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Im Polkaschritt zum Weltrekord

„Alles Polka“, hieß es am 29. Juni in der Crailsheimer Hirtenwiesenhalle. 401 Paare stellten einen Weltrekord im Polkatanzen auf.

Neben Dirndl und Lederhose prägten banatschwäbische Trachten das Bild beim großen Weltrekordversuch.

Die beiden freuen sich schon riesig auf ihren großen Auftritt.

Auch viele siebenbürgisch-sächsische Trachtenträger legten eine flotte

KV Schwäbisch Hall/Crailsheim: Tanzgruppe ließ sich zu ihrem Jubiläum etwas Besonderes einfallen - Von der Idee bis zur Verwirklichung ist es mitunter ein langer Weg. Und wenn sich die Idee auf ein gewagtes oder gar verrücktes Unterfangen bezieht, ist der Ausgang ungewiss. Solch eine Idee wurde im vergangenen Jahr im Kreisverband Schwäbisch Hall / Crailsheim geboren. Das bevorstehende 25-jährige Jubiläum der Tanzgruppe der Banater Schwaben aus Crailsheim sollte gebührend gefeiert werden, aber eben nicht irgendwie. „Wir wollten etwas Cooles, Besonderes machen, das noch keiner vor uns gemacht hat“, so der Kreisvorsitzende Erich Furak. Und so ist im Gespräch mit den Jugendlichen der Tanzgruppe die Idee entstanden, einen Weltrekord im Polkatanzen aufzustellen, um damit ins Guinness-Buch der Rekorde zu kommen. Dies ist aber kein einfaches Unterfangen, denn die Auflagen der Guinness-Zentrale sind streng. Mindestens 251 Paare müssen fünf Minuten lang Polka tanzen, um den Rekord aufzustellen, lautete die Vorgabe aus London. Zudem sollten alle Teilnehmer in Tracht (Volkstracht oder Dirndl und Lederhose) antreten. Das war allerdings die Vorgabe des traditionsbewussten Veranstalters, der damit dem Ereignis eine stärkere Aussagekraft verleihen wollte.

Idee wird Wirklichkeit

Dass eine solche Großveranstaltung von langer Hand vorbereitet sein muss, ist klar. Deshalb begann die Informationskampagne schon im Herbst des vergangenen Jahres. Unter dem Motto „Wir tanzen uns in den Weltrekord“ hatte die Tanzgruppe erstmals mit eigenem Festwagen am Volksfestumzug in Crailsheim teilgenommen und danach kräftig die Werbetrommel gerührt bei befreundeten Vereinen, in der lokalen und landsmannschaftlichen Presse, aber auch auf Internetseiten und auf Facebook. Unterstützung erhielt sie dabei von der Stadt Crailsheim, dessen Oberbürgermeister Rudolf Michl die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen hat, von der Landsmannschaft der Banater Schwaben und deren Jugendorganisation DBJT.

Ende Dezember begannen dann die Anmeldungen für den Weltrekordversuch. Zunächst ging es nur schleppend voran, was bei einigen die ersten Zweifel hinsichtlich der Erfolgsaussichten aufkommen ließ. Nicht aber bei Erich Furak und seinen Mitstreitern. „Wir schaffen das“, war ihre Devise. Und sie sollten Recht behalten, denn in den letzten drei Monaten vor dem Rekordversuch stieg die Zahl der gemeldeten Gruppen und Einzelpaare von Tag zu Tag. Es brach eine regelrechte Welle der Begeisterung aus, die vor allem viele Jugendliche erfasste. Eine Woche vor dem großen Ereignis standen knapp 400 Paare auf der Anmeldeliste. Der Weltrekord schien zum Greifen nahe und keiner mehr zweifelte ernsthaft daran.

