zur Druckansicht

Donau-Ausstellung als neue Attraktion im Donauschwäbischen Zentralmuseum

In der „Ulm-Abteilung“ der neuen Ausstellung „Donau. Flussgeschichten“ können sich die Erwachsenen über die Arbeit der Ulmer Schopper und Donauschiffer informieren, während der Nachwuchs in einem Spiel versucht, eine Ulmer Schachtel den gefährlichen Fluss entlang zu steuern. Foto: Walter Tonţa

Blick in die modernisierte und aktualisierte Dauerausstellung zur Geschichte der Donauschwaben Foto: Martina Dach

Nach eineinhalb Jahren umbaubedingter Schließung öffnete das Donauschwäbische Zentralmuseum (DZM) in Ulm am 30. April wieder seine Pforten für das Publikum. Pünktlich um 10 Uhr konnte Museumsdirektor Christian Glass schon die ersten Besucher feierlich begrüßen: Katharina Rabus und Franz Junginger, beide aus Ulm. Die 80-jährige Katharina Rabus, eine Ungarndeutsche, ist dem Museum eng verbunden und unterstützt seit vielen Jahren das DZM-Team bei Inventarisierungsarbeiten im Textildepot. Der Jahrmarkter Franz Junginger, 69, war Teilnehmer des Internationalen DZM-Forums „Migration verbindet“ und arbeitet ehrenamtlich im Kultur- und Dokumentationszentrum unserer Landsmannschaft mit, das – wie das Museum – seinen Sitz in der historischen Donaubastion hat.

Am Eröffnungswochenende (30. April / 1. Mai) lockte das Museum mit freiem Eintritt und kostenlosen Führungen durch die Ausstellungen. Viele Besucher kamen ins „neue“ Donauschwäbische Zentralmuseum, die Führungen waren ausgebucht, das Museumsteam freute sich über die positive Resonanz. Einen offiziellen Festakt zur Wiedereröffnung des DZM wird es erst am 7. Juli 2022 im Rahmen des Internationalen Donaufestes geben. 

Wenige Tage vor der Neueröffnung hatte das Museum Vertreter der Medien zu einem Pressegespräch mit anschließendem Rundgang durch die neuen Ausstellungsräume eingeladen. Am Pressegespräch nahmen die Vorstandsmitglieder des DZM – Ulms Kulturbürgermeisterin Iris Mann, der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben Hans Supritz und Dr. Christiane Meis als Vertreterin des Innenministeriums Baden-Württemberg – sowie Museumsdirektor Christian Glass teil. 

„Man riecht es förmlich noch. Es hat sich hier was getan, es ist was Frisches, was Neues entstanden. Farbe ist auch im Spiel, aber nicht nur, auch inhaltlich hat sich viel verändert“, sagte die Vorstandsvorsitzende Iris Mann. Bereits 2018 habe man begonnen zu überlegen, wie das im Jahr 2000 eröffnete DZM für die Zukunft besser aufgestellt werden könne. Für die Überarbeitung und Weiterentwicklung der Ausstellungskonzeption seien mehrere Gründe ausschlaggebend gewesen: neue geschichts- und museumswissenschaftliche Erkenntnisse, ein verändertes gesellschaftliches Umfeld und nicht zuletzt das zunehmende Schwinden der Erlebnisgeneration bei den Donauschwaben. Um den veränderten Bedingungen Rechnung zu tragen, habe man sich für eine Runderneuerung des Museums entschieden, so die Vorstandsvorsitzende. Das DZM fungiere jetzt als eine „Dachmarke“, unter der nun zwei Dauerausstellungen vereint seien: zum einen die Donauschwaben-Ausstellung, die im Rahmen des Umbaus grundlegend modernisiert und aktualisiert wurde und Herzstück des Museums bleibt, zum anderen eine interaktive und erlebnisorientierte neue Ausstellung zur Kulturgeschichte der Donau und des Donauraums. Dadurch wolle man neue Zielgruppen erreichen und vor allem jüngere Besucher und Familien ansprechen. 

Die Kosten des Umbaus in Höhe von 1,65 Millionen Euro seien zu gleichen Teilen vom Bund, dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Ulm getragen worden, gab Iris Mann bekannt. Die Stadt Ulm als Eigentümerin der Liegenschaft habe zudem nochmal knapp eine Million Euro in bauliche Modernisierungsmaßnahmen und technische Ausstattung (etwa WLAN im ganzen Gebäude) investiert. 

Das Donauschwäbische Zentralmuseum sei ihm „eine Herzensangelegenheit“, sagte Vorstandsmitglied Hans Supritz beim Pressetermin. Dass man sich für Ulm als Standort des DZM entschieden habe, sei „eine glückliche Fügung“ gewesen, zumal die Donaustadt schon lange vor dessen Einrichtung als „historische Hauptstadt der Donauschwaben“ galt. Mit dem DZM verfügten die Donauschwaben über eine Stätte, in der ihre Geschichte erlebbar und die Erinnerung an ihre Kultur und ihre Traditionen wachgehalten werde. Die Ausstellung zeige eindrücklich, wie die Donauschwaben gelebt haben und wie sich das Zusammenleben mit andersnationalen Nachbarn gestaltet hat. „Sie haben sich vielleicht nicht jeden Tag umarmt, aber respektiert“, sagte Supritz. So zeige das DZM im Kleinen die Geschichte eines geeinten Europas im Südosten des Kontinents. Unsäglicher Nationalismus, Hass und Verblendung habe dieses friedliche Zusammenleben dann zerschlagen. Angesichts nationaler Strömungen, die derzeit überall in Europa an Zugkraft gewinnen, sei diese Botschaft des DZM brandaktuell.

