Wer im April durch die Temeswarer Alba-Iulia-Straße streifte, traf oft Trauben von jungen Menschen am Eingang des Deutschen und Ungarischen Staatstheaters. Die Vorstellungen des Internationalen Jugendtheaterfestivals, das das Deutsche Staatstheater zusammen mit der Lenauschule seit fünfundzwanzig Jahren organisiert, sind immer gut besucht. Die Aufführungen des deutschsprachigen Schul- und Jugendtheaterfestivals wurden hauptsächlich von Schülern und Jugendlichen besucht, die sich hier mit ihren Theatererfahrungen austauschten. Es fiel mir auf, dass viele Jugendliche kroatisch, ungarisch oder serbisch sprachen, aber auch Schülergruppen aus Hermannstadt und Bukarest waren in Temeswar zu Gast.
Die Eröffnung fand mit der Aufführung „Dschungelbuch“ des Temeswarer Deutschen Staatstheaters statt. Die Inszenierung von Răzvan Mazilu des bekannten Klassikers von Rudyard Kipling aus dem Jahr 1894, der später vor allem durch seine Verfilmungen bekannt wurde, begeisterte unter anderen mit David Săracu als Mogli, Harald Weisz als Balu und Daniela Török als Baghira. Eine sehr gelungene Live-Sound-Begleitung von Sorina Savii mit stimmungsvollen Dschungelbildern als Video-Inszenierung machten das Theatererlebnis überzeugend und unterhaltsam.
Isolde Cobeț, seit vielen Jahren künstlerische Leiterin des Theaterfestivals, begrüßte zur Eröffnung das versammelte Publikum. Auch der Intendant des DSTT Lucian Vărșăndan hieß die Jugendlichen herzlich willkommen und fand es wunderbar, dass in Zeiten der Handy-Kommunikation der Jugend ein Theaterfestival ein bedeutender Moment sein darf. Europäische Nachwuchsschauspieler tauschten sich hier jedes Jahr bei den Aufführungen, in Workshops und Versammlungen aus, da das Theaterfestival den Jugendlichen vor allem „die Erfahrung des Miteinanders“ bringen soll. „Nehmt daher die Freude dieser Begegnung in euer weiteres Leben mit und lasst diese Erfahrungen noch lange in bester Erinnerung anklingen. Schätzt die Tatsache, dass ihr die Möglichkeit habt, eurer Fantasie freien Lauf zu lassen, auf und hinter der Bühne zu experimentieren, an Fortbildungen teilzunehmen und euch zusammen mit gleichgesinnten Altersgenossen aus anderen Orten und Ländern auszutauschen und mit ihnen zu feiern!“ – gab ihnen der Intendant mit auf den Weg. Die Direktorin der Lenauschule Gabriela-Simona Mateiu ließ ihre Begrüßung in Abwesenheit verlesen. Sie rief die Teilnehmer dazu auf, den Austausch „live“ zu genießen. Sie sollten dabei „Wünsche, Träume, Zeiten und Tatsachen in Worte, Mimik und Gestik fassen.“ Workshops, gemeinsame Unternehmungen und Theaterbesuche bestimmten dann die nächsten Tage des Festivals, an denen immer wieder auch Theateraufführungen stattfanden. Die Schülertheatergruppen aus Varazdin in Ungarn sowie Sombor in Serbien trafen sich gemeinsam mit den Schülern aus Hermannstadt, Bukarest, der NiL-Theatergruppe Temeswar und mit ihren jeweiligen Mentoren zu Workshops und Theatervorbereitungen in der Lenauschule.
Es zeigte sich auch in diesem Jahr, dass die vielsprachige Temeswarer Kultur- und Theatertradition auch über das Kulturhauptstadt-Jahr hinauswirkt und mit intensiver Nachwuchsarbeit die Zukunft des Theaters sichert.