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Der hl. Gerhard ist ein Vorbild für alle Christen

Wie jedes Jahr am 24. September, wurde auch heuer das Fest des hl. Gerhard mit einem von Bischof Martin Roos zelebrierten Pontifikalamt in der Tschanader Pfarrkirche gefeiert, an dem rund vierzig Priester aus dem In- und Ausland teilnahmen. Der Sarkophag des hl. Gerhard dient als Altar. Foto: Sípos Enikő

Statue des hl. Gerhard, ein Werk des Tiroler Bildhauers Ferdinand Stuflesser befindet sich in dem Temeswarer Diözesanmuseum. Foto: K. Bohnenschuh

Interview mit Seiner Exzellenz Martin Roos, Bischof der Diözese Temeswar.

Exzellenz, aus der Geschichte wissen wir, dass der Ort Tschanad eine wichtige Rolle als Bischofssitz innehatte. Welchen Platz nimmt die Tschanader Pfarrei unter den römisch-katholischen Pfarreien der Diözese Temeswar heute ein?

Juridisch betrachtet, steht die römisch-katholische Kirche in Tschanad, nach dem Dom von Temeswar, an erster Stelle, da unter der jetzigen Kirche der heilige Gerhard begraben wurde. Beim Bau der Kirche wurde beim Aushub des Fundaments der Sarkophag des heiligen Gerhard gefunden. Dieser Sarkophag steht mitten im Presbyterium und dient als Altar.

Die römisch-katholische Kirche in Tschanad feiert alljährlich am 24. September das Fest des heiligen Gerhard, der hier lebte und wirkte. Was bedeutet er oder was sollte er den Menschen in Tschanad bedeuten, zumal er einige Zeit vor der Großen Schisma im Jahre 1054 lebte?

Der Heilige Gerhard war und ist ein Heiliger der universellen christlichen Kirche, sein Wirken war konfessionsunabhängig. Sein Wirken und seine Taten sollten gerade in der heutigen Zeit ein Vorbild für alle Christen sein. Seine Lehren haben heute wie damals ihre Gültigkeit.

Tschanad war schon immer eine multiethnische Gemeinde, in der katholische Priester verschiedener Nationen tätig waren. Nach der fast kompletten Auswanderung der Deutschen aus Tschanad ging es mit der Zahl der Katholiken steil bergab. Was unternimmt die Kirche, um die verbliebenen Gläubigen zu behalten und zu motivieren?

Die Pfarrei besteht nach wie vor und wird auch in Zukunft bestehen. In erster Linie ist dort ein eigener Pfarrer, der sich um die Belange seiner Gläubigen bemüht. Das ist in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich und auch nicht ganz einfach zu meistern. Die Diözese Temeswar wird auch in Zukunft großen Wert auf den Fortbestand der römisch-katholischen Pfarrei in Tschanad legen.

Kirche und Glaube waren schon immer von zentraler Bedeutung im gesellschaftlichen Leben, heute jedoch, gerade unter dem Einfluss der sogenannten Moderne, sind viele Menschen orientierungslos, haben Schwierigkeiten, einem Vorbild zu folgen. Was bietet die Kirche diesen Menschen?

In erster Linie ist es Aufgabe der Kirche, das Evangelium zu verkünden. Damit dies auch von vielen vernommen und angenommen wird, ist eine Beteiligung am kirchlichen Leben eine Grundvoraussetzung. Es gibt viele unterschiedliche Arten der Beteiligung, sei es Religionsunterricht oder Mitarbeit in verschiedenen katholischen Vereinen oder Gruppen. Die Kirche bietet hier eine breite Palette an. Dies annehmen und mitmachen müssen die Menschen. Die Familien sollten die Notwendigkeit der Einbindung in kirchliche Aktivitäten erkennen; sie müssen erkennen wie wichtig ein fester Glaube gerade für Jugendliche ist.

Welches sollte die Rolle der Intellektuellen im Gemeindeleben Tschanads in der heutigen Zeit sein?

Ich denke da in erster Linie an die Lehrer und Lehrerinnen, an die Erzieherinnen, die schon immer eine Vorreiterrolle innehatten. Sie waren und sind es auch heute noch, die ganze Generationen prägen. Deren Arbeit hat eine wesentliche Auswirkung auf das spätere Leben der jungen Menschen. Neben diesen sind die anderen Intellektuellen genauso gefordert. Ihre Lebensweise sollte nachahmenswert sein.

Exzellenz, Sie sind ausgewiesener Kirchenhistoriker. Welche Arbeiten haben sie bisher veröffentlicht?

Die Arbeit „Maria Radna. Ein Wallfahrtsort im Südosten Europas“ besteht aus zwei Bänden und beschreibt die Entstehungsgeschichte des bekannten Wallfahrtsortes aus kirchenhistorischer Sicht. Auch „Die alte Diözese Csanád“ ist ein kirchenhistorisches Werk, von dem bisher drei Bände erschienen sind. Es behandelt die Geschichte des alten Bistums Tschanad, die ja bekanntlich ihren Ursprung in Tschanad hat.

Woran arbeiten Sie zurzeit?

Zurzeit arbeite ich an zwei weiteren Büchern zu demselben Thema. Sie bilden eine Fortsetzung der oben erwähnten ersten drei Bände. Insgesamt wird dieses Werk fünf Bände umfassen.

Was können oder wollen Sie unseren Landsleuten mitteilen?

Ich möchte alle Tschanader ganz herzlich grüßen und ihnen sagen, dass wir sie alle zum alljährlichen Festgottesdienst am Gerharditag erwarten. Sie mögen dem christlichen Glauben treu bleiben. Denn nur unser Glaube ist seit zweitausend Jahren ein beständiger Wert im Wandel der Zeit.

Exzellenz, ich danke Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch und wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.

Das Gespräch führte Pauline Huschitt am 1. August 2013 in der bischöflichen Residenz in Temeswar.