Beim Betreten des Foyers der Donauhalle begrüßten in diesem Jahr gleich mehrere Ausstellungen die Besucher – oder vielmehr zwei, von denen eine Gruppenausstellung war.
Gleich links vom Eingang zogen die vielen Bilder des bekannten, in Perjamosch geborenen Malers, Grafikers und Bildhauers Walter Andreas Kirchner die Blicke an, füllten sie doch das ganze Rund des Pavillons, in dem die Illustrationen im Licht, das am Morgen des Pfingstsonntags hell durch die Glaskuppel fiel, erstrahlten. Walter Andreas Kirchner hatte hier die originalen Illustrationen ausgestellt, die für das vor kurzem erschienene Buch „Ich sin e kleene Keenich. Banater deutsches Volksgut illustriert von Walter Andreas Kirchner“, entstanden sind.
Rechts fiel die Gruppenausstellung sehr unterschiedlicher Künstler ins Auge: Fred Zawadzki, Ottilie E. Scherer, Magdalena Binder, Frieder Eberle und Annemarie Saleh.
Pünktlich um 9 Uhr fand die Eröffnung der beiden Ausstellungen statt. Im Beisein des Bundesvorsitzenden Peter-Dietmar Leber und des Ulmer Oberbürgermeisters Martin Ansbacher hatten sich Künstler und Besucher unter der Glaskuppel versammelt, umgeben von den so vertrauten Szenen aus der Banater Heimat, die Kirchner in seinen Illustrationen festgehalten hat. Die Werke von Walter Andreas Kirchner wurden von Walther Konschitzky vorgestellt, der als Volkskundler mit dem Künstler zusammen für die Herausgabe des prächtigen Bildbandes „Ich sin e kleener Keenich“ verantwortlich zeichnete. Die Gruppenausstellung eröffnete Fred Zawadzki. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Christine Neu stellte das Konzept der Gruppenausstellung vor.
Am Nachmittag fand vor interessiertem Publikum noch eine Führung durch die Ausstellung von Walter Andreas Kirchner statt. Wie vor fast einem halben Jahrhundert, als am 20. Juni 1976 eine erste Ausstellung mit 18 Holzschnitt-Illustrationen zu Banater Sprichwörtern im Foyer des Musiklyzeums in Temeswar stattfand, führten auch jetzt Walther Konschitzky und Walter Andreas Kirchner gemeinsam durch die Ausstellung. Sprichwörter und Kinderreime, die den meisten Anwesenden seit ihrer Kindheit geläufig sind, bekamen durch die Illustrationen einen tieferen Sinn. Dafür verwendete der Künstler die Technik des Holzschnittes. Für die ebenfalls in dem Bildband vorhandenen illustrierten Volkserzählungen bevorzugte er dagegen die Technik der Radierung. Zum Schluss konnten sich die Besucher noch an den Märchen erfreuen, die Kirchner mit farbigen Illustrationen versehen hat. Die gute Zusammenarbeit zwischen Walther Konschitzky und Walter Andreas Kirchner, die schon vor Jahrzehnten begonnen hat, zeigt sich bei dem Bildband „Ich sin e kleene Keenich“ nach wie vor oder schon wieder fruchtbar. Walter Andreas Kirchner lebt in seiner Kunst, die Führung mit ihm war für die zahlreichen Besucher ein Erlebnis, denn sie eröffnete den Betrachtern der Bilder neue Sichtweisen auf das Werk und die Kunst, die bei Kirchner immer mehrere Interpretationen zulässt und zum Denken und Nachdenken herausfordert.
Entlang des Foyers konnten die Besucher die Bilder der Gruppenausstellung besichtigen. Unverkennbar sind die Bilder von Fred Zawadzki, der einen eigenen Malstil mit kräftigen, dick aufgetragenen, pastösen Farben entwickelt hat. Seine Bilder aus dem Zyklus „Temeswarer Seelenpastelle“ führen augenblicklich in die Hauptstadt des Banats und lassen die enge Verbindung des Künstlers zu seiner Heimatstadt erkennen, doch auch die Blumen, Porträts und Stillleben sind eine Attraktion.
Farbenfroh ging es bei den ausgestellten Bildern der Malerin Ottilie E. Scherer weiter, deren Öl- und Acryl-Malerei bezaubert, ob es nun Banater Landschaftsbilder sind, die sie malt, Motive aus der Umgebung von Teising in der Nähe von Mühldorf am Inn, wo sie jetzt lebt, oder wunderschöne Blumenmotive, wie die zarten Tulpen oder der erblühte Baum, der den Frühling mit allen Sinnen erleben lässt. Ottilie E. Scherer hat einen Verein ins Leben gerufen, der den Namen „Kunst für alle“ trägt, eine Kunstschule für Kinder, denen sie das Malen beibringt, für die sie Kurse gestaltet und Ferienprogramme und jährlich auch eine Sommerakademie der Temeswarer Lenauschule, wo sie mit Schülern eine Woche lang malt. Welch eine schöne Verbindung zur Banater Heimat!
Eine ganz besondere Form der Malerei empfing die Besucher in den Bildern der in Deutschsanktpeter geborenen, nun in Regensburg lebenden Künstlerin Magdalena Binder. Sie hat sich auf die Zen-Kunst spezialisiert, die ihren Ursprung im Fernen Osten, in Japan und China hat. Bei der Malerei mit „Zen-Doodeler“, was „meditierende Kritzler“ heißt, müssen bestimmte Formen eingehalten werden, bis aus einfachen Strichzeichnungen Kunstwerke entstehen. Um sich in diese Malerei hineinzudenken, braucht es Zeit, doch alles beginnt mit einer ersten Begegnung.
Es gab auch einige Bilder des in der evangelischen Gemeinde Liebling geborenen Malers Friedrich Eberle, der 2021 in Nürnberg verstorben ist, zu sehen, ein Künstler, der in seinem Werk das Banat, Siebenbürgen und Franken künstlerisch gestaltet hat.
Annemarie Saleh, eine Künstlerin, die leider nicht anwesend war, hatte Bilder aus ihrem Zyklus „Elternerde“ von 2014 ausgestellt und neuere Zeichnungen, die sich mit Diktatur und Flucht auseinandersetzen. Ein nostalgischer Blick auf die Kindheit in der alten Heimat ist in ihren Zeichnungen zu erkennen, doch auch der Schmerz der verlorenen Heimat, gestaltet durch die Tristesse der verlassenen, verfallenen Häuser.
Schade, dass diese wunderbaren Ausstellungen nur einen Tag zu sehen waren, alles ist vergänglich, aber die Erinnerung jener Besucher, welche die Werke der Künstler betrachtet haben und auf sich wirken ließen, bleibt bestehen.