zur Druckansicht

Die Schimmelreiter aus Bakowa

Der Jahresorden 2025 der Karnevalgesellschaft „Noris Banatoris“ bezieht sich auf den Faschingsbrauch des Schimmelreiters aus Bakowa. Foto: Josef Lutz

Die 1992 gegründete erste Banater Karnevalsgesellschaft „Noris Banatoris“ aus Nürnberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Faschingsbrauchtum der Banater Schwaben zu pflegen und im Rahmen und als Bereicherung der fränkischen Fastnachtskultur aufrechtzuerhalten. Dazu greift die Karnevalsgesellschaft jedes Jahr einen Banater Faschingsbrauch auf und prägt dazu einen Jahresorden. In dessen oberem Teil ist das Vereinssymbol, die „Mugge“ (Fliege) mit Patsche, Flasche und Kussmund, dargestellt. Im unteren Teil befindet sich die Aufschrift „Noris Banatoris“ mit der Jahreszahl, darunter das Nürnberger Stadtwappen vereint mit dem Banater Wappen. Das Jahresmotiv befindet sich im zentralen Bereich, es bezieht sich in diesem Jahr auf die Faschingstradition des Schimmelreiters in Bakowa.

An der traditionellen Maske des „Schimmels“ im Hochzeitsund im Faschingsbrauchtum in Bakowa lässt sich eine in der Banater Volkskultur nicht selten feststellbare Übernahme von Inhalten, Motiven, Handlungen und Gestalten aus einem in einen anderen Brauch illustrieren. Es handelt sich um einen Schimmelreiter, in der üblichen Bezeichnung wird allerdings nur das Pferd genannt. Im Hochzeitsbrauch ist diese beliebte Maske die Hauptgestalt innerhalb der heiteren Einlagen der „Vermaschkerten“ – der maskierten Zottelmänner und Weiber – während der Tanzunterhaltung nach dem späten Abendessen. Im Faschingsumzug dagegen ist sie nur eine neben zahlreichen weiteren überlieferten besonderen Masken. In beiden Fällen erfüllt „der Schimmel“ die gleiche Funktion als Stimmungsmacher, wie in anderen Orten und Regionen die Rösseltänzer, der Stupp-Esel oder andere verwandten Gestalten.

Im trippelndem, tänzelnden Gang kommt der „Schimmel“ daher, fällt gelegentlich in einen leichten Trab. Vor Mädchen und jungen Frauen vollführt er aber die tollsten Sprünge. Mit seiner Peitsche treibt der
Reiter Jugendliche und kreischende Kinder vor sich her, kleine Jungen versuchen seinen langen Schwanz zu erwischen, werden dabei aber immer wieder mit der Peitsche vertrieben.Frauen reichen dem Schimmel Futter, Männer dem Reiter echten reinen Wein, und so steigt dann auch die Stimmung. Der Aufbau der Schimmel-Maske folgt einem bei mehreren Ethnien verbreiteten Muster: Kopf und Hals des Pferdes werden aus weißem mit Stroh gefüllten Leinen geformt, die Kuppe aber aus einem leichten großen Getreidesieb, über das gleichfalls ein weißes Tuch gelegt wird, an dem der aus Hanf gefertigte Schwanz befestigt ist. Der weiß gekleidete Reiter trägt eine bemalte Leinenmaske, ein Hemd und über dem um den Hals gebundenen breiten Frauen-Trachtenrock – „schwowische Kiddl“ – und auf dem Kopf eine schwarze Pelzkappe mit einem Flederwisch.

Die ursprüngliche Sinngebung der weißen Reiter, die in anderen Ortschaften auch als Gruppe mit den schönsten Pferden des Dorfes ins Faschingsgeschehen eingebunden sind, erschließt sich uns nicht, möglicherweise sind sie den Lichtgestalten des Winter-Frühjahrsbrauchtums zuzuordnen, die als Gegenspieler zu den Schrecken erregenden, die raue, unfreundliche Zeit des ausklingenden Winters symbolisierenden Masken stehen, denn auch die dunklen Gestalten Hexe, Teufel und mancherlei Unholde fehlen in den Banater Faschingsumzügen nicht.

Einzelnen heute nicht mehr in ihrer ursprünglichen Bedeutung wahrnehmbaren Elementen schenken die Feiernden verständlicherweise kaum Beachtung; für sie zählt in erster Linie, was geschieht, und selbst agierend dabei zu sein. Dieser Antrieb ist es denn auch, der jedes Brauchgeschehen über die Zeiten hin trägt und am Leben hält. Er führt ihm auch stetig neue Elemente zu, begründet Wandlungsprozesse im Ablauf der Handlung, in der Verwendung einzelner Requisiten und Zeichen oder legt anderes ab. Nicht selten erfuhr auf diese Weise auch mancher Faschingsbrauch im Banat eine neue spielerisch-szenische Ausprägung und gelegentlich auch eine neue Sinngebung.

Häufigste Formen der Erneuerung sind dabei der Einsatz von zeitbezogenen Inhalten und die Verwendung bislang nicht üblicher Gestalten und Masken oder auch größerer Gruppen, die sich in den Rahmen des Gesamtgeschehens einordnen. Sie drängen sich nicht in den Vordergrund, doch sie sind bald auch keine Randerscheinung mehr, sondern werden als integrierter Bestandteil des jeweiligen Brauchs  erstanden und angenommen – würden sie fehlen, würde man sie vermissen. Genau wie die herkömmlichen Masken „Strohmann“, Hexe, Vogelhändler, Clown, das lustige Paar „kleiner Mann und große Frau“, die Kesselflicker-Gruppe und andere, die sich großer Beliebtheit erfreuen und durch einfallsreiche Träger am Rande des Geschehens üblicherweise eigene Vorführungen darbieten oder kleine  ebenhandlungen inszenieren und so das bunte Bild beleben und zur Hebung der Stimmung beitragen.