zur Druckansicht

Ein Wochenende im Zeichen der Literatur

Die Veranstaltung war gut besucht, der Saal in der Tagungsstätte „Der Heiligenhof“ bis auf den letzten Platz besetzt. Fotos: Hans Rothgerber

Der Journalist Werner Kremm, Gründungsmitglied der „Aktionsgruppe Banat“, und der Lyriker Horst Samson beim Literaturseminar

„Alles Leben ist Begegnung“ lautet das Motto der Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ in Bad Kissingen. Dort fand am Wochenende 15. bis 17. Juli 2022 das vom Kulturwerk Banater Schwaben e.V. mitgeförderte Literaturseminar mit dem vielversprechenden Titel „50 Jahre Aktionsgruppe Banat. Eine literarische Begegnung mit ehemaligen Mitgliedern und befreundeten Autoren“ statt. Die Veranstaltung wurde von literaturinteressierten Landsleuten gut angenommen. Es referierten drei ehemalige Mitglieder der „Aktionsgruppe Banat“ – Werner Kremm, Johann Lippet und Anton Sterbling –, der Aktionsgruppe verbundene bekannte Autoren wie Ilse Hehn, Horst Samson und Hellmut Seiler, die jüngere Autorin Katharina Eismann, der Verleger und Schriftsteller Traian Pop sowie der Literaturkenner Dr. Kurt Thomas Ziegler. 

Am Freitagnachmittag wurden die angereisten Teilnehmer von Gustav Binder, dem Seminarleiter des „Heiligenhofs“, und Dr. Anton Sterbling, stellvertretender Vorsitzender des Kulturwerks Banater Schwaben e.V. (Bayern), begrüßt. Zur Einführung las Johann Lippet aus seinem 2019 im Ludwigsburger Pop Verlag erschienen Romanfragment „Franz, Franzi, Francisc“. Anschließend trug Horst Samson aus seinem Poem „La Victoire“ (Lyrikedition München, 2003) sowie neuere Gedichte aus seinen jüngsten Bänden „In der Sprache brennt noch Licht“ (Pop Verlag Ludwigsburg, 2021) und „Der Tod ist noch am Leben“ (Pop Verlag Ludwigsburg, 2022) vor. Die Zuhörer staunten nicht schlecht über eines seiner ersten Gedichte, welches unzensiert in der damaligen deutschen Presse Rumäniens erschienen ist. Ein Kennenlernen und ein reger Austausch aller Seminarteilnehmer kamen nach dem Abendessen nicht zu kurz.

Am zweiten Tag zog die Schriftstellerin und Künstlerin Ilse Hehn die Zuhörer mit Gedichten und Prosa aus ihren beiden zuletzt erschienenen Bänden „Diese Tage ohne Datum“ (Pop Verlag Ludwigsburg 2022) und „Roms Flair in flagranti“ (Pop Verlag Ludwigsburg 2020), in denen sie Erlebnisse und Impressionen von verschiedenen Reisen verarbeitet hat, in ihren Bann. Albert Bohn, ehemaliges Mitglied der Aktionsgruppe, konnte kurzfristig am Literaturseminar nicht teilnehmen. Anton Sterbling las einiges aus seinen in der Anthologie „Deportationen. Literarische Blickwinkel“ (Pop Verlag Ludwigsburg, 2021) sowie in dem Band „Die Verschleppung der Deutschen aus dem Banat in die Sowjetunion aus der Sicht ihrer Kinder“ (herausgegeben von der Landsmannschaft der Banater Schwaben, 2. Auflage 2022) erschienenen Texten vor. Bohn ist Mitherausgeber dieser Bände.

Der Journalist, Autor und Übersetzer Werner Kremm, der einzige noch in Rumänien Verbliebene aus der ehemaligen „Aktionsgruppe“, begeisterte die Zuhörer mit seinen in der „Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien“ (ADZ) veröffentlichten Kolumnen, die nunmehr gesammelt in dem Band „Vom Herumirren des Diogenes. Momentaufnahmen (II)“ (Banatul Montan Verlag Reschitza, 2022) erschienen sind. Die teilweise satirisch verfassten Meinungsbeiträge finden großen Anklang bei der Leserschaft. 

Der aus Siebenbürgen stammende Schriftsteller, Übersetzer und Satiriker Hellmut Seiler versetzte die Teilnehmer mit seinen neuen Kreationen ins Staunen und brachte sie zum Schmunzeln. Die Lyrikerin und Künstlerin Katharina Eismann las aus ihrem Roman „Das Paprikaraumschiff“ (danube books Verlag Ulm, 2020) und aus lyrischen Aufzeichnungen von ihrem letzten Besuch in Temeswar und Reschitza. Sie zog die Zuhörer gekonnt mit Gestik und Mimik in ihren Bann. 

Der Literaturkenner und Freund der „Aktionsgruppe Banat“ Dr. Kurt Thomas Ziegler trug sein umfangreiches, gut recherchiertes Essay über die Mitglieder und Freunde der „Aktionsgruppe Banat“ vor. Für das Publikum blieben anschließend keine Fragen mehr offen. Studienleiter Gustav Binder schlüpfte am Abend in die Rolle des Bad Kissinger Badkommissars und führte die Gruppe durch die bekannte Kurstadt Unterfrankens. Er vermittelte gekonnt und humorvoll sein umfangreiches geschichtliches Wissen über die Stadt und das Bad. 

Zum Abschluss der Tagung am Sonntagvormittag gab es noch zwei Lesungen. Der Autor Anton Sterbling leitete spannend mit persönlichen Schilderungen ein und las anschließend einige Textpassagen aus seinen im Pop-Verlag erschienenen Erzählbänden: „Ende einer Pandemie“ (2022), „Die versunkene Republik“ (2021) sowie „Klimadelirium“ (2020). Der letztere Band ist seinen Freunden der ehemaligen „Aktionsgruppe Banat“ gewidmet. Die Personen und Geschehnisse seiner Erzählungen, die die Zuhörer in ein Delirium besonderer Art versetzen, sind alle frei erfunden.  

Viele Banater Autoren, auch der ehemaligen Aktionsgruppe, veröffentlichen ihre literarischen Werke im Ludwigsburger Pop Verlag. Der Verleger Traian Pop hat mittlerweile eine beeindruckende Zahl an Büchern Banater Autoren und Übersetzungen rumänischer Autoren herausgebracht, wie die von ihm nach Bad Kissingen mitgebrachte und ausgestellte Sammlung zeigte. Traian Pop ist selbst Schriftsteller und veröffentlicht Gedichte. Sein Freund Johann Lippet las aus seinem lyrischen Werk. 

Bei der Abschlussdiskussion mit allen Mitwirkenden und Teilnehmenden wurde deutlich, dass Veranstaltungen in diesem Format zukunftsfähig sind und eine Wiederholung finden sollten. Jüngere und südosteuropäische Autoren sollten dazukommen, um eventuell auch ein jüngeres Publikum anzusprechen.