Am Samstag, dem 29. Juni, war es endlich soweit. Seit den Nachmittagsstunden strömten aus allen Himmelsrichtungen Tanzgruppen der Banater Schwaben, der Siebenbürger Sachsen, der Donauschwaben sowie einheimische Volkstanzgruppen, unzählige Einzelpaare und Hunderte von Besuchern in die Hirtenwiesenhalle. Elf Banater Tanzgruppen, Kreisverbände und Vereine hatten Busfahrten nach Crailsheim organisiert. Vertreten waren so gut wie alle innerhalb der DBJT organisierten Trachtengruppen, wobei die Crailsheimer mit 59 Paaren, die Karlsruher mit 35 Paaren und die Spaichinger mit 33 Paaren die größte Teilnehmerzahl stellten. Die Altersspanne bewegte sich zwischen fünf und 80 Jahren. Familie Jäger aus Mannheim beispielsweise war mit drei Generationen vertreten: die Großeltern Theresia und Sebastian Jäger in Neupanater Sonntagstracht, Sohn Richard mit Ehefrau Christine sowie die beiden Enkelinnen Theresia (7) und Johanna (5) in Neupanater Kirchweihtracht.

Überwacht von einem Notar, verteilten vier Jurymitglieder Startnummern an die Tänzer und achteten auf die Einhaltung der Kleiderordnung. Dann trat Erich Furak an das Mikrofon und verkündete voller Stolz die endgültige Zahl der Teilnehmer: 401 Paare. Er hieß sie und die vielen Besucher willkommen und begrüßte als Ehrengäste den Oberbürgermeister der Stadt Crailsheim, Rudolf Michl, den Bundestagsabgeordneten Christian Freiherr von Stetten, den Präsidenten des Weltdachverbandes der Donauschwaben Stefan Ihas, die Mitglieder des Bundesvorstands der Landsmannschaft der Banater Schwaben (Jürgen Griebel, Richard Jäger, Walter Keller, Harald Schlapansky), des Landesvorstands Baden-Württemberg sowie die anwesenden HOG- und Kreisvorsitzenden.

Nach zwei Probeläufen unter der Anleitung von Stefan Ruttner (München) wurde es ernst: Oberbürgermeister Michl gab um 19.36 Uhr den Startschuss und das „Original Banater Echo“ stimmte die Polka „Musikantentraum“ an, ein von Kapellmeister Manfred Ehmann eigens für den Rekordversuch komponierter Titel (jetzt „Weltrekord-Polka“). Schon flitzten 1604 Füße los: Sie wiegten sich im „Zeppelpolka“-Schritt, stampften, jauchzten und drehten sich so rasant, dass sich die Trachtenröcke bauschten. In Rekordzeit stieg die Stimmung im Saal. Nach sechs Minuten und 18 Sekunden war der Jubel natürlich groß, als feststand: „Wir haben es geschafft!“ Der Eintrag ins Guinness-Buch ist sicher, allerdings dauert es einige Wochen, bis der Rekord offiziell anerkannt wird. Eines ist aber jetzt schon sicher: Für alle Tänzerinnen und Tänzer, aber auch für jene, die am Rande mitgefiebert haben, war es ein großartiges Erlebnis, beim größten Polka-Tanzen aller Zeiten dabei gewesen zu sein. Sinn dieser Veranstaltung sei es zu zeigen, „wie wichtig Traditions- und Brauchtumspflege ist und dass es möglich ist, gemeinsam Großes zu erreichen“, hatte Erich Furak im Vorfeld betont. Beides ist eindrucksvoll gelungen.

Am 29. Juni wurde in der Crailsheimer Hirtenwiesenhalle eine Idee Wirklichkeit. Dass sie ihre zündende Wirkung entfalten konnte, ist dem vorbildlichen Einsatz und der organisatorischen Meisterleistung des Kreisverbandes Crailsheim zu verdanken. Was der Kreisvorsitzende mit Unterstützung seines Vorstandes, der Mitglieder der Tanzgruppe und der freiwilligen Helferinnen und Helfer auf die Beine gestellt hat, ist beeindruckend und verdient größten Respekt. Die Crailsheimer haben es uns vorgemacht: Sie haben gezeigt, wie es geht, Menschenmassen und vor allem viele Jugendliche zu mobilisieren und für eine Idee zu begeistern. Und sie haben vor allem gezeigt, dass es geht!

Mit einem traditionellen Kirchweihfest wurde der neue Rekord danach zünftig gefeiert. Darüber berichten wir in der nächsten Ausgabe der Zeitung.