Weihnachtsbotschaft Seiner Exzellenz Josef Csaba Pál, Bischof von Temeswar - 2024
In Christus geliebte Brüder und Schwestern,
Weihnachten ist die Erfüllung eines uralten Traums der Menschen. Tief in der Seele eines jeden Menschen lebt der Wunsch, seinem Gott, seinem Schöpfer zu begegnen, so wie ein Kind, das von seinen Eltern getrennt ist, sich mit einer tiefen Sehnsucht danach sehnt, ihnen zu begegnen, seine Eltern zu treffen. An Weihnachten wird diese Sehnsucht erfüllt: Gott selbst kommt zum Menschen. Er sucht ihn. Und was für eine Überraschung! Der unendliche Gott, der allmächtige Gott, kommt zu uns in Gestalt eines kleinen Kindes. Er, der alle Reichtümer der Welt in seinen Händen hält, erscheint nun in der Armut eines Stalls. Der über alles erhabene Gott zeigt sich zuerst den einfachsten Menschen, den Hirten. Der Herr ist ein Gott der Überraschungen. Und so ist es auch in unserer Zeit. Er zeigt sich auf die überraschendsten Arten und Weisen in unserem Leben: Wenn wir ihn in seiner Majestät und Größe suchen, schickt er uns zu den Armen und sagt zu uns: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Wenn wir ihn in der Aneignung von je reicheren Kenntnissen suchen, so dankt er dem Vater dafür, dass er das Wissen um seine Lehren vor den Weisen und Klugen verbirgt und es den Kleinen offenbart (cf. Mt 11,25). Gott ist unendlich groß. Ebenso sind auch seine Überraschungen unendlich groß.
So ist es auch in unserem Leben. Gott zeigt sich jeden Tag auf eine andere Weise... Er hält unseren Glauben lebendig, mit dem wir immer wieder auf seine Überraschungen antworten. Wenn wir Ihm gestern in der Kirche begegnet sind, möchte Er uns heute vielleicht in einem Büro oder in der Küche, zwischen den Töpfen und Pfannen, begegnen.... Er empfängt uns in unserem Zuhause. Es war nicht der glitzernde Palast, der ihm gefiel, sondern ein armseliger Stall. Gott sucht uns in den verschiedensten Umständen auf. Das Wesentliche ist, dass er uns begegnen will. Und unser Herz ist unruhig, bis es in ihm ruht, in der Begegnung mit ihm, so wie es der heilige Augustinus erlebte, auf dem Höhepunkt eines Lebens voller Unrast und Suche, als er Gott in den Tiefen seiner Seele begegnete und das wahre Leben entdeckte.
„Das Wort ist Fleisch geworden“ (Joh 1,14). Gott wurde Mensch, kam unter uns und wohnte unter uns. Er kam in die Dunkelheit der Welt... und brachte Licht und Wärme.... und auch noch mehr: die Fülle des Lebens. „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen“ (Joh 1,4), lesen wir im Johannesevangelium. Deshalb, liebe Brüder und Schwestern, kann man die Beziehung zum Herrn mit nichts anderem ersetzen. Wenn man keine lebendige Beziehung zu ihm hat, beginnt man nach Ersatz zu suchen, um diese Lücke zu füllen. Aber meistens führt das in eine Sackgasse und schließlich zur Enttäuschung. Auch in unserer Religiosität müssen wir darauf achten, eine echte Beziehung zu Gott aufzubauen. Weder er, noch unsere Seelen sind mit rein äußerlichen und mechanischen Handlungen zufrieden.
In der Unruhe des Wahlkampfs haben die Menschen eine Menge Spannungen aufgebaut. Oft beleidigen die Menschen einander gegenseitig wegen einer politischen Meinung... Es ist, als begegneten einander nicht Menschen, sondern nur Interessen und Ideologien... Natürlich gibt es auch die berechtigte Angst, etwas Schlechtes über uns selbst zu bringen. Gleichzeitig lenkt das Weihnachtsfest in all diesen Situationen unseren Blick auf die Quelle unserer Hoffnung: „Das Wort ist Fleisch geworden“, der Sohn Gottes ist unter uns gekommen. Das ist unsere Hoffnung heute, inmitten der Verzweiflung: ihn einzulassen, Jesus und seinen Geist einzuladen, immer wieder in unsere Herzen, in unsere Gemeinschaften zu kommen, inmitten der Konflikte. Ja, aber jene in der Finsternis haben ihn nicht aufgenommen, heißt es im Evangelium weiter. Die Finsternis der Welt hat ihn nicht aufgenommen, und wenn die Welt ihn nicht aufnimmt, bleibt sie auch heute in der Finsternis. Wenn wir Gott und sein Wort in unser Leben aufgenommen haben und zulassen, dass sein Wort unser Leben prägt, können wir in Hoffnung leben. Denn Gott vermag alles zu tun. Auch dort, wo der Mensch sich hilflos fühlt, wie im Falle einer Krankheit oder in der aktuellen Kriegssituation. Wenn wir den Herrn annehmen, können wir mit Vertrauen sagen: Dein Wille geschehe, nicht meiner. Wir können in der Hoffnung leben, auch inmitten der Katastrophen dieser Welt, denn er kann und tut alles zu unserem Wohle, aber nicht ohne unsere Mitarbeit. Wenn damals, wie so oft in der Geschichte, diejenigen in der Dunkelheit Gott nicht willkommen hießen, haben wir heute die Möglichkeit, anders zu reagieren. Der Herr bietet uns eine weitere Gelegenheit: ihn in unsere Herzen, in unser Leben aufzunehmen. Lassen wir uns von seinem Wort leiten und beginnen wir, nach seinem Wort zu leben. Einer der Bischöfe aus Zentralafrika bezeugte uns an einem Abend nach der Synode, dass er, als er mit der Kraft des Evangeliums friedlich und unbewaffnet inmitten derer ging, die zuvor viele seiner eigenen Leute grausam getötet hatten, mit dieser Geste bei seinen eigenen Gläubigen kein Verständnis fand, da diese eher mit Gewalt auf Gewalt antworten wollten. Erst später haben sie verstanden, dass dies der Weg ist, um Frieden zu schaffen, um den Frieden zu verwirklichen... Die Haltung Jesu, die Art und Weise, wie er in die Welt kam, ist ein neuer Weg, der, wenn wir ihm folgen würden, unser Leben auf der Erde viel schöner und friedlicher machen würde. Es gibt Gewalt in der Welt, aber unser Gott will darauf nicht mit einer weiteren Gewalttat antworten. Stattdessen lädt er uns ein, er ruft uns, er will die Großherzigkeit in uns wecken... Der Herr kam so auf die Erde, dass er gewann, indem er zu verlieren wusste. Und auf diese Weise hat er uns gerettet. Wenn der Mensch in der Dunkelheit bleibt, wenn er nur der Logik des Aggressiven folgen will, wird die Dunkelheit nicht schwinden. Unser Gott, der in Bethlehem unter uns gekommen ist, lädt uns ein, mit einem friedlichen Herzen Frieden zu schaffen. Wenn wir mit ihm bauen, dann kann unsere Hoffnung vollkommen sein, denn er ist mit uns.
Ich wünsche allen meinen Brüdern und Schwestern ein gesegnetes Weihnachtsfest und die Gnade, das neue Jahr mit einem Herzen voller Hoffnung zu beginnen! Möge Gott uns auch die Gnade schenken, dass das neue Jahr ein Jahr sei, in dem wir Ihn stets nahe verspüren!
Temeswar, Weihnachten 2024
✠ Josef Csaba Pál
Diözesanbischof