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Zur Biographie des Temeswarer Tanzkünstlers Erwin Kecsek

Professor Erwin Kecsek

Erwin Kecsek als Frollo in „Esmeralda“ (Regie und Choreographie: Erwin Kecsek)

Marika Rökk in „Ball im Savoy“ mit Erwin Kecsek als Partner, 1971

Erwin Kecsek als Albrecht und Edith Barna als Giselle in „Giselle“ (Choreographie und Inszenierung: Erwin Kecsek)

Die künstlerische Biographie des 1941 in Temeswar geborenen und dort bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr beheimateten Tanzkünstlers Erwin Kecsek ist rechtzeitig vor den international wahrgenommenen Feiern in der Europäischen Kulturhauptstadt des Jahres 2023 erschienen. Neben aktuellen künstlerischen Ereignissen wird dieses für die Stadt denkwürdige und späterhin wohl gedenkwürdige Kulturjahr auch durch die Erinnerung an herausragende Leistungen vergangener Generationen geprägt, die den heutigen Rang der Stadt im europäischen Maßstab erst ermöglichten.

Nicht zu vergessen sind bedeutende Persönlichkeiten, die durch ihre Ausbildung in der westeuropäisch eingefärbten kulturellen Atmosphäre der Stadt das Rüstzeug mitbekamen für ihre Weiterentwicklung, in manchen Fällen auch im Ausland, und dort nicht selten mit hoher Anerkennung bedacht wurden.

Als exemplarisch darf in diesem Sinne die Karriere des Ballettkünstlers Erwin Kecsek gelten. Das biographische Werk dazu, als Dialog mit Hansjürgen Schwarz verfasst und reich bebildert, brachte der renommierte Verlag Königshausen & Neumann Würzburg 2022 heraus. Die beschriebene Karriere ereignete sich in einem Kunstbereich, dem sich im Banat wohl nur eine kleine Gemeinde verbunden fühlte. Der erfahrene Ballettmeister nennt seine gemeinsam mit dem Ballettdramaturgen Hansjürgen Schwarz gestaltete Selbstbiografie „Geschichten aus dem Leben eines Tänzers, Choreographen, Regisseurs und Professors für Tanz“ und deutet damit die Vielseitigkeit seines künstlerischen Wirkens an, dessen Grundstein in seiner Temeswarer Zeit gelegt wurde.

Das Gespräch der beiden hochprofessionellen Ballett-Experten wird eingangs punktuell umrahmt mit Daten zur Stadtgeschichte sowie zu beachtenswerten  musik- und theatergeschichtlichen Ereignissen in Temeswar. Fragmentarisch werden kulturell-künstlerische Hintergründe aufgezeigt, die der Stadt zuweilen den schmeichelhaften Rang eines „Klein-Wien“ einbrachten.

Erwin Kecsek: „Musikvereine, Orchester, Theater und Oper hielten Kunst und Kultur in Schwung. Man beobachtete, was in Europa geschah, und lud die berühmtesten Persönlichkeiten nach Temeswar ein...“. Aufgezählt wird eine Reihe international renommierter Musiker von Franz Liszt bis Bruno Walter, die in Temeswar aufgetreten sind. Hansjürgen Schwarz erinnert seinerseits an bedeutende Theaterdirektoren und Ballettmeister in Temeswar, darunter an Benedikt Dominik Cremeri und die berühmte Tänzerfamilie Schmallögger, die Ende des 18. Jahrhunderts erfolgreich in Temeswar tätig war. Damit werden auch westliche Leser auf deutsche Beiträge in einem entfernten südosteuropäischen Kulturraum hingewiesen. 

Herkunft und Ausbildung in Klausenburg

Mit einfühlsamen und sachlichen Fragen strukturiert Hansjürgen Schwarz den selbstbiographischen Bericht Erwin Kecseks. Dessen künstlerischer Werdegang wird dadurch in chronologischer Folge und sich qualitativ steigernden Entfaltung vermittelt. Auswirkungen der politischen Verhältnisse, die die Banater Schwaben und damit auch die Familie Erwin Kecseks zu verschiedenen Zeiten betrafen, werden eingangs erwähnt. Sein ungarischer Name, erzählt Kecsek, kam dadurch zustande, dass die deutschen Familiennamen unter zunehmendem Magyarisierungsdruck schon Ende des 19. Jahrhunderts der ungarischen Schreibweise angepasst wurden. Im Falle seiner Familie wurde aus „Getscheg“, wie sie in älteren Urkunden genannt wurde, der Name Kecsek.

