Erklärungen vorangestellt: welches waren die häufigen Vornamen, woher stammen die Familiennamen, woher kommen die Nennnamen?
Den größten Teil des Buches nimmt die „Wörterliste A-Z“ in Anspruch. Die meisten Dialektwörter haben – so der Autor (S. 34) – eine „fast identische Entsprechung im Hochdeutschen.“ Es gibt allerdings auch Wörter, die im Hochdeutschen ganz anders lauten, sei es, „weil sich das ursprüngliche Dialektwort bis ins Hochdeutsche sehr verändert hat oder es im Hochdeutschen kein ähnliches Wort gibt.“ Dazu erläutert Becker auch die Kriterien seiner Auswahl, bzw. die Hinzufügung von Hilfswörtern zur Erklärung. Hinzu kommt noch jeweils eine Liste mit Entlehnungen aus dem Rumänischen (von Abator und Abomanet bis Winnete und Zschisme) und aus dem Ungarischen (vom Batschi bis zum Zallasch) mit Übersetzung ins Hochdeutsche und ggf. Erläuterungen dazu.
Als Kostprobe der Zampheterner Mundart gibt es auf Seite 140 ein paar lustige Geschichten „Vun allerhand Stärz un was sunst de Leit als passiert is.“
Zum Schluss widmet Johann Becker sich noch ausführlich der Grammatik der Mundart aus Deutschsanktpeter (S. 141-188) und zeigt die Gemeinsamkeiten mit und die Unterschiede zur Hochsprache auf.
Das Buch ist ein wertvoller Beitrag zur Dokumentation der Mundart von Deutschsanktpeter und ist allen zu empfehlen, die sich für die deutschen Mundarten des Banats interessieren. Es kann direkt bei Johann Becker für 20 Euro einschließlich der Versandkosten bestellt werden.
Johann Becker „Su hammer in Zampheter gerett“, Tel. 0151-1077539 oder E-Mail johann.becker@me.com 20 Euro einschl. Versandkosten.









