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Vielfache Verflechtung mit der Patenstadt Ulm

Nicht ohne Grund findet das Heimattreffen der Banater Schwaben seit vielen Jahren in Ulm statt. Die Stadt an der Donau war im 18. Jahrhundert ein Knotenpunkt der Auswanderung „ins Ungarland“, denn ab Ulm war die Donau schiffbar. Die 30 Meter langen und über 7 Meter breiten „Wiener Zillen“ (später spöttisch „Ulmer Schachteln“ genannt) brachten die Auswanderungswilligen von der Ulmer Anlegestelle „Schwal“ aus in acht bis zehn Tagen nach Wien, wo sie erst registriert wurden und dann weiterzogen.  Menschen aus süd- und südwestdeutschen Gebieten strömten deshalb mit ihren Habseligkeiten von nah und fern nach Ulm, zu Fuß oder mit Fuhrwerken. Meist blieben sie eine Weile da, regelten ihre Angelegenheiten und warteten auf einen Platz auf den Schiffen. Die Stadt Ulm musste wegen des Ansturms Regelungen treffen, aber sie profitierte auch von den Auswanderern. Diese durften nur in Ulmer Herbergen (nicht in Privatunterkünften) übernachten, versorgten sich in der Stadt mit dem Nötigen und standen nicht selten auch als Arbeitskräfte zur Verfügung, wenn die Wartezeit lang war und das Geld knapp wurde. Wegen der großen Nachfrage erfuhr auch das Handwerk der Schifferleute in Ulm einen Aufschwung. 

Das Geben und Nehmen dieser turbulenten Zeit prägte Ulm und seine Geschichte. Nicht von ungefähr ist auf dem Giebel des Ulmer Rathauses eine „Ulmer Schachtel“ zu sehen, nicht zufällig steht das Donauschwäbische Zentralmuseum in Ulm. Das „Donauschwabenufer“ mit dem Auswanderungsdenkmal und den Erinnerungstafeln verschiedener Landsmannschaften und Ortsgemeinschaften ist ein sichtbares Zeichen der Verbundenheit. 1999 übernahm Ulm die Patenschaft über die Landsmannschaft der Banater Schwaben. Zu diesem Anlass stellte die Stadt Ulm uns in der Donaubastion, in der Nachbarschaft des Donauschwäbischen Museums, Räume für unser Kultur- und Dokumenta-tionszentrum zur Verfügung.

Die mehr oder auch weniger deutlich sichtbaren Spuren der Banater Schwaben in Ulm sind nun in einer Broschüre zusammengefasst, die die Landsmannschaft der Banater Schwaben aus Anlass des Heimattags 2022 herausgebracht hat. Sie richtet sich an alle, die Näheres über die Verbindungen der Banater Schwaben zu Ulm wissen wollen. Auf einer Karte sind 10 Stationen in der Innenstadt eingezeichnet, die man im Rahmen eines Spaziergangs erkunden kann. Hintergrundinformationen dazu bringen die Texte in der Broschüre.

Man kann den Rundgang beim Donauschwäbischen Zentralmuseum (im selben Gebäude, Zugang über den Parkplatz, ist auch das Kultur- und Dokumentationszentrum unserer Landsmannschaft untergebracht) beginnen, vor dem die Nachbildung einer „Ulmer Schachtel“ zu sehen ist, dann zum Donauschwabenufer mit dem Auswandererdenkmal und den Erinnerungstafeln ziehen. Diese Orte sind den meisten von uns von den Heimattagen bekannt. Im malerischen Fischerviertel, das ab dem 16. Jahrhundert ein wichtiger Umschlagplatz für Waren war, erinnert das Zunfthaus der Schiffer daran, dass sich der wirtschaftliche Schwerpunkt Ulms schon zur Zeit der Türkenkriege immer mehr von der Handelsschifffahrt zur Personenschifffahrt verlagerte. Das „Schöne Haus“ daneben ist mit einem Bild der serbischen Stadt Belgrad geschmückt. Eine Inschrift erinnert an die Truppentransporte auf der Donau. Neben den Schiffern profitierten die Wirte am meisten von den Auswanderern. Von den 30 konzessionierten Auswandererherbergen im Stadtgebiet Ulm existieren heute noch drei als Gasthäuser: „Drei Kannen“, „Wilder Mann“ und „Roter Löwe“ (heute „Brezel“, das zugehörige Hotel heißt aber immer noch „Roter Löwe“). Die Herbergswirte verdienten zwar gut an den Auswanderern, sie waren aber oft auch Ansprechpartner und Helfer in so mancher Notsituation. Die Herbergen waren außerdem wichtige Informationsbörsen, Neuigkeiten sprachen sich dort schnell herum.

Nächste Station ist die „Wengenkirche“, eigentlich „St. Michael zu den Wengen“. Das ehemalige Augustiner-Stift war zur Zeit der Auswanderung die einzige katholische Kirche im protestantischen Ulm. Da die Habsburger ausschließlich katholische Auswanderer zuließen, fanden hier Trauungen und Taufen statt. Die Wengenkirche fiel 1944 einem Bombenangriff zum Opfer. In den Neubau wurde der unversehrte gotische Westgiebel integriert. In der Broschüre ist aber auch eine Aufnahme des barockisierten Innenraums zu sehen, wie er zur Zeit der Auswanderung war. Die katholischen Aktivitäten in der Wengenkirche erregten immer wieder den Unmut des protestantischen Stadtrats. Von Zeit zu Zeit wurde die Ausnahmegenehmigung für die Wengen-Patres aufgehoben, dann mussten die Auswanderer sich im Münster protestantisch trauen oder taufen lassen. Deshalb ist auch das Münster eine der Stationen auf den Spuren der Banater Schwaben. Von da ist man schnell beim Rathaus mit der „Ulmer Schachtel“ auf dem Giebel, die bis heute als Wahrzeichen der Handelsstadt Ulm gilt. 

Etwas abseits, am Zusammenfluss der „großen“ und der „kleinen“ Donau, liegt der Schwal, von wo aus die Personenschiffe nach Wien ablegten. In der Nähe befanden sich einst die Werkstätten, wo die „Ulmer Schachteln“ gebaut wurden.
Drei Stationen befinden sich außerhalb der Innenstadt, aber nicht so weit voneinander entfernt. Das ist die allen Banater Schwaben wohlbekannte Donauhalle, beziehungsweise das Ulmer Messezentrum, wo seit Jahren (und bis zur Pandemie) die Heimattage des Bundesverbandes der Landsmannschaft stattfanden. Am Donauufer gleich dahinter hat im Jahr 1990 die Gemeinde Warjasch einen Gedenkstein an die Auswanderung aufgestellt. Die letzte Station, der „Banater Weg“ im Stadtteil Böfingen am Ulmer Höhenweg, ist das Zeichen der Verbundenheit der Stadt Ulm mit ihren Banater Schwaben.

Wer Ulm gern auf den Spuren der Banater Schwaben erkunden möchte, findet die Broschüre in der Geschäftsstelle der Landsmannschaft, im Ulmer Kultur- und Dokumentationszentrum oder an der Kasse des Donauschwäbischen Zentralmuseums. Gliederungen, die sie auf ihren Veranstaltungen auslegen möchten, können sie wie alle anderen Broschüren der Landsmannschaft in der Geschäftsstelle anfordern. Im PDF-Format kann sie auf unserer Homepage unter www.banater-schwaben.de heruntergeladen werden.