Erwins frühe Neigung zur Musik und zum Theater wurde von den musisch interessierten Eltern gefördert. Seine Ausbildung zum Balletttänzer begann an der Temeswarer Ballettschule, die aber bald nach Klausenburg verlegt wurde. Private Ballettschulen blieben indessen in der Stadt weiter bestehen. Seiner ersten Lehrerin Maria Egerer verdankte Erwin Kecsek einen „Elevenvertrag“ 1957 mit der Temeswarer Staatsoper. Als Siebzehnjähriger kam er dann an die Ballettakademie in Klausenburg, wo er neben der Ausbildung zum Balletttänzer auch das Abitur ablegen konnte. Dort wurden im Literaturunterricht Einblicke in die großen Werke der Weltliteratur vermittelt. Die nachhaltigen Wirkungen dieses allgemeinbildenden Lehrfachs sollten ihn bei seiner späteren Arbeit als Regisseur und Choreograph immer wieder inspirieren.  

Realistisch und kritisch beschreibt er indessen das streng geordnete Alltagsleben im Internat. Doch trotz der fast militärischen Strenge, der Überwachung und Unfreiheit, zollt der Eleve und später so erfolgreiche Tänzer und Choreograph seinen Klausenburger Lehrern bis heute großen Respekt und Dank für die hochprofessionelle Ausbildung. Erste Erfolge stellten sich ein bei „Akademieaufführungen“ an der Rumänischen und Ungarischen Oper Klausenburg und beim „Festival der Kunstschulen 1960“, bei dem die Klausenburger Ballettakademie den ersten Platz belegte.

Engagement in Temeswar, Flucht in den Westen

Das anschließende zehnjährige Engagement Erwin Kecseks als Tänzer und Pädagoge für choreographische Etüden an der Temeswarer Oper sollte für ihn eine Zeit mit Licht und Schatten werden, die 1971 mit seinem Entschluss, in den Westen zu gehen, endete. Er beschreibt sie eng verknüpft mit dem Temeswarer Musikleben der 1960er Jahre. Passionierte Opern- und Ballettfreunde werden in Kecseks biographischem Buch stadtbekannten Namen und Künstlerpersönlichkeiten aus jener Zeit begegnen.

Er erlebte Ioan Holender, den späteren Direktor der Wiener Staatsoper, der „mit seinem brüllenden Tenor in der Statistengarderobe (unseren) Beifall einforderte“. Ausführlich berichtet Kecsek über den umstrittenen Operndirektor und Dirigenten Nicolae Boboc, zu dem er ein ambivalentes Verhältnis hatte, wie andere Künstler auch. Es gab damals sogar den Begriff „Boboc-Flüchtlinge“, bezogen auf Künstler, die „aus Unzufriedenheit und künstlerischen Gründen Temeswar verlassen und große internationale Karrieren gemacht haben”, berichtet Erwin Kecsek. Er erinnert sich indessen an großartige Persönlichkeiten unter seinen Kollegen an der Temeswarer Oper, die er „ohne zu zögern als Vorbilder bezeichnen würde“. Dazu zählt er enthusiastisch Hermann Klee, den weit über Temeswar hinaus wirksamen Komponisten, Dirigenten und Chorleiter. Er habe Hermann Klee „verehrt als einen Menschen, der fernab von politischen Machtverhältnissen sich seiner künstlerischen Bestimmung hingab und mit seiner Begeisterung mitriss“.