Das Ulmer Museum habe sich zu einem Ort der Identifikation für alle Donauschwaben entwickelt, führte Supritz weiter aus. Die Stadt Ulm sei aber nicht nur „ein Zentrum der donauschwäbischen Geschichte, sondern auch ein Zentrum der Versöhnung und Völkerverständigung“. Mit dem Donauschwäbischen Zentralmuseum, dem Donaubüro, dem Internationalen Donaufest und dem Internationalen Donau-Jugendcamp sei die Stadt „zu einer zentralen Koordinations- und Begegnungsstätte“ für die Länder, Regionen und Städte des Donauraums geworden, lobte 
Supritz. Umso mehr freue er sich über die gelungene Verjüngungskur des Museums.

„Wir sind das einzige Donauschwaben-Museum in Deutschland, jetzt sind wir auch das erste Donaumuseum“, konstatierte Direktor Christian Glass mit Genugtuung. Ausgehend von der Donauschwaben-Ausstellung, die aktualisiert und in Teilen neu gestaltet wurde, habe man den Fokus auf die Donau gerichtet und einen zweiten Ausstellungsrundgang geschaffen. Die neue, vom Berliner Studio „It’s About“ gestaltete Ausstellung „Donau. Flussgeschichten“ nehme zwar den gesamten Verlauf dieses großen europäischen Stromes, der mehr Länder durchfließt als alle anderen Flüsse dieser Erde, in den Blick, gehe aber weder chronologisch noch dem Flusslauf von der Quelle bis zur Mündung folgend vor. Es seien exemplarisch unterschiedliche Themen herausgegriffen worden, die die Donau und den Donauraum erzählerisch nahbar machen. Erzählt werden 22 Geschichten, die sich an verschiedenen Orten und Menschen entlang des Flusslaufs der Donau festmachen und sich wie ein fließendes Mosaik ineinanderfügen.

Beim anschließenden Presserundgang stellte der Museumsdirektor den neuen Donau-Rundgang am Beispiel ausgewählter Themenbereiche vor und erläuterte die Konzeption dieser Erlebnisausstellung. Die vollständig neu gestaltete Ausstellung nimmt die Besucher auf eine Entdeckungsreise entlang des fast 3000 Kilometer langen Stroms, der durch zehn Länder fließt. Mittels Objekten, Fotografien, Filmen und Tonaufnahmen präsentiert sie auf 550 Quadratmetern 22 Flussgeschichten, die vom Donauraum, den Menschen, die dort leben, der Donau als Handels- und Reiseroute sowie der kulturellen Vielfalt entlang des Flusses erzählen. Es sind lustige und traurige, spannende und schockierende Geschichten, aus denen ein Panorama aus Vergangenheit und Gegenwart, Natur und Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur entsteht. 

„Seht mich an, sagt die Donau. Groß bin ich, schön und weise. Niemanden in Europa gibt es, der mir das Wasser reichen könnte“. Diese aus der Feder des ungarischen Schriftstellers György Konrád stammende Beschreibung des großen europäischen Stroms steht als Motto über dem Donau-Rundgang. Die „Flussgeschichten“ machen die Donau als Natur-, Lebens-, Wirtschafts- und Kulturraum erfahrbar und lassen einen besonderen Sinn für diesen Fluss entstehen.

Was einem bei diesem Rundgang sofort auffällt, sind gleich mehrere Dinge. Erstens überzeugt die gestalterische Umsetzung der Konzeption. Ein freundlich-blaues Band verbindet die Themenräume, die jeweils eigene Akzente setzen und die einzelnen Geschichten mit unterschiedlichen Mitteln erzählen. Die farbliche Gestaltung und ein ausgeklügeltes Beleuchtungssystem verleihen den Räumen Helligkeit und Atmosphäre und wirken einladend. Zweitens ist die Ausstellung interaktiv und multimedial ausgerichtet. Sie spricht so gut wie alle Sinne an: Man kann sehen, hören, anfassen und ausprobieren, ja sogar riechen, beispielsweise Kaffee, wenn man die Abteilung über die Kaffeehauskultur der Donaumonarchie erkundet. Und drittens muss man genügend Zeit einplanen, wenn man sich auf diese Erkundungsreise entlang der Donau begibt und sämtliche Flussgeschichten kennenlernen will.

Herzstück des Museums bleibt die Darstellung der 300-jährigen Geschichte der Donauschwaben. Sie kommt etwas konzentrierter daher als vor dem Umbau und nimmt nun 950 Quadratmeter ein, wurde aber grundlegend überarbeitet und mit neuem Titel versehen: „Donauschwaben. Aufbruch und Begegnung“. Zugänglicher, heller, mit neuen interaktiven Elementen – so beschreibt Direktor Glass den aufgefrischten Donauschwaben-Rundgang. Gänzlich neu gestaltet wurden die beiden letzten Räume, die das Leben im Sozialismus und die Gegenwart der Donauschwaben „zwischen Ohio und Osijek“ zum Thema haben. Im neu eingerichteten Museumskino berichten Zeitzeugen aus Ungarn, Rumänien und Jugoslawien in Interviews von ihrem Leben bis 1989. Hier kommen auch drei Banater Schwaben zu Wort: der Schriftsteller Johann Lippet, der Musikwissenschaftler Franz Metz und die Unternehmerin Andreea Kremm. Neben neuen Hörstationen gibt es jetzt auch eine Mitmachstation zum „Kukruzrewle“. 

Am besten, man macht sich selbst ein Bild vom „neuen“ Donauschwäbischen Zentralmuseum. Gelegenheit dazu bietet der Heimattag zu Pfingsten in Ulm. An beiden Tagen kann das Museum bei freiem Eintritt besucht werden.