Die in Bukarest bestandene Regie-Abschlussprüfung brachte Erwin Kecsek ein Stipendium ein und damit eine Fortbildung an der berühmten Palucca-Hochschule für Tanz in Dresden (1966). Dabei konnte er Kurse der berühmten Tänzerin und Choreographin Gret Palucca besuchen. An der Palucca-Tanzschule „stand nicht der körperliche Drill im Vordergrund, sondern die geistig-künstlerische Erziehung“. Diesen Grundsatz scheint Erwin Kecsek für sein leidenschaftliches Engagement als Choreograph und Tänzer verinnerlicht zu haben, wie den zahlreichen Fachkritiken zu seinen Kreationen und Auftritten zu entnehmen ist. Eine weitere Förderung seiner hohen tanzkünstlerischen Professionalität konnte er wenige Jahre später an der Waganowa-Ballettakademie in Sankt Petersburg (damals Leningrad) wahrnehmen. Diese Ballettschule des St. Petersburger Mariinski-Theaters zählt zu den berühmtesten Ballett-Instituten der Welt.

Zunehmend unzufriedener mit seiner Position an der Temeswarer Oper, nachdem ihm der Posten als Ballettmeister verwehrt worden war, fasste Kecsek den Entschluss, nach Deutschland zu gehen.

Er tanzte an der Seite von Marika Rökk

Von einer Gruppenreise nach Jugoslawien 1971 kehrten er und seine Ehefrau Edith Barna-Kecsek nicht mehr nach Rumänien zurück. Ihre kaum sechs Monate alte Tochter, die sie auf die Jugoslawien-Fahrt nicht mitnehmen konnten, mussten sie bei ihren nahen Verwandten zurücklassen, die mit dem Kind erst vier Jahre später in den Westen folgen konnten.

Wie bei so vielen Tausenden Banater Schwaben, die in den folgenden Jahrzehnten mit professioneller Ausbildung und festem Aufbauwillen nach Deutschland kamen, machte auch das Künstlerpaar Kecsek seinen Weg, und dies in einem besonders sensiblen Tätigkeitsbereich mit ungewöhnlich starker Konkurrenz und hoher Gefahr des Scheiterns. Das Glück des Tüchtigen sollte Erwin Kecsek begleiten. Dazu gehörte die Begegnung mit Marika Rökk bald nach Ankunft im österreichischen Aufnahmelager Traiskirchen. Sie verhalf dem Tänzer aus Temeswar zu einem Engagement am Raimund Theater in Wien 1971/1972, wo er als Solotänzer und einer ihrer Tanzpartner auftrat. Erwin Kecsek: „Marika Rökk erkannte meine Not, holte mich vor den Vorstellungen ab und brachte mich rechtzeitig wieder ins Lager zurück.“

In Österreich wollte Kecsek aber nicht bleiben. Er ging 1972 nach Deutschland und arbeitete zunächst als Erster Solotänzer in Würzburg, wo auch seine Frau Edith Barna ein Engagement erhielt. Nach einer Spielzeit kam der Ruf ans Stadttheater Lüneburg, wo er in acht Spielzeiten Höhepunkte seiner künstlerischen Laufbahn erlebte, nicht selten zusammen mit seiner Frau Edith Barna.

Karriere-Glanz in Lüneburg und Kaiserslautern

Sein Engagement als Erster Solist, Ballettmeister und Choreograph ermöglichte Kecsek, seine vielseitige Begabung, Erfahrung und hohe künstlerische Professionalität voll zu entfalten. Dabei stand ihm ein junges, begeisterungsfähiges Ensemble zur Seite: „Wir haben uns über die Jahre immer wieder beflügelt und in unseren Fantasien und Ideen bestärkt. Es war wahre Liebe zum Theater, Wertschätzung zueinander, etwas, was man in dieser Verbundenheit und künstlerischen Kreativität so leicht nicht wiederfindet... Nur wenn man sich am Erfolg der Mitstreiter freut, also Neid und Eifersucht nicht aufkommen, kann gemeinsamer Erfolg entstehen.“ Diese Haltung und Überzeugung kann als Motto über der künstlerischen Gesamtleistung Erwin Kecseks stehen.

Schon mit seinem ersten abendfüllenden Ballett in Lüneburg, Delibes՚ „Coppelia“, eroberte er das Lüneburger Publikum, das den Ballettmeister und Solotänzer immer wieder feiern sollte: „Ein zehnminütiger Beifallssturm für das erste Ballett am Lüneburger Stadttheater ‚Coppelia‘ in der Inszenierung von Ballettmeister Erwin Kecsek, das überrascht selbst die Akteure...  Tänzerisch ein Genuss: Edith Barna als Swanilda und Erwin Kecsek als Franz, beide mit Beifall überschüttet... eine wahre Pracht.“ (Landeszeitung Lüneburg)

So berichtete die Presse auch über den Abend mit Glucks „Don Juan“ und Rimsky-Korsakows „Scheherazade“: „Ballettmeister Erwin Kecsek als Don Juan und als Prinz Faris und seine Frau Edith Barna als Bauernmädchen Aminta und als Scheherazade sind von einer solchen tänzerischen Ausdruckskraft, die Lüneburgs Publikum auf offener Szene zum Beifall hinreißen ließ.“

Lesenswert sind die musik- und ballettgeschichtlichen Erläuterungen Kecseks zu den von ihm inszenierten und choreographierten Stücken und vor allem seine gleichsam an den Rand geschriebenen Erfahrungsberichte und Ideen als Regisseur und Tänzer eigenständiger Ballettinszenierungen.

So auch zum Ballett „Esmeralda” nach Victor Hugos „Der Glöckner von Notre Dame“, dessen Premiere die Kritik mit Lobeshymnen bedachte: „Das, was Lüneburgs Ballett-Magier Erwin Kecsek und seine Frau Edith Barna (...) auf die Bühne des Lüneburger Hauses zauberten, ließ das Publikum ein ums andere Mal in Beifallsstürme ausbrechen. Mit so viel Sorgfalt, Inbrunst, Liebe und choreographischem ‚Know-how‘, wie die Kecseksche Inszenierung bietet, musste die Erstaufführung zu einem herausragenden Ereignis der Theatersaison werden.“ (Lokalbericht Bergedorf)

Aus der langen Reihe der hymnischen Presseberichte zu Kecseks Lüneburger Produktionen sind jene zur Ballettkomödie „La Fille mal gardée“ hervorzuheben: „Wenn der Konsens von Publikum und Ballettmeister bei ‚La Fille mal gardée‘ (Das schlecht behütete Mädchen) nun in einer noch nie erlebten Weise hergestellt wurde, so ist dies weniger der Story von Jean Dauberval zu danken als ihrer genialen Interpretation durch Erwin Kecsek.“ (Landeszeitung Lüneburg)  

Kecseks Gesprächspartner Hansjürgen Schwarz fügt hinzu: „Die Lobeshymnen zahlreicher Rezensenten aus ganz Deutschland, wo die Theater diese Produktion eingekauft haben, sind einmalig zu nennen.”

Als Ballettchef am Kaiserslauterer Pfalztheater wiederholte Kecsek diesen großen Erfolg mit seinem neuen Ensemble.

Regiearbeit und Professur für Tanz

Exemplarisch für Kecseks künstlerische Souveränität und Originalität als Regisseur sind seine Eigeninterpretationen anspruchsvoller klassischer Stücke, so die Inszenierung von Bizets Oper „Carmen“ als Ballett. Der Rezensent berichtet von einem überwältigenden Erfolg: „Nach nicht zu zählendem Szenenbeifall, minutenlange Ovationen, Bravo-Rufe und Blumengebirge für die Protagonisten einer Premiere. ‚Carmen‘ als Ballett in Lüneburg uraufgeführt, dürfte ihren Weg über die deutschen Tanzbühnen machen. Denn noch keinem, der sich daran wagte, Bizets Oper zu vertanzen, ist es gelungen, mit einem abendfüllenden-verständlich-leicht erzählenden Ballett das Publikum von der ersten Minute bis zum Finale derart zu fesseln und zu begeistern.“ (Lüneburger Landeszeitung) 

Auf diesem hohen Niveau setzte sich Erwin Kecseks Lüneburger Erfolgssträhne am Pfalztheater Kaiserslautern fort, wo er als Ballettdirektor, Chefchoreograph und Regisseur von 1981 bis 1985 tätig war. An beiden Bühnen – in Lüneburg und in Kaiserslautern – arbeitete er mehrgleisig, also auch als Regisseur.

In dem vorrangig seiner Regiearbeit gewidmeten Buchabschnitt geht es insbesondere um die Inszenierung von Operetten und Musicals. Kecseks Grundüberzeugung dazu: „Operetten sind schwer zu inszenieren. Ehrlich, glaubhaft mit wahren Gefühlen. Mit Ernst und ohne Kitsch. Ohne die üblichen Übertreibungen auszukommen, machen erst den wahren Könner des scheinbar leichten Faches aus“. Als Markenzeichen seiner Regie hebt die Kritik die stets wirkungsvollen Tanzeinlagen hervor, die als tragende Säule seiner Operetten-Inszenierungen gelten. Über die Premiere der Operette „Glückliche Reise“ von Eduard Künneke ist zu lesen: „Der Lüneburger Erfolg geht freilich entscheidend auf das Konto der Betonung des tänzerischen Elements: geglückte Personalunion von Choreograph und Regisseur“.

In den zahlreichen Kritiken zu Kecseks Inszenierung der Operette „Maske in Blau“ am Detmolder Landestheater wird desgleichen die Ausstrahlung des „tänzerischen Elements“ unterstrichen: „Ein Augenschmaus waren diesmal die Balletteinlagen – der Walzer in Blau und die Rumba.“ (Westfalen-Blatt) Größte Aufmerksamkeit der Presse erreichten Kecseks Inszenierungen von Cellers Operette „Der Vogelhändler“ und Linckes „Frau Luna“.

Der Erfolg des gesamten Ensembles war Erwin Kecsek stets wichtig, wie bereits ausgeführt. Er hatte viel Lob übrig für Tänzer und Sänger, für Bühnenbildner und Kostümgestalter. Gern teilt er den Triumph seiner Inszenierungen mit den Mitwirkenden, dies auch im Rückblick. Star-Allüren waren ihm fremd. Der menschliche Umgang, die Förderung junger Talente waren ihm ein besonderes Herzensanliegen. So war er zum akademischen Tanzpädagogen geradezu prädestiniert.  Diesem Beruf konnte er sich denn auch zwei Jahrzehnte widmen. Er tat es mit der ihm eigenen Leidenschaft und Präzision, die er auch von seinen Studenten einforderte. Ab 1985 unterrichtete er im Rang eines Professors für Tanz an der Akademie des Tanzes der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim.  

Der kenntnisreiche Interviewer Hansjürgen Schwarz zeichnet gemeinsam mit dem hochmotivierten, auch tanzgeschichtlich interessierten Professor Kecsek ein einprägsames Bild der großen Geschichte der renommierten Mannheimer Institution und bietet manch tiefen Einblick in deren komplexes Innenleben, an dem Erwin Kecsek teilhatte. Ein weit ausholender Gesprächsabschnitt für Insider.

Für die Annäherung des Lesers an das Persönlichkeitsbild des Tanzpädagogen Kecsek sind dessen Aussagen zur eigenen  Haltung und eigenen pädagogischen Zielen relevant. Dazu einige Zitate:

„Mir war immer wichtig, jedem Einzelnen meine Wertschätzung zu vermitteln (...).  Ja, Persönlichkeiten fördern, nicht sie unterdrücken, habe ich mir als pädagogisches Ziel gesetzt. Das ist es ja, was Tanz zur Kunst macht: Technik mit Leben und überzeugender Persönlichkeit zu füllen (...). Engagiert und ehrgeizig als Pädagoge haben mich meine Erfahrungen in Rumänien und am längsten in Deutschland zu kritischen Überlegungen bezüglich der Verantwortung eines Pädagogen geführt.“

Offensichtlich mit Genugtuung und vielleicht mit leichtem Schmunzeln beantwortet der auch als humorvoll-witziger Pädagoge bekannte Erwin Kecsek die abschließende Frage seines Gesprächspartners: „Der Künstler, der sich rückhaltlos auf der Bühne verschenkt hat, kann in der Rückschau mit sich, seinem Beruf und seinem Privatleben zufrieden alt werden.“

Ein begeisterndes Buch in Wort und Bild über ein Künstlerleben, dezent über die ganz persönliche Sphäre und ausführlich über die herausragende Karriere eines Ballettkünstlers aus dem Banat, der in seinem vielseitigen Wirken Erfahrungen aus Ost und West erfolgreich zusammenführte.     

Erwin Kecsek – Ein Tänzerleben vor und hinter dem Eisernen Vorhang. Ein Dialog mit Hansjürgen Schwarz. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2022. 224 Seiten. ISBN 978-3-8260-7504-9. Preis: 32 Euro